Der Verteidiger bemühte sich vergeblich

In Computerdingen ist es ja bekannt: Das größte Sicherheitsrisiko sitzt immer vor dem Bildschirm. Bei Strafprozessen hat es mitunter auf der Anklagebank Platz genommen – wie jetzt in einem Verfahren vor dem Landgericht Lüneburg. Dort redete sich der Angeklagte ausgerechnet in letzter Sekunde um Kopf und Kragen.

Es ging darum, ob ein Aktivist bei einer Anti-Castor-Kundgebung zum Schottern aufgerufen hatte. Die Gerichte werten das als Aufruf zu Straftaten, was wiederum strafbar ist. Zuletzt hat das der junge Mann erfahren, der auf Facebook dazu aufrief, die Emdener Polizeiwache zu stürmen und einen Mordverdächtigen tot zu hauen. Zunächst hatte der betroffene Atomkraftgegner vor dem Landgericht Lüneburg offensichtlich gute Karte. Die Beweislage war dünn, berichtet az-online. Sein Anwalt warf sich ebenfalls für den Mann in die Bresche. Immerhin so gut, dass nach Einschätzung des Gerichtsreporters ein Freispruch im Raume stand.

Hätte der Aktivist nur sein Schlusswort nicht für ein 20-minütiges Plädoyer in eigener Sache genützt, in dem er frei heraus zugab, was ihm bislang nicht nachgewiesen werden konnte. Dass er nämlich tatsächlich auf der Veranstaltung zum Schottern aufgerufen hatte. Dementsprechend wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt.

Für jeden Strafverteidiger eine eindringliche Erinnerung, dass auch das letzte Wort Risiken birgt. Ich persönlich briefe meine Mandanten in den weitaus meisten Fällen so, dass sie sich auf einen Satz beschränken:

Ich schließe mich den Worten meines Verteidigers an.

Eine Gewähr, dass sich jemand dann auch daran hält, gibt es natürlich nicht.

Noch ein Wort zu der Meinung des Richters, der Betroffene habe sich feige verhalten. Einen Tatvorwurf nicht einzuräumen, ist nicht feige. Es ist das Recht jedes Angeklagten.