Ein wenig anders

Das law blog sieht ab heute etwas anders aus.

Der Hauptgrund ist eher technischer Natur. Das bisherige Template war veraltet und taugte nicht mehr für Veränderungen. Diese Änderungen gehen uns derzeit durch den Kopf. Wir werden sie Schritt für Schritt umsetzen, wenn es soweit ist.

Wir freuen uns natürlich über Feedback zu der geänderten Optik. Wir nehmen auch Kritik entgegen und werden Änderungsvorschläge gern aufgreifen, wenn sie uns sinnvoll erscheinen.

Wenn ihr was zu den Änderungen schreiben wollt, tut dies der Einfachheit halber als Kommentar zu diesem Beitrag.

Ich bedanke mich an dieser Stelle beim Maschinenraum, wo in letzter Zeit viel gearbeitet wurde.

Hannoveraner Zirkusspiele

Es geht um 753,90 Euro und den Vorwurf der Vorteilsnahme. Für die Verhandlung gegen Ex-Präsident Christian Wulff hat das Landgericht Hannover schon mal 22 Verhandlungstage reserviert; 46 Personen stehen bislang auf der Zeugenliste. Der heutige Prozessauftakt lässt ein Spektakel erwarten, das seinesgleichen sucht. Am Ende wird vor allem eines leiden – das Bild von unserer Justiz.

22 Verhandlungstage, das bekommen normalerweise Mörder, Serienvergewaltiger, Mafiosi und Wirtschaftskriminelle der gerisseneren Sorte. Aber nicht Angeklagte, denen zur Last gelegt wird, sie hätten sich für 753,90 Euro kaufen lassen. Solche Verfahren landen, wenn überhaupt, vor dem Richter am Amtsgericht. Der erledigt das, auch wenn er Zeugen befragen muss, in einem Zeitraum von zwei Stunden. Und wenn er den Beteiligten eine großzügige Mittagspause gewährt, dann längstens an einem Tag.

Dieses Verfahren erweckt den Eindruck, als sei die Causa Christian Wulff noch ganz am Anfang. Als Vorwürfe ohne Ende auf ihn einprasselten und der Eindruck entstehen konnte, Wulff sei ein bis ins Mark korruptes Arschloch. Das allerdings ist offensichtlich nicht der Fall. Obwohl sich die Staatsanwaltschaft über etliche Monate mühte, die Vorwürfe in konkrete Straftaten umzumünzen, zerbröselte der Tatverdacht. Das räumen die Staatsanwälte auch selbst ein.

Es blieben nur die 753,90 Euro. Keineswegs Geld, das Wulff in bar angenommen hat. Sondern Kosten für Hotel und Oktoberfest, die ein Unternehmerfreund übernommen haben soll, dem sich Wulff dann später mit einem Empfehlungsschreiben erkenntlich gezeigt haben soll.

Das klingt sicher nicht appetitlich, aber hier haben sich die Strafverfolger – wieso auch immer – durch die Person des Beschuldigten den Blick vernebeln lassen. Selbst wenn das mit den 753,90 Euro stimmt, dann hätten sie Christian Wulff spätestens zu diesem Zeitpunkt behandeln müssen wie jeden anderen Menschen, der bislang nicht als Gesetzesbrecher aufgefallen ist. Eine Einstellung des Verfahrens hätte hier nahegelegen, und zwar eine wegen geringer Schuld. Diese Einstellung kann die Staatsanwaltschaft auch selbst aussprechen, so lange keine Anklage erhoben war. Wulff hätte also gar nicht zustimmen müssen.

Stattdessen kam das Angebot an Wulff, die Sache gegen Zahlung von 20.000 Euro einzustellen. An diesem Vorschlag zeigt sich, wie wenig die Ermittler offenbar von ihren hochfliegenden Träumen, einen großen Fisch geangelt zu haben, Abstand nehmen konnten. 20.000 Euro sind, ich spreche aus Erfahrung, eine realistische Summe für weit gravierendere Vorwürfe, aber nicht für ein mögliches Delikt in dieser Dimension.

Dabei hätte es für eine Einstellung wegen geringer Schuld keinerlei großer Verrenkungen bedurft. Die mögliche Tat ist nicht sonderlich schwer. Der Beschuldigte Wulff hat über die Sache ein nicht unattraktives Amt verloren, seine Ehe ging darüber in die Brüche und die psychische Belastung des Ermittlungsverfahrens war enorm. Alles Dinge, die für eine Einstellung sprechen.

