“Garantie” ist nicht immer Garantie

Den Unterschied zwischen Gewährleistung und Garantie verstehen mitunter nicht mal Juristen. Wie sollen es dann Verbraucher auf die Reihe kriegen? Der Bundesgerichtshof schafft mit einem aktuellen Urteil etwas Klarheit. Danach kommt es jedenfalls nicht darauf an, ob Verbraucher bei Geschäften unter sich den Begriff “Garantie” juristisch korrekt verwenden. Sondern einzig und allein darum, was die Beteiligten wirklich wollten.

Es ging um ein 7.500 Euro teures Wohnmobil. Obwohl das Fahrzeug eine gelbe Umweltplakette gehabt haben soll, wurde dem Käufer später keine neue erteilt. Er konnte deshalb mit dem Wohnmobil nicht mehr in Umweltzonen fahren. Der Käufer verlangte daraufhin vom Verkäufer sein Geld zurück. Er berief sich auf sein gesetzliches Gewährleistungsrecht.

Dem stand nur entgegen, dass im Vertrag folgendes festgehalten war:

Für das Fahrzeug besteht keine Garantie.

Wenn man die Formulierung wörtlich nimmt, steht die Klausel einer Wandlung des Kaufvertrages oder einer Minderung des Kaufpreises nicht entgegen. Darauf sind normalerweise die Gewährleistungsrechte gerichtet. Die Garantie ist dagegen ein besonderes “Versprechen”, das der Verkäufer zusätzlich zu seinen gesetzlichen Pflichten übernimmt.

Der Bundesgerichtshof entschied allerdings, dass die Beteiligten eben gar nicht über eine Garantie nachdachten. Sie wollten vielmehr jede Haftung ausschließen, also gerade die normale Gewährleistung. Eine Garantie hätte ja ohnehin zusätzlich vereinbart werden müssen – davon stand im Vertrag aber ohnehin kein Wort.

Demnach konnte der Satz eigentlich nur die Gewährleistung erfassen und diese ausschließen. Das ergebe eine “verständige Würdigung”.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. März 2013, Aktenzeichen VIII ZR 186/12

Sprachlich gelungen

Aus dem Strafbefehl eines bayerischen Amtsgerichts:

… strafbar als versuchte Körperverletzung in drei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Beleidigung in sieben tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Tateinheit mit Beleidigung in vier tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte …

Das schicke ich gleich mal an den Autor, der immer diese Stilblüten veröffentlicht.

Eine Frage der Auslegung

Alles eine Sache der Auslegung. Niemand weiß das besser als Juristen. Bis zum Bundesgerichtshof hat es etwa die Frage geschafft, was mit der Formulierung “8 % Zinsen über dem Basiszinssatz” gemeint ist.

Der Basiszinssatz ist gesetzlich festgelegt. 

Ein Gerichtsvollzieher hatte sich geweigert, für einen Gläubiger einen Geldbetrag in voller Höhe zu vollstrecken. Der Streit drehte sich darum, wie de Formulierung “nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz” zu verstehen ist. So hatten es die Richter im Urteil festgeschrieben.

Der Gerichtsvollzieher war der Meinung, er könne beim Schuldner nur einen Zinsbetrag eintreiben, der 108 Prozent des jeweiligen Basiszinssatzes ausmacht, also nur etwas darüber liegt.

Im Gegensatz zum Gerichtsvollzieher meinte der Gläubiger, ihm stünden für den jeweiligen Zeitraum Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu. Diese Formulierung mit den Prozentpunkten findet sich unter anderem auch in den Regeln über den Schuldnerverzug. So schulden Privatpersonen Verzugszinsen in Höhe von  fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, bei Unternehmen sind es acht Prozentpunkte.

