Linktausch – Risiken und Nebenwirkungen

Von Markus Stenzel

Fast jeder Webmaster kennt sie: E-Mails, mit denen völlig Unbekannte um Verlinkung ihrer Webseiten bitten. Mit dem Hinweis auf besseres Ranking bei Google & Co. und semantisch zwischen Betteln und Fordern angesiedelt, landen diese Bittsteller zumindest bei mir regelmäßig in Ablage P.

Den Vogel schießt zur Zeit jedoch die Firma Ticketpoint Reisebüro GmbH ab. Im Massenversand werden hier unaufgefordert E-Mails mit Aufforderungen zur Verlinkung an völlig themenfremde Seiten versendet:

Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, bewertet z.B. Google eingehende Links für die Positionierung in den Suchmaschinen entsprechend, so dass ein Linktausch für beide Seiten von Vorteil wäre. Wir bieten Ihnen einen Link Ihrer Wahl von einer unserer Webseiten an, bei gleichzeitiger Verlinkung unserer Seite.

Wer hätte nicht gerne einen besseren Google PageRank? Je höher der PageRank, desto eher taucht schließlich die eigene Webseite auf der ersten Seite der führenden Suchmaschine auf. Aber vielleicht schaut man zuvor lieber einmal auf die Regeln beziehungsweise auf das Verfahren, durch das der PageRank berechnet wird.

Zu den Aufgaben einer Suchmaschine zählt nicht nur die Ausgabe aller zu einem Suchbegriff passenden Seiten, sie führen auch Bewertungen durch und sortieren Seiten nach Relevanz. Die Überlegung ist einfach: Wird eine Seite von vielen anderen, ebenfalls guten Seiten verlinkt, dann ist ihr Inhalt hochwertiger, als die Inhalte von weniger verlinkten Seiten.

Dazu wird jeder Internetseite ein geringer Grundwert zuerkannt. Verlinkt nun Seite A auf eine andere Seite B, überträgt A ihren Punktewert auf diese Seite B. B ist somit “informativer” als Seite A: Der PageRank steigt mit wachsender Verlinkung.

Toll, dann verlinke ich Seite B also 50 mal und pushe sie damit auf Platz 1 der Bestenliste?

So einfach lassen sich Suchmaschinen nicht reinlegen. Sie teilen nämlich den Punktewert der Seite durch die Anzahl der externen Links. Hat eine Seite also einen Wert von 5 „Punkten” und 5 ausgehende Links, werden jeder der verlinkten Seiten lediglich 1 Punkt zuerkannt. Hat diese Seite 20 Links, erhält jede verlinkte Seite lediglich ein Zwanzigstel der 5 Punkte, also 0.25 Punkte.

Webmaster können dieser Bewertung übrigens entgegenwirken, indem sie einem Link das Attribut REL=”nofollow” hinzufügen. Suchmaschinen werden diesen Link dann nicht in ihren Algorithmus einbeziehen.

Das Massenmailing der Firma Ticketpoint Reisebüro GmbH zieht im Internet bereits weitere Kreise. Schließlich sind die Webmaster selber vernetzt. Berichte auf BLOGtotal, Y!gg und selbst im Forum des Antispam e.V. lassen vermuten, dass in der Tat große Mengen an Blogbetreibern angeschrieben wurden. In mehreren Fällen wurden die E-Mails an nicht existente Adressen versendet und wurden nur über einen “Catch-All” aufgefangen.

Es liegt nahe, dass Webverzeichnisse und Suchmaschinen durch Robots nach Domainnamen abgegrast werden. Wenn aber nun die Ticketpoint Reisebüro GmbH jeden der Seitenbetreiber zurücklinkt – und die Menge der Links unbegrenzt ist – bleibt für den einzelnen Blogbetreiber kaum etwas des ticketpoint.de-PageRank übrig, denn der Punktewert der Webseiten wird ja auf eine große Menge an Webseiten verteilt.

Eine weitere Folge resultiert aus der Verlinkung völlig themenfremder Webseiten: der Index der Suchmaschinen wird “verwässert”, indem eine Beziehung zwischen völlig unterschiedlichen Themen hergestellt wird, die durch die komplizierten Algorithmen der Suchmaschinenbetreiber ausgefiltert werden müssen.

Auch ist ein Nutzen für die Besucher nicht gegeben: Besuche ich eine Seite zum Thema Recht, erwarte ich eher keinen Link zum Thema “Flug Flüge Billigflüge”. So etwas nennt sich Werbung, ist entsprechend zu kennzeichnen und kostet fast immer Geld.

Was die Firma Ticketpoint Reisebüro GmbH tut, ist keinesfalls illegal. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Google untersagen lediglich den Kauf eines Links in sogenannten Linkfarmen. Ticketpoint weiß dies:

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir keinerlei Interesse an käuflichen Links haben, sondern ausschließlich an einem langfristigen Linktausch interessiert sind.

Betrachtet man sich allerdings die Webseite ticketpoint.de mit dem schönen Titel “Flug Flüge Billigflug Billigflüge buchen”, insbesondere den Menüpunkt “Disclaimer” einmal genauer, stößt man auf folgenden Textbaustein:

Der Nutzung von im Rahmen der Impressumspflicht veröffentlichten Kontaktdaten durch Dritte zur Übersendung von nicht ausdrücklich angeforderter Werbung und Informationsmaterialien wird hiermit ausdrücklich widersprochen. Die Betreiber der Seiten behalten sich ausdrücklich rechtliche Schritte im Falle der unverlangten Zusendung von Werbeinformationen, etwa durch Spam-Mails, vor.

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt – die dürfen uns also zuspammen, uns wird aber gleich mit dem Rechtsanwalt gedroht? Bin ich der Einzige, der hier an das schöne Wort “Unterlassungserklärung” denkt?

Noch ein prominenter Beteiligter gibt sich auf Ticketpoint.de ein Stelldichein: Die Ticketpoint Reisebüro GmbH ist “Offizieller Partner” des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Das ist an dem großen, roten Logo an prominenter Stelle unschwer zu erkennen. Die Mitglieder des BDK erhalten bei Buchung auf Ticketpoint.de Rabatte auf ihre Flüge .

Auf Anfrage bestätigte uns ein Mitarbeiter des BDK, die Ticketpoint Reisebüro GmbH sei ein “Offizieller Partner”. Einen Zusammenhang zwischen sinnfreiem Linktausch und unerwünschten Spam-E-Mails konnte er allerdings nicht nachvollziehen. Da das Logo des BDK nicht auf den Seiten zu finden sei, die das Verhalten von Ticketpoint.de diskutieren, sieht der BDK hier auch keinen Handlungsbedarf. Dass sich Ticketpoint mit diesem Partner einen seriösen Anstrich gibt, dürfte jedenfalls kein unerwünschter Effekt sein.

Was tun?

Von einer Teilnahme an dubiosen, wenn auch legalen Linkprogrammen ist abzuraten. Die Suchmaschinen betreiben einen riesigen Aufwand, ihren Index sauber zu halten. Die genauen Algorithmen sind Geschäftsgeheimnis, und so mag es nicht verwundern, dass der eine oder andere Seitenbetreiber durch allzu aggressive “Optimierung” der eigenen Webseite den Unwillen des Algorithmus erregte und prompt für unbestimmte Zeit auf den PageRank 0 verbannt wurde.

Der einzige sichere, allerdings auch dornenreiche Weg zur Verbesserung des eigenen Suchmaschinen-Rankings führt über relevante, interessante und vor allem regelmäßig eingestellt Inhalte.