Auf die Post darf man sich (nach wie vor) verlassen

Wer fünf Tage vor Fristablauf per Post ein Schreiben ans Gericht schickt, darf davon ausgehen, dass der Brief rechtzeitig eingeht. Weitere Sorgfaltspflichten hat der Absender nicht. Insbesondere muss er nicht irgendwelche “Sicherungsvorkehrungen” treffen, also das Schreiben beispielsweise auch noch per Fax senden. Das stellt der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung klar.

Die Richter wiederholen den wichtigen und seit langem gültigen Grundsatz, dass man sich auf die normale Briefpost verlassen darf. Ein Absender, so das Gericht, könne darauf vertrauen, dass ein werktags zur letzten normalen Leerung eingeworfener Brief am nächsten Tag im Bundesgebiet seinen Empfänger erreicht. Insoweit hatte der Anwalt, der eine Berufungsbegründung per Post schickte, seinen Schriftsatz sogar fünf Tage vor Fristablauf zur Post gegeben.

Besonders an dem Fall ist, dass der Jurist seine sonstigen Schriftsätze immer vorab per Fax geschickt hatte. Das Oberlandesgericht Oldenburg, welches über seinen Wiedereinsetzungsantrag wegen der Fristversäumung entscheiden musste, kreidete ihm an, er habe sich nicht dazu geäußert, warum er die Berufungsbegründung nicht vorab gefaxt habe. Das hält der Bundesgerichtshof jedoch nicht für notwendig:

Aus dem Umstand, dass alle weiteren Schriftsätze per Telefax übersandt wurden, kann nicht auf eine dahingehende ausnahmslose Praxis des Prozessbevollmächtigten geschlossen werden. Auch wenn die Versendung per Telefax kurz vor Fristablauf der einzige Weg zur Fristwahrung sein kann, gibt es bei rechtzeitigem Postversand keinen zwingenden Grund für eine zusätzliche Faxsendung. Aus diesem Grund musste auch nicht erklärt und glaubhaft gemacht werden, warum Frau P. die Faxsendung unterließ.

Von einem Absender dürfe auch nur verlangt werden, dass er nachvollziehbar sagt, wer den Brief wann in welchen Briefkasten eingeworfen hat. Darüber, ob und wie das Schreiben bei der Post oder dem Empfänger verloren gegangen ist, müsse er nicht spekulieren (Beschluss vom 19. Juni 2013, Aktenzeichen V ZB 226/12).