“Wir spielen mit dem Reiz des Verbotenen”

"Hier saugen Profi-Piraten", heißt es auf der Titelseite einer Computerzeitschrift. Oder auf dem nächsten Blatt: "So haben Polizei und Abmahner keine Chance". Eine andere Titelgeschichte stellt (und beantwortet) die Frage: "Wie legal ist illegal?" Nach Recherchen des NDR-Medienmagazins "Zapp" berichten viele deutsche Computerzeitschriften immer wieder detailliert und ausführlich über die verschiedensten Möglichkeiten, urheberrechtlich geschützte Inhalte illegal aus dem Internet zu beziehen. Zapp beleuchtet den Hntergrund dieser permanenten Schlagzeilen. Die Sendung läuft heute abend um 23.20 Uhr. 

Offenbar als Folge des starken Konkurrenzdruckes in der Branche locken viele PC-Magazine ihre Leser mit raffinierten Schlagzeilen, etwa "Filme, Musik, Software: Die verbotensten Quellen!". Sie operieren damit womöglich am Rand der Legalität, jedenfalls aber strapazieren sie die Presseethik.

In den Artikeln wird nämlich meist Schritt für Schritt beschrieben, wie man sich Daten und Dateien aus dem Internet herunterlädt, es werden sogar die Namen von benötigten Tools und Internetseiten genannt. Die Inhalte, die auf diesen Seiten angeboten werden, sind häufig illegal. Im Kern geht es entweder darum, kostenlos an nahezu jedes beliebige Musikstück zu kommen, oder darum, Film- oder Software-Dateien aus dem Internet zu "saugen".

Hinter Titeln wie "So schalten Hacker Windows illegal ohne Seriennummer frei!" in der "PC Welt", Ausgabe 06/2011, verbergen sich außerdem genaue Anleitungen, wie auch unerfahrene Computernutzer Kopierschutzvorrichtungen umgehen können. Dazu werden den Lesern noch Hinweise geliefert, inwieweit sie Gefahr laufen, für ihr dubioses Handeln bestraft zu werden. "User können derzeit von der Polizei fast nie namentlich ermittelt werden!", lautet beispielsweise in der "PC Praxis" 06/2010 die Einschätzung eines Rechtsanwaltes.

Markus Mizgalski, stellvertretender Chefredakteur bei der Data Becker GmbH, antwortete "Zapp" für die "PC Praxis": "Der Leser erfährt durch unsere Berichterstattung, dass bestimmtes Verhalten illegal ist, unabhängig davon, wie groß das Risiko ist, erwischt zu werden. Wir animieren ihn nicht, sich illegal zu verhalten."

Andreas Hentschel, stellvertretender Chefredakteur von "Chip", sagte "Zapp": "Wir spielen natürlich mit dem Reiz des Verbotenen. Den gibt es ja ganz ohne Frage. Und wenn die Leute so das Gefühl haben, ‚Ah, vielleicht darf ich das gar nicht, das bewegt sich so in eine Richtung!‘, dann wird es auch wieder interessant. Und dann sind wir wieder bei dem Thema, wie wecke ich Neugier bei dem Leser. Wie kriege ich ihn vielleicht doch dazu, mein Heft zu kaufen?"

Dr. Florian Drücke, Geschäftsführer Bundesverband Musikindustrie, will aufgrund der Erkenntnisse aus der "Zapp"-Recherche erneut eine Beschwerde gegen einzelne Computerzeitschriften beim Presserat prüfen. "Die Journalisten sind hier an einer sehr verantwortungsvollen Stelle und adeln diese illegalen Angebote noch durch den Print-Artikel".

Der Presserat hatte schon 2006 wegen ganz ähnlicher Berichte gegen die Computerzeitschriften "PC Go" und "PC Magazin" eine Rüge ausgesprochen. Grundsätzlich vertritt er die Meinung: "Unter presseethischen Gesichtspunkten ist es nicht akzeptabel, wenn den Lesern in Form einer derart detaillierten Darstellung in den Artikeln die Möglichkeit gegeben wird oder aufgezeigt wird, wie sie illegal Software downloaden können."