Wie ein Fisch

Die Wette gilt: Es war  nicht das erste Mal, dass ein deutscher Bankchef einen deutschen Spitzenpolitiker angerufen hat, um sich über Unbotmäßigkeiten zu beschweren. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen etwa, oder andere störende Kleinigkeiten. Man sitzt ja – zumindest bisher – auch gern mal in trauter Runde zusammen. Ein Beispiel: Kanzlerin Angela Merkel gab vor gar nicht so langer Zeit sogar ein Geburtstagsessen für den damaligen Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann.  Im Kanzleramt. Die Gästeliste und sogar Informationen über die die Speisenfolge mussten sich Journalisten später herausklagen.

Kurze Drähte sind seit jeher dazu da, gesponnen und genutzt zu werden. Oder glaubt jemand, das 85. Stehrumchen im Jahr macht irgend jemandem Spaß? Das gilt für alle Ebenen der Politik. Der kleine Stadtrat im Kommunalparlament oder der Kreistagsabgeordnete müssen sich ebenso entscheiden wie ein Ministerpräsident. Nämlich, ob sie Interessengruppen näher stehen als ihrem Wähler. Es wäre vermessen zu glauben, dass die Entscheidung stets für die integre Lösung ausfällt. Von Korruption muss da noch längst nicht die Rede sein. Das Klima der Nähe ist meist eher zum Glück eines kalkulierter Freundlichkeit, nicht eines eiskalter Bestechlichkeit. Man sieht sich ja immer zwei Mal im Leben.

Bemerkenswert ist also nicht der Anruf des Spitzenbankers beim Spitzenpolitiker, sondern die Art und Weise, wie sein Anbiederungsversuch aufgenommen wurde. Der hessische Ministerpräsident schüttelte den Deutsche-Bank-Chef ab wie einen glibberigen Fisch. So blitzen Immobilienfuzzis ab, die mit Ideen für Spaßbäder hausieren gehen. Man hätte den Anruf ja auch unter den Teppich kehren, den offensichtlichen Fauxpas vergessen können. So wie dies früher – im besten Fall – sicher auch geschehen wäre.

Insofern war der Anruf typisch, die Reaktion darauf könnte jedoch ein wichtiges Signal geben. Dass Politik ihren Ehrlichkeitsfaktor zurückgewinnen kann, wenn der Boden nicht weiter beackert wird, auf dem Mauscheleien gedeihen. Dazu gehört aber in erster Linie auch, Absagen nicht erst dann zu erteilen, wenn der Gesprächspartner im Staub liegt. Das ist etwas, was Politiker schnellstens lernen sollten.