Der Bundesgerichtshof orientierte sich an dem, was die weitaus meisten Juristen seit jeher praktizieren:

Die Formulierung "5 % Zinsen über dem Basiszinssatz" wird in der prozessualen Praxis unbeschadet sprachlicher Ungenauigkeit ganz überwiegend gleichbedeutend mit der sich an der Zinsregelung in § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB orientierenden Formulierung "Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz" verwandt und verstanden. Für die Formulierung "8 % Zinsen über dem Basiszinssatz" gilt im Hinblick auf die Zinsregelung in § 288 Abs. 2 BGB Entsprechendes. So ist dementsprechend auch der Zinsausspruch des Landgerichts zu verstehen.

Demnach schadet eine lässliche Formulierung, wie sie auch Gerichten mal passiert, eben nicht. Vielmehr sind regelmäßig Prozentpunkte gemeint, auch wenn es nicht ausdrückich gesagt wird.

Auch wenn es für den entschiedenen Fall erst mal keine Rolle spielt, drohen schon die nächsten Diskussionen. Der Basiszins ist zum 1. Januar 2013 erstmals in seiner Geschichte ins Minus gerutscht. Er beträgt jetzt – 0,13 Prozent. Das wirft natürlich die Frage auf, ob private Schuldner derzeit nur 4,87 % Zinsen schulden, also den gesetzlichen Verzugszins abzüglich des Basiszinses. Oder ist der gesetzliche Verzugszins ein Mindestsatz?

Die Formulierung des Gesetzes lässt beide Auslegungen zu:

Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

Das kann man so verstehen, dass die Untergrenze für Zinsen der Basiszinssatz selbst ist, so dass auch bei einem negativen Basiszinssatz mindestens die erwähnten 5 % fällig werden. Dafür spricht, dass Schuldner am Ende strenggenommen sogar noch was rausbekommen müssten, sofern der negative Basiszinssatz tiefer als  – 5 %  fällt.

Dagegen spricht, dass der Basiszinssatz ja ungefähr den Marktpreis für Schulden spiegeln soll. In Hochzinsphasen sollen Schuldner mehr, in Niedrigzinsphasen weniger zahlen müssen. Natürlich sind negative Zinssätze auch nichts Unbekanntes, auch wenn diese ungewöhnliche Geldentwicklung bei Einführung des Basiszinses möglicherweise kein Thema war.  

Das letzte Wort wird auch hier der Bundesgerichtshof haben.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. Februar 2013, Aktenzeichen VII ZB 2/12

Der erzwungene Kuss

Die Quittung für einen Kuss, den ein Essener Musiklehrer seiner (erwachsenen) Schülerin auf den Mund gedrückt hatte, hat dieser nun vom Oberlandesgericht Hamm bekommen. Der 49-Jährige ist wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 2.000 Euro rechtskräftig verurteilt worden. Ähnlich hatte schon das Amtsgericht Essen entschieden – die Revision gegen das Urteil blieb nun erfolglos.

Der Mann hatte während des Unterrichts die Schülerin verbal bedrängt. Nachdem sie diese Versuche abgewehrt und klar gesagt hatte, dass sie so etwas nicht wolle, zog der Mann die Frau frontal zu sich hin und küsste sie unausweichlich. Sein Verhalten sei keine strafbare Nötigung, verteidigte er sich, denn er habe keine Gewalt ausgeübt, die Frau etwa während des Küssens nicht festgehalten.

Das sieht der 5. Strafsenat in Hamm anders. Der Mann habe Gewalt angewandt, als er die Frau zu seinem Körper herangezogen habe. Gewalt im Sinne des Nötigungstatbestandes liege bereits dann vor, wenn der Täter mit geringen körperlichen Kräften auf das Opfer einen unmittelbaren körperlichen Zwang ausübe. Diese Voraussetzungen seien erfüllt gewesen..

