Rechter Schornsteinfeger darf nicht ins Haus

Politische Aktivitäten für die NPD und die Teilnahme an öffentlichen Ehrungen der Mörder Walther Rathenaus rechtfertigen es, einem Bezirksschornsteinfeger die Zulassung zu entziehen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden. In den beiden Vorinstanzen hatte der Schornsteinfeger aus dem Burgenlandkreis noch recht erhalten und hätte demnach seine Arbeit behalten dürfen.

Der 54 Jahre alte Kläger ist seit 1987 als Bezirksschornsteinfegermeister bestellt. Er betätigt sich aktiv für die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), ohne Mitglied zu sein. Er ist seit dem Jahr 2004 Vorsitzender der NPD-Fraktion im Stadtrat von Laucha, seit 2007 Mitglied der NPD-Fraktion im Kreistag des Burgenlandkreises und hat im Jahr 2005 als unabhängiger Kandidat auf der Landesliste Sachsen-Anhalt der NPD für die Wahlen zum Deutschen Bundestag kandidiert.

In den Jahren 2001 bis 2004 sowie 2006 und 2007 nahm er an Veranstaltungen zum Gedenken an die Mörder des Außenministers der Weimarer Republik Walther Rathenau in Bad Kösen, wo er 2004 an einer Kranzniederlegung mitwirkte und 2007 zudem eine Rede hielt.

Die Behörde entzog dem Mann 2008 die Zulassung mit der Begründung, er habe nicht die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit. Das sahen das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht anders. Die Aktivitäten des Klägers wiesen nach Auffassung der Richter keinen Bezug zu seiner Berufstätigkeit auf.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied sich nun für die gegenteilige Ansicht. Das außerberufliche Verhalten dürfe bei der Beurteilung, ob der Kläger bei der Arbeit die Rechtsordnung und namentlich die Grundrechte seiner Kunden achte, nicht ausgeblendet werden.

Zwar unterlägen Bezirksschornsteinfegermeister nicht einer strengen Pflicht zur Verfassungstreue, wie sie bei Beamten vorausgesetzt werde. Allerdings weise der Beruf des Bezirksschornsteinfegers Besonderheiten auf. Der Schornsteinfeger sei bei der Feuerstättenschau, der Bauabnahme sowie der Kontrolle des Energieverbrauchs mit öffentlichen Aufgaben betraut. Diese “Beleihung” mache ihn zum Teil der öffentlichen Verwaltung. Somit unterliegen nach Auffassung des Gerichts alle Bezirksschornsteinfeger der Bindung der öffentlichen Verwaltung an die Rechtsordnung. Außerdem müssten sie die Grundrechte ihrer Kunden beachten.

Durch seine jahrelange aktive Beteiligung an den "Totenehrungen" für die Mörder Walther Rathenaus in Saaleck habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass für ihn selbst schwerste und zudem antisemitische Straftaten billigenswert und die Täter gar verehrungswürdig seien, sofern sie den von ihm für richtig gehaltenen Zielen dienten. Walther Rathenau sei in der Weimarer Republik wegen seines jüdischen Glaubens Ziel hasserfüllter antisemitischer Hetzkampagnen gewesen ("Knallt ab den Walther Rathenau, die gottverdammte Judensau!"), was dem Kläger bekannt sei.

Zudem habe der Kläger mit der Kranzniederlegung die nationalsozialistische Wertung des Rathenau-Mordes übernommen. Die Billigung der Ermordung eines Menschen unter anderem wegen seines jüdischen Glaubens und die Ehrung der Mörder offenbare eine antisemitische und rassistische Grundhaltung, die elementare Grundrechte von Mitbürgern gering achte.

Das alles sei für die Wahrnehmung eines Bezirksschornsteinfegermeisters von unmittelbarer Relevanz, wenn er etwa in Privathaushalten tätig werden solle. Das sei auch nicht unwesentlich, denn Wohnungsbesitzer müssten dem Schornsteinfeger Zutritt gestatten. Sie hätten auch keine Möglichkeit, einen anderen Schornsteinfeger zu beauftragen.

Das Vertrauen der Bürger werde erschüttert, wenn der Schornsteinfeger durch außerberufliches Verhalten zu erkennen gebe, dass er die geltenden Gesetze und die Grundrechte von Mitbürgern – auch von ethnischen oder religiösen Minderheiten – nicht uneingeschränkt und verlässlich achte. Deshalb habe die Zulassung des Betroffenen widerrufen werden dürfen.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 7. November 2012, Aktenzeichen 8 C 28.11