Dagegen können die Staatsanwälte als einziges gesetzliches Kriterium nur anführen, der Einstellung stehe das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung entgegen. Da stellt sich allerdings die Frage, wer dann das öffentliche Interesse definiert. Der Stammtisch ist es sicher nicht.

Nun müssen wir abwarten und zuschauen, wie die Hannoveraner Zirkusspiele enden. Am Ende wird es auf jeden Fall nur Verlierer geben.

Mal wieder Ärger

Letztes Jahr habe ich von dem Fall erzählt, in dem ich für einen Mandanten finanziell in Vorleistung getreten bin. Das ist an sich ein No-Go, ich bin ja nicht die Deutsche Bank. Allerdings sah ich diesmal Grund für eine Ausnahme. Denn mein Mandant saß wegen gerade mal 90 Euro im Knast. Und seiner Entlassung stand nur dieser stolze Betrag im Wege.

Der Mandant hätte an sich aus der – aufgehobenen – Untersuchungshaft entlassen werden können, wäre da nicht diese 90 Euro Restgeldstrafe aus einer anderen Angelegenheit gewesen. Er war zu niedrigen Tagessätzen verurteilt worden, deshalb hätte er seine Strafe im wahrsten Sinne des Wortes noch einige Tage „absitzen“ müssen.

Ich habe noch gut im Ohr, wie mir der Mandant am Telefon hoch und heilig versicherte, er werde das Geld sofort zurückzahlen. Er müsse nur nach Hause, dort habe er mindestens 300 Euro. Ich sprang also über meinen Schatten und blitzüberwies das Geld an die Justizvollzugsanstalt.

Aber Gutmütigkeit zahlt sich halt nicht aus. Über ein Jahr habe ich nichts von dem Mandanten gehört. Immer, wenn noch Behördenschreiben eintrafen, die ich im Rahmen des Mandats an ihn weiterleiten musste, wies ich bei der Gelegenheit auf die Rückstände hin. Keine Reaktion.

Bis letzte Woche. Da schickte mir der Mandant eine Mail. Aus den Anlagen ging hervor, er hat mal wieder Ärger mit der Justiz. Ich solle doch bitte ganz schnell tätig werden. Kein Wort zu den 90 Euro. Da wurde selbst mir etwas blümerant. Ich mailte also zurück, dass die 90 Euro noch offen sind. Und dass ich ohne einen angemessenen Kostenvorschuss die Sache nicht übernehmen kann.

Der Mandant antwortete, leider könne er den Kostenvorschuss nicht aufbringen. Aber zu meiner Überraschung waren am Tag drauf die 90 Euro auf dem Konto, sogar verbunden mit einem verhaltenen Dankeschön.

Mein Vertrauen in die Menschheit ist damit teilweise wiederhergestellt.

Weihnachtsgeldklausel kippt

Das Bundesarbeitsgericht erklärt mit einem aktuellen Urteil Weihnachtsgeldklauseln für unwirksam, die sich in vielen Arbeitsverträgen und Dienstrichtlinien finden. Nach Auffassung des Gerichts darf die Zahlung des 13. Gehalts nicht davon abhängig gemacht werden, dass das Arbeitsverhältnis des Angestellten ungekündigt ist.

Der Fall war typisch: Ein Controller war schon Jahre bei der Firma beschäftigt. Im Jahr 2010 kündigte er und schied zum 30. September aus. Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung des mit dem Novembergehalt fälligen Weihnachtsgeldes, weil darauf nur Mitarbeiter einen Anspruch hätten, die am Jahresende noch in einer ungekündigten Anstellung sind. Der Arbeitgeber verwies auf seine Betriebspraxis und insbesondere auf „Richtlinien“, in denen er jeweils mit der Ankündigung des Geldes auf den Vorbehalt aufmerksam machte.

Solche Regelungen sind laut BAG unwirksam, weil sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Denn das 13. Gehalt sei Teil der Vergütung und deshalb anteilig auf das Jahr umzurechnen. Bereits verdiente Gehaltsansprüche dürften dem Arbeitnehmer nachträglich nicht entzogen werden. Das gelte selbst dann, wenn man das 13. Gehalt auch als Lohn und Anreiz für „Betriebstreue“ betrachte. Das hatten die Vorinstanzen noch komplett anders gesehen. Dort war der Controller gescheitert (Aktenzeichen 10 AZR 848/12).

