RAUE SITTEN

Gegen Urteile kann innerhalb eines Monats Berufung eingelegt werden. Häufig reicht die Zeit nicht, um sich darüber klar zu werden, ob eine Berufung lohnt. Deshalb war es bisher möglich, die Berufung „fristwahrend“ einzulegen. Den gegnerischen Anwalt bittet man darum, sich aus Kostengründen erst beim Gericht zu melden, wenn die Entscheidung für die Berufung gefallen ist. In den letzten 10 Jahren hatte ich damit keinerlei Probleme. Ich habe mich daran gehalten, alle Kollegen auch.

Jetzt passiert es mir innerhalb weniger Monate zum zweiten Mal, dass Anwälte diese Bitte ignorieren und ihren Bestellungsschriftsatz ans Gericht schicken. Sie erwerben mit ein paar Zeilen Textbaustein einen Gebührenanspruch. Der auf meinen Mandanten zurückfallen wird, sofern wir uns entscheiden, die Berufung doch nicht durchzuziehen.

Bei einem Streitwert von 100.000,00 Euro reden wir da locker über bis zu 1.600,00 Euro.

Ist mir ein weiterer Verfall der Sitten entgangen?

Jedenfalls kann man das nicht mit dem Hinweis auf notorisch klamme Einzelkämpfer begründen. Eines der so agierenden Büros ist die Großkanzlei Taylor Wessing mit Sitz an der Düsseldorfer Königsallee.