Mit der eingesetzten Gewalt habe der Angeklagte auch den Kuss erzwungen. Die Frau habe schließlich ihren entgegenstehenden Willen zuvor deutlich geäußert – darüber habe sich der Mann „vorsätzlich hinweggesetzt“. Ob er die Frau dabei noch festgehalten habe, sei unwesentlich: Die Nötigung war bereits vollendet. (pbd)

Schneemobil

Ein völlig zugeschneites Auto erweckte gestern die Aufmerksamkeit zweier Polizisten in Aachen. Die Beamten schauten sich den Wagen näher an und kamen zu einem doppelten Ergebnis: Es handelte sich um einen VW Beetle, und außerdem war der Wagen komplett aus Schnee geformt.

Spaßeshalber und mit durchaus anerkennenden Worten hängten die Polizisten ein Knöllchen an den Wagen. Das rief den Schneekünstler auf den Plan, der sich in  der Nähe aufhielt. Als er erfuhr, dass er in echt natürlich keine Strafe zahlen muss, freute er sich über die Aktion. Er begrüßte es ausdrücklich, dass die Beamten Erinnerungsbilder schossen.

130314 Beetle

Das Schneemobil.

Foto: Polizei Aachen

Gegenstandslos

Heute kam viel Post von einer Rechtsschutzversicherung, und zwar in einer Sache:

Fax von 11.47 Uhr: “Wir freuen uns, Ihnen Rechtsschutz für die anwaltliche Vertretung in dem gegen unseren Versicherten eingeleiteten Ermittlungsverfahren geben zu können.”

Fax von 12.17 Uhr:  “Bitte betrachten Sie unser heutiges Schreiben (Rechtsschutzzusage) als gegenstandslos.”

Fax von 14.21 Uhr: “Bitte betrachten Sie die von uns erteilte Kostenzusage nicht als gegenstandslos.”

Ich behalte die Sache wohl besser im Auge.

Die vergessene Begründung

Freispruch. Der Amtsrichter hat nicht nur diese erfreuliche Entscheidung verkündet. Er hat sie auch akkurat begründet. Mündlich wie schriftlich. Trotzdem legt die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Das ist zwar ihr gutes Recht, aber dann muss sie sich auch an die Spielregeln halten.

Und diese Regeln sind für Strafverfolger eindeutig:

Der Staatsanwalt muss jedes von ihm eingelegte Rechtsmittel begründen, auch wenn es sich nur gegen das Strafmaß richtet.

So steht es in den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren. Offensichtlich hat der Staatsanwalt das im vorliegenden Fall verdrängt. Was ja auch nicht so schwierig ist, wenn man offensichtlich nur wenige bis gar keine plausiblen Argumente für den eigenen Standpunkt vorbringen kann.

Ich habe jetzt darum gebeten, sich doch bitte an die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren zu halten und eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nachzureichen. Immerhin ist es ja auch schon im Vorfeld interessant zu wissen, welche Argumente der Gegenseite so einfallen. 

Vielleicht überlegt es sich der Staatsanwalt aber ja noch mal und nimmt seine Berufung zurück. Natürlich nur, weil er sieht, dass er sachlich daneben liegt. Und nicht, weil der Rückzieher weniger Arbeit macht.

Eine andere Möglichkeit wäre für ihn, den Begründungszwang schlicht zu ignorieren. Für das Verfahren ändert das nichts; die Berufung bleibt gültig. Aber wenn er dann wegen meiner Dienstaufsichtsbeschwerde zum Vorgesetzten muss, soll er bitte nicht maulen.

Du darfst nichts

Allgemeine Geschäftsbedingungen. Liest in der Regel niemand, obwohl es an sich besser wäre. Manche Klauseln bieten sogar echten Unterhaltungswert. Außerdem sagen sie so viel darüber aus, ob ein Unternehmen bereit ist, seinen Kunden auf Augenhöhe zu begegnen.

Aktuell informiert PayPal seine Kunden über geänderte Geschäftsbedingungen. Sehr interessant fand ich folgende Regelung:

1.4 Abtretung.

Sie dürfen keinerlei Rechte oder Verpflichtungen, die Ihnen aus diesen Nutzungsbedingungen entstehen, ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von PayPal übertragen oder abtreten.