Die Gewinner

RAK2014 11. NOVEMBER Resize

Das law blog und der Karikaturist wulkan haben 10 Anwaltskalender 2013 verlost. Hier sind die Gewinner, geordnet nach der Nummer des abgegebenen Kommentars:

50 Dude
71 Armin
88 Jurist
140 Henrik
185 pauli
242 Aluser
379 casch
402 Frank
417 Jemand
425 Stefan

Die Gewinner erhalten eine Mail, damit sie ihre Adresse durchgeben können. Der Kalender wird dann frei Haus geschickt. Viel Vergnügen mit dem Gewinn.

Allen anderen Lesern vielen Dank für die Teilnahme.

RAK2014 12. DEZEMBER Resize

Nächste Woche schon was vor?

Das Gericht hatte in einer kleinen Sache vor Wochen eingeladen. Auf Mitte Dezember. Das konnte ich einrichten.

Nun erreicht mich eine Umladung auf einen neuen Termin. Die Verhandlung soll noch in diesem Monat stattfinden. Und zwar schon in einer knappen Woche. Morgens um 9.15 Uhr soll der Gerichtstermin sein.

Na ja, könnte man denken. Irgendwas macht das Verfahren eilig. Tatsächlich ist aber, wie sich aus der Ladung ergibt, lediglich ein Zeuge verhindert. Das kommt vor. Anwälte haben ja auch nicht immer passend Zeit.

Wegen eines verhinderten Zeugen aber den Termin zeitlich nach vorne zu verlegen, noch dazu auf die nächste Woche, spricht allerdings schon für einen gesunden Optimismus des Richters. Ich würde sagen,bei einem so knappen Zeitfenster liegt die Trefferquote, dass ich um die Zeit noch nichts anderes außerhalb meines Büro zu tun habe, unter 10 %.

Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn der Richter angerufen hätte. Dann wäre es denkbar gewesen, dass wir an einem Tag noch was hinkriegen. Vielleicht auch am Nachmittag. So schicke ich jetzt allerdings ebenfalls einen Verlegungsantrag. Diesem muss der Richter dann ja stattgeben, schon aus Gründen der Gleichbehandlung.

Vom Gefühl her sehen wir uns jetzt erst im Februar oder März.

Bauartbedingt

Es gibt immer noch Gerichte, an denen Strafverteidiger als Exoten gelten. Jedenfalls dann, wenn sie nicht nur ihre Robe aus dem Aktenkoffer holen. Sondern auch ein Notebook, das sie vor sich auf dem Tisch platzieren.

Die Tage schaute eine Richterin an einem kleinen Amtsgericht interessiert meinem Treiben zu. So ganz geheuer war ihr das alles offenbar nicht. Sie erkundigte sich, ob ich mit dem Gerät auch Ton- oder Bildaufnahmen machen kann. Anscheinend zielte sie darauf ab, dass Aufnahmen während der Verhandlung in Deutschland verboten sind.

Ich fragte mich kurz, was ich darauf wohl erwidern soll. Ich konnte explizit verkünde, dass mein Notebook selbstverständlich in der Lage ist, Töne aufzunehmen. Ja sogar Bilder, wobei die eingebaute Webcam bauartbedingt nicht unbedingt brauchbare Panoramabilder aus dem Gerichtssaal liefert.

Dann wären wir aber womöglich mitten in der Diskussion gewesen, ob man mir als Verteidiger trauen darf. Oder anders formuliert: Wie viel Misstrauen darf ein Gericht hegen und welche Maßnahmen sind eventuell zulässig sind. Am Ende wären wir dann auch noch auf die immensen technischen Fähigkeiten handelsüblicher Handys zu sprechen gekommen. Ein Mobiltelefon hat aber so gut wie jeder Anwalt dabei – selbst in laptopfreien Gebieten.

Ich entschloss mich zu der schlichten Aussage: „Das ist doch nur ein normaler Computer.“ Damit hatte ich nichts Falsches gesagt. Und trotzdem war offenbar alles gut. Die Richterin eröffnete die Verhandlung, nach zehn Minuten waren wir fertig. Soll das lieber mal ein Kollege ausdiskutieren, der öfter in dieser Gegend ist.

