ORDNUNGSRECHT, GRASWURZELVERSION

Im Vielfrontenkrieg unter Nachbarn werden auch gern die Ordnungsämter eingespannt. Ein bestimmter Herr, gegen den wir schon diverse einstweilige Verfügungen erwirken mussten, stellte über seine Anwältin gleich eine Sammelanzeige gegen sämtliche Hundehalter in der Gegend. Darin listete er akribisch angebliche Verstöße gegen die Leinenpflicht auf. Beweisfotos hat er natürlich auch geschossen – meist aus dem Gebüsch.

Wenn das Ordnungsamt, wie hier, seinen Job seeeeeeeehr ernst nimmt, hilft nur noch eine Verteidigungsschrift:

Sehr geehrter Herr M.,

der Vorwurf gegen meine Mandantin ist nicht begründet.

1. Vorfall 1. März 2005

Meine Mandantin führte ihren Hund am Rhein aus. Das Tier war ordnungsgemäß angeleint. Herr B. näherte sich meiner Mandantin auf wenige Meter, obwohl ihm dies durch die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts, die Ihnen vorliegt, verboten war. Der Hund von Herrn B., ein Schäferhund-Labrador, lief frei herum. Herr B. beorderte sein Tier in Richtung meiner Mandantin und ihrem relativ kleinen Terrier.

Der Hund von Herrn B. näherte sich mit drohender Haltung. Meine Mandantin hatte Angst, dass der Hund ihren Hund bzw. sogar sie anfällt.

Sie löste deshalb die Leine des Terriers, um dem eigenen Tier Gelegenheit zum Rückzug zu geben und die Situation zu deeskalieren. Dies ist ein anerkanntes und empfohlenes Verhalten für bedrängte Hundebesitzer.

Als meine Mandantin Herrn B. mit einem Ordnungsgeld drohte, zog dieser mit seinem Hund von dannen. Frau K. nahm ihren Hund dann wieder sofort an die Leine.

Das Verhalten meiner Mandantin war durch eine Notstandslage gerechtfertigt (§ 16 OWiG).

Überdies hat Herr B. die Situation durch sein rechtswidriges Herantreten an meine Mandantin erst hervorgerufen. Er verstieß bewusst gegen die einstweilige Anordnung, um Frau K. erneut zu bedrängen. Schon vor diesem Hintergrund ist eine Ahndung keinesfalls erforderlich und auch nicht angebracht.

2. Vorfall vom 30. April 2005

Es handelte sich um eine Kindergeburtstagsfeier. Diese fand auf dem Hausgrundstück statt. Dieses Grundstück steht im Eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft. Es handelt sich nicht um eine öffentliche Fläche.

Unabhängig davon ist meiner Mandantin kein Vorwurf zu machen. Frau K. hatte den Hund ordnungsgemäß angeleint. Während meine Mandantin etwas weiter entfernt war, muss eines der Kinder den Hund losgeleint haben, möglicherweise sogar versehentlich. Der Hund lief dann in Richtung meiner Mandantin. Frau K. leinte den Hund sofort wieder an. Der Hund lief nur wenige Sekunden frei herum.

Dies können zahlreiche Zeugen, nämlich alle anwesenden Eltern, bestätigen. Sofern Sie Namen und Anschriften eventueller Zeugen benötigen, teilen Sie uns dies bitte mit. Die Zeugen würden aber auf jeden Fall für eine Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht benannt.

Da meine Mandantin nachweislich nicht schuldhaft gehandelt hat, ist der Vorwurf nicht gerechtfertigt.

Mit freundlichen Grüßen

Udo Vetter, RA und Fachanwalt für Strafrecht