Soldaten-Quälerei: OLG lässt Anklagen zu

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

Alle 18 Bundeswehr-Ausbilder, denen die Misshandlung von 181 Rekruten vorgeworfen wird, müssen sich nun doch der Anklage vor dem Landgericht Münster stellen. Das hatte vor neun Monaten lediglich acht Anklagen der Staatsanwaltschaft zugelassen. Die aber bekam jetzt nach ihrer Beschwerde vom Oberlandesgericht Hamm (OLG) bestätigt: Für alle vier Übungen im Sommer 2004, die nach Überzeugung des 4. Strafsenats nicht einmal der Ausbildung dienten, besteht der hinreichende Verdacht von Straftaten. Den hatte das Landgericht noch in einigen Fällen, bei denen es auch um gefährliche Körperverletzungen geht, glatt verneint.

Einige schikanöse Handlungen, etwa dem längerem Halten eines Baumstammes mit ausgestreckten Armen, seien kaum von Bedeutung. Und die 8. Strafkammer berief sich darauf, dass viele Rekruten sich nicht entwürdigt fühlten. Darauf komme es nicht an, entschied jetzt das OLG (AZ 4 Ws 172 – 188/06): Die körperliche Unversehrtheit habe einen hohen Stellenwert. Deswegen dürfe ein vorgesetzter Soldat den Untergebenen nicht einmal anfassen – es sei denn, um einen rechtmäßigen Befehl durchzusetzen.

Die vorgetäuschten Geiselnahmen mit Fesselungen im Umfeld der Coesfelder „Freiherr-vom-Stein-Kaserne“ allerdings hätten nicht zum Grundwehrdienst gehört. Die Misshandlungen mit elektrischem Strom und Schlägen schon gar nicht. Über den OLG-Beschluss zeigte sich Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer „höchst zufrieden“: „Wir sind rechtlich und tatsächlich in unserer Meinung voll bestätigt worden“, sagte der Behördensprecher.

Wann der Prozess gegen die 18 Bundeswehr-Ausbilder beginnt, ist fraglich: „Die 8. Strafkammer ist mit Haftuntersuchen ausgelastet, die gehen vor“, sagte gestern Gerichtssprecherin Christina Jansen. Vermutlich könne erst Anfang des kommenden Jahres verhandelt werden. (pbd)