Formfehler bremst beleidigte Richter

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

Unsere Justiz stöhnt ständig über Überlastung. Das hinderte höchste Kreise aber nicht, mit viel Energie jede Menge heiße Luft in einen winzigen Fall zu pumpen. Doch diese stark angeschwollene Blase ließ gestern Amtsrichter Hans-Werner Telle-Hetfeld mit nur einem Piekser platzen.

Die Staatsanwaltschaft in Düsseldorf ging gegen einen Rechtsanwalt aus Wuppertal vor, weil der einen Antrag giftig formuliert haben soll. Es sind die fünf Berufsrichter im Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG), die sich von Anwalt Jochen Thielmann wohl in ihrer Ehre verletzt fühlen – der sollte deshalb insgesamt 9 000 Euro Geldstrafe zahlen.

Thielmann verteidigte einen vor dem OLG auch wegen Betruges angeklagten Mann. Er warf dem Senat unter anderem vor, der argumentiere bei der rechtlichen Beurteilung „rein ergebnisorientiert“. Der Senat habe das Ziel, den Angeklagten zu verurteilen.

Diese Äußerung missfiel auch dem Vertreter des Generalbundesanwaltes. Er informierte Anne-Josè Paul, die Präsidentin des OLG, die es tatsächlich fertig brachte, einen Strafantrag zu stellen – und damit wiederum andere Juristen zu beschäftigen.

Rechtsanwalt Thielmann, so hieß es, habe eine Verleumdung begangen. Der Staatsanwaltschaft gefiel es, einen Strafbefehl zu beantragen, den ein braver Düsseldorfer Amtsrichter auch erließ. Dessen Nachfolger nun war gestern bemüht, aus dem Elefanten wieder eine Mücke zu machen. Telle-Hetfeld blieb selbst dann besonnen, als Thielmanns beide Verteidiger zwar geschickte aber auch ellenlange Beweisanträge stellten.

Oberstaatsanwalt Dieter Berger, der vertretungsweise in die Verhandlung gestolpert war, hielt sich beharrlich an der angeklagten Verleumdung fest. Doch der Richter entpuppte den Prozess schließlich als Posse.

Er stellte trocken im Urteil fest, der maschinell geschriebene Strafantrag sei von der OLG-Präsidentin ja gar nicht unterschrieben worden. Und weil dieses „Verfahrenshindernis“ von Anfang bestanden habe, sei das Verfahren schlichtweg einzustellen. Auf Kosten der Staatskasse, versteht sich. Die nun auch noch die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen hat. (pbd)