Im wohlverstandenen Interesse

Eine sogenannten Feststellungsklage ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Der Kläger muss ein rechtliches Interesse daran haben, dass ein Rechtsverhältnis (abstrakt) festgestellt wird.

Dieses rechtliche Interesse fehlt, wenn der Kläger direkt auf eine bestimmte Leistung klagen kann. Man darf also beispielsweise nicht beantragen festzustellen, dass ein Bauträger wegen Mängeln am Gebäude zum Schadensersatz verpflichtet ist, sofern sich die Höhe des Schadens bereits beziffern lässt. Beträgt der Schaden zum Beispiel sechstausend Euro, muss halt direkt auf diese sechstausend Euro geklagt werden.

Wie unschwer zu erahnen, sind Feststellungsklagen nicht sonderlich beliebt. Der zweite Prozess, in dem es um die Höhe des Schadens geht, ist nämlich schon absehbar. Deshalb prüfen Gerichte die Zulässigkeit solcher Klagen sehr genau. Etwas überdeutlich für meinen Geschmack bringt das Oberlandesgericht Celle seine Abneigung in einem Urteil zum Ausdruck, das jurabilis ausgegraben hat.

Darin heißt es:

Die angesprochene Problematik zusätzlicher Verfahren ist bisher lediglich deshalb nicht in das allgemeine Bewusstsein gedrungen, weil glücklicherweise Bauprozesse nicht als Feststellungsklage geführt werden und es in den letzten acht Jahren (länger ist noch kein Richter in diesem Senat) nicht einen einzigen Fall gegeben hat, in dem ein Bauprozess nicht im Wege der Leistungsklage ausgetragen worden ist.

Dabei darf man indessen die langfristig zu befürchtenden Auswirkungen nicht außer Betracht lassen, wenn derartige Verfahren als Feststellungsprozess zulässig sein sollten. Es gibt in Deutschland mehr als 110000 Anwälte, jährlich kommen 6000 hinzu und viele leben in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.

Deshalb ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass bei einer zu weitgehenden Zulassung der Feststellungsklage der gebührenrechtliche Aspekt einen zu hohen Stellenwert erhalten könnte, mag das auch in diesem Fall keine Rolle spielen. Unter Abwägung sämtlicher Interessen der Parteien – und zwar auch der wohlverstandenen Interessen des Bauherren -, hält der Senat deshalb im Bauprozess mit dem LG jedenfalls in der Regel die Erhebung einer Feststellungsklage für unzulässig.

Das Gebührenrecht beeinflusst also das Prozessrecht, und OLG-Richter müssen Mandanten vor ihren raffgierigen Anwälten schützen. Von einer Richterbank betrachtet, kann die Welt so einfach sein.

Komplettes Urteil