PayPal behält sich vor, diesen Vertrag oder daraus entstehende Rechte und Pflichten ohne Ihre vorherige Zustimmung zu übertragen oder abzutreten.

Du darfst nichts. Wir dürfen alles. Immerhin wird es relativ deutlich gesagt.

(Danke an Frank Nocke für den Hinweis)

Grenzüberschreitung

Leserfrage:

Darf die Staatsanwaltschaft in einem bestimmten Bundesland, z.B. Bayern, eine Durchsuchung in einem anderen Bundesland durchführen lassen?

Oder muss sie den Fall der Staatsanwaltschaft in dem anderen Bundesland übertragen und diese entscheidet dann?

Antwort:

Nein, das geht und wird auch so gemacht. Die Ermittlungen einer Staatsanwaltschaft sind nicht auf ihr eigenes Bundesland begrenzt.

Handy am Steuer ist Handy am Steuer

Ein Mobiltelefon darf beim Autofahren auch dann nicht in die Hand genommen werden, wenn es nur als Navigationsgerät benutzt wird. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.

Der 29-jährige Betroffene aus Holzwickede hatte während einer Fahrt in Essen ein Mobiltelefon nach eigenen Angaben in der Hand gehalten und darauf getippt, um es als Navigationsgerät zu nutzen. Gegen das übliche Bußgeld hatte der Mann Einspruch eingelegt. Nach seiner Auffassung hatte er nichts falsch gemacht, weil er gar nicht telefonierte.

Nun unterlag der Mann auch in zweiter Instanz. Nach Auffassung der Gerichte kommt es nur darauf an, ob während der Fahrt ein “Mobiltelefon” benutzt wurde. Auch die Navifunktion sei eine Nutzungsmöglichkeit, die der Gesetzgeber bei einem Mobiltelefon einbeziehen wollte. Der Autofahrer solle nämlich die Hände während der Fahrt freihaben. Deshalb spiele es keine Rolle, ob das Handy als Handy oder (nur) als Navigationsgerät genutzt werde.

Allerdings bedeutet dieses Urteil nicht, dass das Handyverbot am Steuer jetzt auch für reine Navigationsgeräte oder sonstige Apparate gilt. Am Steuer verboten sind auch weiterhin nur Geräte, mit denen man mobil telefonieren kann. Hätte der Betroffene nur auf ein reines Navigationsgerät getippt, wäre es nicht zu einem Bußgeld gekommen.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 18. Februar 2013, Aktenzeichen III-5 RBs 11/13

Der Renoir, der keiner war

Da hat das Land Nordrhein-Westfalen noch mal Glück gehabt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies nun die Klage eines Kunsthändlers ab, der 32 Millionen Euro Schadensersatz gefordert hatte. Es ging um ein angeblich echtes Bild von Renoir. Die Behörden hatten das “Werk” wegen Betrugsverdachts beschlagnahmt. Später ging es bei der Staatsanwaltschaft Essen verloren.

Ob das Bild bei der Staatsanwaltschaft gestohlen oder nur verschlampt wurde, konnte nicht geklärt werden. Allerdings gab es Indizien, dass das Bild tatsächlich nicht echt war. So hatte schon im Mai 2004 ein Kunstsachverständiger, kurz nach der Beschlagnahme, das Werk untersucht und als wertlosen Nachdruck eingestuft. Dazu war es gekommen, weil ein Notar Zweifel bekam, der im Rahmen des Verkaufs beauftragt war. Daraufhin wurde das Bild beschlagnahmt und untersucht. 

