Zutiefst gedemütigt

Wenn ein Gefangener außerhalb der Haftanstalt unter ständiger Beobachtung durch Justizpersonal steht, kann eine körperliche Untersuchung bei seiner Rückkehr ins Gefängnis unverhältnismäßig sein. Das stellt das Bundesverfassungsgericht in einem aktuellen Beschluss klar.

Ein Gefangener hatte einen Termin vor der Vollstreckungskammer des Landgerichts. Auf dem Transport, im Gericht und auf der Rückfahrt wurde er durchgehend von mindestens zwei Justizbediensteten überwacht, auch während des Gerichtstermins. Außerdem war er – mit Ausnahme seines Aufenthalts im Dienstzimmer der zuständigen Richterin – stets gefesselt.

Dennoch zwang ihn die Haftanstalt bei der Rückkehr, sich komplett auszuziehen. Selbst seine Körperöffnungen wurden in Augenschein genommen. Weder für das Landgericht noch für das Oberlandesgericht war das mit einem Problem verbunden. Sie bestätigten der Anstalt, sauber gehandelt zu haben. Schon die abstrakte Gefahr, dass ein Gefangener Gegenstände in den Knast schmuggele, genüge für so eine harsche Kontrolle.

Der Betroffene machte geltend, die Untersuchung, insbesondere im Analbereich, habe ihn zutiefst gedemütigt und seine Menschenwürde verletzt. Andere Gefangene seien vor ähnlichen Gerichtsterminen zurückgeschreckt und hätten auf ihr Anwesenheitsrecht verzichtet, nachdem sie von der Untersuchung erfahren haben.

Das Bundesverfassungsgericht stellte sich auf die Seite des Gefangenen. Wenn ein Häftling überhaupt keine Möglichkeit habe, Gegenstände zu schmuggeln, müssten die Verantwortlichen zumindest sehr sorgfältig abwägen, ob sachliche Gründe eine Untersuchung bei Rückkehr erfordern. Die Erklärung “Das machen wir immer so” zieht für die Verfassungsrichter in diesem Fall nicht.

Sie gaben die Sache zur erneuten Entscheidung zurück (Beschluss vom 10. Juli 2013, 2 BvR 2815/11).