Schnellllllllllll

Gestern abend habe ich die Rechnung an den Mandanten diktiert. Heute morgen wurde die Rechnung geschrieben und dem Mandanten gemailt. Das war um 9.57 Uhr.

Als ich vorhin gegen halb vier ins Online-Konto schaute, war der Rechnungsbetrag schon als Zahlungseingang vorgemerkt.

Spielregeln

Ich sage morgen auf der re:publica 2010 in Berlin was zu den „Spielregeln für den zweiten Lebensraum“. Das Ganze ist gedacht als kleines Rechts-ABC für Foren, Blogs und soziale Netzwerke. Los geht’s um 14 Uhr im Großen Saal der Kalkscheune.

Link zum Tagesprogramm

Schief und gleich verboten

Für seinen Prozess gegen Oberschiedsrichter Manfred Amerell hatte ich DFB-Präsident Theo Zwanziger alles Gute gewünscht. Auch wenn mir Zwanziger sonst nicht sympathisch ist, spricht doch die Meinungsfreiheit für ihn. Leider hat auch der Einsatz des Medienanwalts Christian Schertz, der mal pro Meinungsfreiheit argumentieren konnte, nicht geholfen. Das Landgericht Augsburg bestätigte heute die einstweilige Verfügung gegen Zwanziger.

Der DFB-Vorsitzende darf Folgendes nicht mehr sagen:

In anderen Lebensbereichen stellen wir fest, dass nach 40 Jahren die Leute sich melden, weil sie vorher keinen Mut dazu gehabt haben.

Für den Richter handelte es sich um eine „unwahre Tatsachenbehauptung“, berichtet Zeit Online. Das Zitat verletze das Persönlichkeitsrecht, denn sexueller Missbrauch von Kindern werde mit einer Beziehung zwischen zwei Erwachsenen gleichgestellt.

Ich tue mich schon mit der Tatsachenbehauptung schwer. Überdies ist ja auch nicht jeder Vergleich verboten, bloß weil er schief ist. Immerhin liegt es nahe, dass Zwanziger andeuten wollte, wie schwer die Aufarbeitung von fragwürdigem Verhalten innerhalb gewachsener Organisationen sein kann. Dass er Amerell tatsächlich auf die Ebene eines Kindesmissbrauchers stellen wollte, ist dem kurzen Statement für mich einfach nicht zu entnehmen.

Entgegen dem Anreißer der Zeit handelt es sich übrigens nicht um ein Urteil zweiter Instanz. Das Landgericht hat lediglich seine eigene einstweilige Verfügung bestätigt. Dagegen kann Zwanziger jetzt Berufung einlegen. Erst dann wird der Rechtsstreit in zweiter Instanz verhandelt.

Drucker mit Spionagefunktion

Die Farbe Gelb verwenden viele Laserdrucker, obwohl der Nutzer dies gar nicht will. Ungefragt tragen die Drucker fast unsichtbare Codes auf das Papier auf, aus denen sich Hersteller, Gerätenummer, Druckdatum uns so manches andere ersehen lässt.

Offiziell eine Maßnahme gegen Geldfälschung. Aber für alle interessierten Kreise natürlich auch eine gute Möglichkeit, den Ursprung von Dokumenten zu ermitteln.

Welche Drucker unsichtbare Botschaften zu Papier bringen, ergibt sich aus dieser Liste.

Quelle des Links

Unvermeidlich

Ein Mandant verlässt mich. Ich will ihm, so seine Einschätzung, nicht mit der nötigen Überzeugung auf dem „Weg zu einem unvermeidlichen Freispruch“ folgen.

Wo mancher einen Weg sieht, erblicken andere halt eine massive Wand. Sofern die Wand ein Fenster hat, dann nur eines mit Gittern.

Aber natürlich hoffe ich, alsbald eines Besseren belehrt zu werden…

Ob man da was machen kann

Es ist doch immer erstaunlich, wie lange ehemalige Mandanten schweigen können. Einer rührte sich sich nicht, als ich ihm meine Rechnung schickte. Auch die Mahnung veranlasste ihn nicht, das bescheidene Beratungshonorar zu überweisen. Gegen den Mahnbescheid legte er keinen Widerspruch, gegen den Vollstreckungsbescheid keinen Einspruch ein.

Stattdessen zog er um, sicher nur nicht wegen mir. Google und den sozialen Netzwerken sei Dank, kam ihm die „vergessene“ Ummeldung nur mittelfristig zu Gute. Jedenfalls stand dieser Tage der Gerichtsvollzieher in meinem Auftrag vor seiner Tür.

Plötzlich konnte die Kontaktaufnahme mit meinem Büro nicht schnell genug gehen. Am besten fand ich die Frage, ob wir an der Forderung denn was machen können. Grundsätzlich bin ich natürlich auch zu einem, wenn auch unverdienten Rabatt bereit. Hauptsache, die Akte kann geschlossen werden.