Allerdings stellte sich dann noch die Frage, ob das zunächst untersuchte Bild tatsächlich identisch war mit dem, das später begutachtet wurde. Der Kläger hatte behauptet, sein Bild sei echt gewesen. Möglicherweise sei das Original schon vorher ausgetauscht worden. Der Kläger verwies darauf, dass beim ersten Gutachten ein angeblicher Prägestempel gar nicht erwähnt wurde. Dieser Prägestempel war aber beim zweiten Gutachten ein wichtiger Grund, um das Bild (erneut) als Fälschung einzustufen. Diese Widersprüche waren für den Kläger Beweis, dass sein Original zunächst ausgetauscht worden war – und erst später die Fälschung verloren ging. 

Das Oberlandesgericht vernahm etliche Zeugen und hatte am Ende – wie schon zuvor das Landgericht Dortmund in erster Instanz – keine Zweifel: Der angebliche Renoir, angeboten als “Mädchen in Orange”, war schon eine Fälschung bzw. wertlos, als das Bild beim Notar sichergestellt wurde. Für eine Fälschung könne der Kläger aber keinen Schadensersatz verlangen.

Auf den Kläger kommen jetzt ca. 1,8 Millionen Euro Gerichts- und Anwaltskosten zu. Allerdings kann er noch in Revision gehen.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 06.03.2013, Aktenzeichen I-11 U 114/11

Spenden in die EU können Ärger machen

Wer Spenden an gemeinnützige Organisationen in der EU steuerlich absetzen will, kann schnell in Beweisnot geraten. Der Spender muss dem Finanzamt nämlich nachweisen, dass der Empfänger gemeinnützig ist. Gelingt ihm dies nicht, kann er die Spende nicht von der Steuer absetzen. Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden.

Ein Steuerzahler hatte einer spanischen Stiftung Geld gespendet. Das Finanzamt stellte sich mit der Begründung quer, es habe keine Informationen über die Stiftung. Deshalb könne das Finanzamt die Gemeinnützigkeit nicht prüfen. Es sei Aufgabe des Steuerzahlers, alle geeigneten Belege vorzulegen. Als Beispiele nennt das Finanzgericht die Satzung oder Tätigkeitsberichte.

Das Finanzgericht sieht selbst, dass es Auslandsspenden damit nicht gerade vereinfacht. Gerichtssprecher Dr. Christian Graw:

Der Nachweis, dass der ausländische Spendenempfänger deutschen Gemeinnützigkeitsstandards genügt, ist schwer zu führen. Gerade bei niedrigen Spendenbeträgen steht der erforderliche Aufwand in keinem Verhältnis zur möglichen Steuerersparnis.

Eine Spendenbescheinigung helfe dem Steuerzahler jedenfalls nicht automatisch weiter. Bescheinigungen genügen laut dem Gerichtssprecher oft nicht deutschen Standards. Deshalb stehe es dem Finanzamt auch bei einem ordnungsgemäßen Beleg noch frei, vom Spender den Nachweis der Gemeinnützigkeit zu fordern.

Wer an einen Empfänger außerhalb der Europäischen Union spendet, macht dies ohnehin ganz auf eigene Kosten. Spenden in Drittländer, etwa die Schweiz, sind grundsätzlich nicht abzugsfähig.

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 14. Januar 2013, Aktenzeichen 11 K 2439/10 E  

Der verlorene Chip

Auf “Karte” essen, trinken und Spaß haben: Immer mehr Restaurants, Diskotheken, Sportclubs und andere Dienstleister geben am Eingang Abrechnungskarten aus. Darauf werden erst mal alle Ausgaben des Kunden gebucht. Bezahlt wird am Ausgang. Gegen Rückgabe der Karte. Was aber ist, wenn der Kunde während seines Aufenthalts die Karte verliert?

Auf dem Papier läuft es dann so, wie man es von Parkhäusern kennt. Parkhäuser berechnen seit jeher Pauschalen, wenn der Kunde sein Ticket nicht mehr vorzeigen kann. Das Brandenburgische Oberlandesgericht musste jetzt eine Antwort auf die Frage finden, in welchen Grenzen diese Praxis auch für einen Freizeitpark zulässig ist.

