Richter kämpft mit Facebook

Ein Reutlinger Jugendrichter möchte den Facebook-Account eines Angeklagten beschlagnahmen, stößt aber auf Hindernisse. Facebook beruft sich nämlich darauf, dass es in Deutschland keine Mitarbeiter gibt, die auf Nutzerdaten zugreifen können. Jetzt will der Richter die Mitarbeiter der irischen Zentrale als Zeugen laden.

Wie der Reutlinger General-Anzeiger berichtet, geht es im Prozess darum, ob ein 20-Jähriger an einem Einbruch beteiligt war. Der Angeklagte bestreitet das. Der Richter erhofft sich von dem Zugriff auf Facebook nähere Aufschlüsse darüber, ob der Angeklagte die anderen Täter kennt und vielleicht sogar mit ihnen über Facebook kommuniziert hat.

Juristisch ist der Zugriff auf einen Facebook-Account nichts anderes als eine “Durchsuchung” beim E-Mail-Provider. Mails und Kontaktdaten, die sich auf dem Server des Providers befinden, können auf richterliche Anordnung beschlagnahmt werden. Ein deutscher Provider muss die Daten dann herausgeben – wenn die Polizei nicht ohnehin an die Zugangsdaten gekommen ist.

Interessant ist allerdings, dass Facebook jedenfalls nicht eilfertig ist, solche Beschlüsse abzuarbeiten. Die deutsche Dependance erklärt sich für unzuständig und verweist auf die Europazentrale in Irland. Außerdem, so zitiert die Zeitung den Richter, habe Facebook darauf verwiesen, dass die Daten auf Rechnern in den USA liegen. Möglicherweise können also selbst die irischen Mitarbeiter nichts für die deutschen Behörden tun.

Wenn das Rechtshilfeersuchen tatsächlich in die USA geht, wird der Jugendrichter einen langen Atem brauchen. Die amerikanischen Behörden erwarten zwar von ihren deutschen Freunden zackig alle gewünschten Auskünfte. Dies werden unter Vernachlässigung formaler Fragen auch meist beflissen und schnellstmöglich erteilt – so zumindest meine Erfahrung in mehreren Fällen mit USA-Bezug.

Andersrum läuft das alles viel zäher, jedenfalls wenn es um kleine Fische geht. Der Reutlinger Richter wäre nicht der erste , der aus den USA von den dortigen Behörden monate- oder sogar jahrelang schlicht keine Antwort kriegt – und am Ende auch noch abschlägig beschieden wird. Facebook wäre dann noch gar nicht involviert.

Es wird sich also erst noch zeigen, ob Facebook-Accounts eine “unerschöpfliche Quelle” sind, wie es der Richter sich erhofft. Für nicht sonderlich schlau halte ich übrigens die Idee, den Angeklagten auch noch über die Aktion zu informieren. Der hat ja jetzt ausreichend Zeit, seinen Account so weit plattzumachen, wie es bei Facebook nur irgendwie möglich ist.

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