Hier war es allerdings so, dass die Hauptforderung stolze 50 Euro betrug. Die restlichen knapp 150 Euro waren reine Vollstreckungskosten. Einen großen Teil davon sind auch noch Auslagen, zum Beispiel Gerichtsvollziehergebühren. Selbst der Schuldner sah ein, dass
wir jetzt nicht wegen 15 oder 20 Euro Nachlass auf die Hauptforderung rumkaspern sollten.

Er hat dann tatsächlich alles gezahlt. Einen Tag, bevor ihn der Gerichtsvollzieher zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geladen hatte.

Kleckerbeträge

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat es mehrfach bemängelt: In Deutschland gibt es keinen vernünftigen Rechtsschutz gegen überlange Verfahren. Die Bundesregierung will das jetzt ändern. Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger stellte heute einen Gesetzentwurf vor. Kernpunkt:

Für jeden vollen Monat der Verzögerung sieht das Gesetz eine Entschädi­gung von in der Regel 100 Euro vor.

Wenn es die Umstände rechtfertigen, kann die Entschädigung auch höher ausfallen. Der Regelbetrag lässt allerdings erahnen, wie ernst es die Regierung mit ihrem Vorhaben meint. Die stolze Summe von 100 Euro pro Monat werden die meisten Betroffenen eher als Provokation empfinden, zumal sie für diesen Betrag ja auch noch mal einen getrennten Prozess anfangen dürfen.

Bei solchen Kleckerbeträgen dürfte der Fiskus womöglich gern zahlen – wenn er dafür weitaus mehr Geld für eine zügig arbeitende Justiz sparen kann…

Der Schnitzelraub von Aachen

Die Polizei Aachen berichtet über einen Fall energischer Selbstjustiz:

Als nahezu bühnenreif entpuppte sich gestern Abend eine Begebenheit in einem Restaurant in Aachens Süden.

Wie allabendlich brachte auch gestern der Haus- und Hoflieferant feinste Ware, Steaks und Schnitzel, in die Küche des Gasthauses. Alsdann sollte dieser Zeremonie gleich, die Begleichung der Lieferung vom Vortage in Höhe von 400 Euro erfolgen. Da Bares nicht gleich griffbereit, wurde der Lieferant „auf ein Wiederkommen“ vertröstet.

Diese Lösungsmöglichkeit jedoch nicht annehmend, erfolgte ein lautstarker Disput in der Küche, den selbst die Gäste im Restaurant gebannt verfolgen konnten. Schließlich, unter lautstarkem Getöse, sammelte der Warenlieferant sämtliche Fleischstücke ein, auch jene, die sich gerade in der Zubereitungsphase, so denn in der Pfanne oder Marinade befanden.

Sein kaufmännischer Überschlag ergab jedoch, dass der finanzielle Ausgleich noch nicht annähernd herbeigeführt war. Folglich der Gang in die Gaststube. Hier nahm er den verdutzten bis erschrockenen Gästen – Augenzeugen berichten von ca. 20 – die Fleischstücke vom Teller, schmiss sie in eine Kiste und eilte von dannen.

Zurück blieben ein erstauntes, auf nunmehr vegetarische Kost umgestiegenes Publikum und ein verdatterter Gastwirt.

Bei dem Fleisch auf den Tellern der Gäste wird es natürlich interessant. Wem gehörten Schnitzel oder Steak? Welche Ansprüche haben die Gäste gegen den Lieferanten und gegen den Wirt? Hat sich der Lieferant womöglich strafbar gemacht?

Jurastudenten werden dies sicherlich bald in Klausuren beantworten dürfen.

Karlsruhe stärkt Meinungsfreiheit

Eine Äußerung ist nicht schon deshalb unzulässig, weil das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen das öffentliche Interesse an der Äußerung bzw. Berichterstattung überwiegt. Diese eingefahrene Betrachtung einiger Pressekammern in Deutschland hält das Bundesverfassungsgericht für unzulässig.

In einer heute veröffentlichten Entscheidung stellen die Verfassungsrichter klar, dass die Meinungsfreiheit nicht an ein öffentliches Interesse geknüpft ist:

Vielmehr gewährleistet das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen.

Wer sich über einen Dritten äußert, muss also nicht erst fragen, ob ein öffentliches Interesse an der Aussage besteht. Vielmehr ist es Teil seines Persönlichkeitsrechts, mit anderen über ihn interessierende Themen zu kommunizieren.

Das öffentliche Interesse am Thema kann, so das Bundesverfassungsgericht, das Recht auf Meinungsäußerung lediglich verstärken. Die Äußerung wahrer Tatsachen, zumal solcher aus dem Bereich der Sozialsphäre, müsse regelmäßig hingenommen werden.

Daran werden einige Gerichte zu knabbern haben.