Der Park berechnet einen Eintrittspreis, der zur Nutzung der meisten Attraktionen berechtigt. Für Speisen, Getränke und Extras werden die Kunden am Ausgang zur Kasse gebeten. Hierfür erhält jeder Besucher ein Armband mit Chip, auf dem die Extras beim Kauf gebucht werden. Der Kreditrahmen auf dem Chip ist mit 150 Euro für Erwachsene und mit 35 Euro für Kinder eingestellt.

Bei einem Verlust des Chips behielt sich der Freizeitpark in seinen Bedingungen vor, den Kreditrahmen komplett zu berechnen. Das wiederum missfiel einem Verbraucherschutzverein, der gegen die Klausel klagte und jetzt vor Gericht recht bekam.

Den Richtern am Brandenburgischen Oberlandesgericht missfiel, dass der “Kreditrahmen” mit 150 Euro für Erwachsene sehr hoch eingestellt war. Es sei kaum zu erwarten, so die Richter, dass Gäste regelmäßig den größten Teil oder gar die Gesamtsumme ausschöpfen. Immerhin haben die Besucher ja schon den Eintritt als solchen gezahlt, so dass weitere 150 Euro pro Erwachsenem kaum realistisch schienen.

Im Wege des Schadensersatzes könne der Betreiber laut Gesetz nur den Betrag für einen verlorenen Chip verlangen, der “nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge” zu erwarten sei. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Gäste entweder selbst oder die “Finder” eines Chips den Kreditrahmen ausreizen können. Das allgemeine Missbrauchsrisiko rechtfertige es nicht, stets die Kunden damit zu belasten.

Auch einen weiteren Punkt beanstanden die Richter. Nach der Klausel hafte der Kunde verschuldensunabhängig. Das sei jedoch unzulässig. Pauschaler Schadensersatz sei nur zulässig, wenn der Kunde die Möglichkeit habe, sein fehlendes Verschulden zu belegen.

Das Urteil kann für jeden wichtig sein, dem so eine Karte mal abhanden kommt. In der Regel wird man mit dem Hinweis, dass kaum einer das Limit ausreizt, den Pauschalpreis zumindest reduzieren können.

Das Oberlandesgericht hat allerdings die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 6. Februar 2013, Aktenzeichen 7 U 6/12

Betriebsvereinbarung ermöglicht Zwangsverrentung

Wer in seiner Firma über die Regelaltersgrenze hinaus arbeiten möchte, kann durch Betriebsvereinbarungen ausgebremst werden. Das Bundesarbeitsgericht erklärte es jetzt für zulässig, wenn nach solchen Vereinbarungen das Arbeitsverhältnis automatisch endet, sofern der Arbeitnehmer 65 bzw. künftig 67 Jahre alt wird.

Der Kläger hatte 1980 bei der Firma angefangen. Sein Arbeitsvertrag regelte, das Arbeitsverhältnis sei auf “unbestimmte Zeit” geschlossen. Dennoch verlangte die Firma von ihm, dass er mit Vollendung des 65. Lebensjahres ausscheidet. Diese Grenze regelte eine Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 1976.

Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts können Arbeitgeber und Betriebsrat eine Altersgrenze festlegen. Dabei müssen sie nur die “Grundsätze von Recht und Billigkeit” beachten. Diese Grenzen sind laut Gericht gewahrt, wenn die Altersgrenze an den Zeitpunkt anknüpft, zu dem der Arbeitnehmer Anspruch auf die Regelaltersrente hat.

Es reicht demnach nicht aus, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber ein “unbefristetes” Arbeitsverhältnis vereinbaren. Fraglich bleibt, ob eine ausdrückliche Regelung, dass die Altersgrenze im konkreten Fall nicht gilt, wirksam ist. Diese Frage musste das Bundesarbeitsgericht in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheiden.

Die Richter sehen auch keine unzulässige Diskriminierung wegen Alters.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 5. März 2013, Aktenzeichen 1 AZR 417/12