Vorzugsaktien

Verbrechen lohnt sich nicht? Manchmal sind doch leise Zweifel angebracht. Zum Beispiel nach der Lektüre dieses Ermittlungsberichts:

Der Vermittler, der sich mit dem Namen B. K. vorstellte, erklärte dem Geschädigten, dass er Vorzugsaktien für 4.- Euro das Stück erwerben könne. Es sei bereits ein Kunde vorhanden, der die Aktien nach einer kurzen Laufzeit für 7.- Euro das Stück übernehmen würde. Der Geschädigte überwies zunächst 50.000.- Euro auf ein Konto bei der C-Bank. Nach Fälligkeit des Geldes bot der Telefonvermittler an, das Geld zusammen mit dem bereits erwirtschafteten Gewinn erneut anzulegen und den Betrag noch weiter zu erhöhen. …

Der Kontakt zwischen Täter und Opfer erfolgte ausschließlich per E-Mail, Handy oder Festnetzanschluss. Der Geschädigte ließ sich lediglich von B.K. eine Kopie des Personalausweises faxen. Aufgrund der Ausweiskopie kann festgestellt werden, dass es sich um eine Totalfälschung handelt. Die Festnetznummer gehörte einer Briefkastenfirma in Zürich/CH und unter den Handynummern kann niemand mehr erreicht werden. Das Konto bei der C-Bank wurde nach Eingang der letzten 100.000.- Euro aufgelöst.

Durch geschickte Verhandlungen wurde der Geschädigte überredet, insgesamt 550.000.- Euro anzulegen.

Von B. K. und seinen Helfern, so es welche gab, fehlt auch nach zwei Jahren jede Spur.

Die verschämte Revision

Die Erleichterung war groß in einem Strafprozess, als vor kurzem das Landgericht sein Urteil sprach. Auch wenn es lange Verhandlungstage nicht so aus ausgesehen hat, kam mein Mandant mit einem blauen Auge davon. Er muss nicht ins Gefängnis. Mit Fug und Recht lässt sich sagen, das Gericht hat wirklich alle für ihn sprechenden Umstände gesehen und berücksichtigt. Am Ende hat es dann noch mit dem kleinen Finger auf die richtige Seite der Waagschale gedrückt.

Also eine milde Entscheidung. Trotzdem habe ich gegen das Urteil nun Revision eingelegt. Normalerweise zucke ich dabei nicht mit der Wimper. Aber in diesem Fall spürte ich doch den Impuls, den Vorsitzenden anzurufen und zu erklären, worum es bei der Revision in erster Linie geht. Nämlich eine schnelle Rechtskraft zu verhindern. Die Rechtskraft ist nämlich für andere Bereiche, auf die sich ein Urteil im Leben eines Menschen halt auch auswirkt, jedenfalls erst mal nicht so sinnvoll.

Ich habe den Anruf dann doch nicht gemacht. Der Richter macht den Job ja auch nicht erst seit gestern und weiß doch Bescheid. Überdies ziehen Mitangeklagte ohnehin die Revision durch. Das Urteil muss deshalb auf jeden Fall eingehend schriftlich begründet werden, so dass sich die durch uns bedingte Mehrarbeit sehr in Grenzen halten wird.

Für mich persönlich werde ich es künftig als Erfolgskriterium zu würdigen wissen, wenn ich mich für ein Rechtsmittel ein wenig schäme. Ich hoffe, das kommt bald wieder vor.

Der Richter, den Verkehrssünder lieben

Parken im absoluten Halteverbot, das Übersehen der roten Ampel, massive Geschwindigkeitsüberschreitungen – hunderte Verkehrssünder kommen in Düsseldorf ohne Bußgeld oder Fahrverbot davon. Wenigstens 400 solcher und ähnlicher Verfahren hat der Düsseldorfer Amtsrichter Heinrich L. jahrelang in die Verjährung treiben lassen.

Außerdem hat Heinrich L. an die 50 Strafverfahren verschleppt, bei denen es etwa um Betrug, Diebstahl und andere Delikte ging. Niemals hatte der Richter auch nur angedeutet, er könne mit seiner Arbeit überlastet sein. Im Gegenteil. Er hatte dem Amtsgerichtspräsidenten mehrfach erklärt: „Bei mir brennt nichts an!“

Dennoch kommt der Jurist selbst ungeschoren davon. Als die Staatsanwaltschaft Düsseldorf vor rund fünf Jahren offiziell von der Säumigkeit erfuhr, leitete sie ein Strafverfahren ein. Von Rechtsbeugung war die Rede, einem Verbrechen, das mit mindestens einem Jahr Haft bedroht wird. Außerdem wurde Strafvereitelung im Amt geprüft.

Wie aktuell zu erfahren war, sind alle Verfahren offiziell eingestellt worden. Begründung: „Wir konnten nicht den erforderlichen Vorsatz nachweisen.“ Die Strafverfolgungsbehörde konnte nach eigener Einschätzung nicht zweifelsfrei belegen, ob oder dass der Richter bewusst und gewollt gegen das Gesetz verstoßen hat.

Damit ist der Spuk endgültig vorbei. Der 66-jährige Richter genießt mittlerweile seinen Ruhestand. (pbd)