Kein Freibrief für Drohungen über Facebook

Auch wer „nur“ auf Facebook bedroht wird, kann bei Gericht ein Kontaktaufnahme- und Annäherungsverbot erwirken. Das Oberlandesgericht Hamm gewährt diese Schutzmöglichkeit auch in dem Fall, dass die Beteiligten hunderte Kilometer voneinander entfernt wohnen.

Eine Gladbeckerin hatte einen Antrag nach dem Gewaltschutzgesetz gestellt, weil ihr eine Bekannte aus Oberhaching virtuell nachstellte. Die Frau aus Oberhaching fühlte sich vom Bruder der Gladbeckerin betrogen und übte deshalb Druck aus. Auf Facebook griff sie die Gladbeckerin und deren 7-jährigen Sohn massiv an. Unter anderem tutulierte sie die Betroffene als „Mongotochter“ und das Kind als „dreckigen Jungen“. Sie kündigte an, dem Jungen „einen Stein an den Kopf zu werfen“ und ihn „kalt zu machen“.

Darauf verbot das Amtsgericht der Frau aus Oberhaching, mit ihren Kontrahenten in irgeneiner Form (also auch nicht über Facebook) Kontakt aufzunehmen oder sich diesen mehr als 30 Meter zu nähern. Das Oberlandesgericht Hamm wies die Beschwerde der Frau zurück. Auch Drohungen auf Facebook könnten solche drastischen juristischen Folgen rechtfertigen, wenn sie ernst zu nehmen seien (Aktenzeichen 2 UF 254/12).

Kernaussagen

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier im Gespräch mit der Welt zur Überwachungs-Affäre:

Die Welt: Wie schützen Sie sich?

Bouffier: Ich habe ein normales Handy. Aber ich achte schon darauf, wie ich kommuniziere.

Die Welt: Nämlich?

Bouffier: Ich schreibe nicht alles per SMS. Und ich schreibe schon gar keine Mails.

Die Welt: Sie schreiben überhaupt keine E-Mails?

Bouffier: Nein.

Wir sollten uns auf spannende Bouffier-Interviews zu anderen aktuellen politischen Themen freuen, die er als stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU sicher geben wird. Hier eine kleine Vorschau auf seine Kernaussagen:

Thema Klimawandel: Ich mache keinen Urlaub in Hurrikan-Gebieten.

Thema Zugverspätungen: Ich habe ein Auto mit Chauffeur und ’nen Flughafen vor der Tür.

Thema Pille danach: Ich bin keine Frau, und Sex habe ich auch nicht.

Ein Siegel für „Top-Anwälte“

Vor einiger Zeit erhielten Anwaltskollegen erfreuliche Post. Der „Focus“ gratulierte ihnen. Zur Aufnahme in eine Liste „Deutschlands Top-Anwälte“, die dann auch gleich als Gundlage eines Sonderhefts der Reihe „Focus Spezial“ diente.

Schon seinerzeit ließen die beehrten Kollegen trotz ihrer Begeisterung durchblicken, dass es einen kleinen Wermutstropfen gibt. Der Focus habe die Gewinnbenachrichtigung nämlich mit dem – in diesem Kontext eher undezenten Hinweis – verbunden, es gebe die Möglichkeit reichweitenstarker Anzeigen in Focus-Medien.

Ich weiß nicht, was diese Reklame gekostet hätte. Ganz billig dürfte sie aber nicht gewesen sein. Denn es spricht einiges dafür, dass der Focus mit seinen Prädikaten nicht nur die Leser informieren, sondern ordentlich Kasse machen möchte. Nun erhielten die ausgezeichneten Anwälte erneut ein Angebot des Focus. Das lautet so:

Exklusives Angebot – Siegel

Herzlichen Glückwunsch! Sie zählen zu Deutschlands Top-Privatanwälten und haben es auf die FOCUS-SPEZIAL Anwaltsliste 2013 geschafft. Alle Privatanwälte, die den deutschlandweiten FOCUS-Vergleich erfolgreich bestanden haben, erhalten je nach Kategorie die Auszeichnung TOP Rechtsanwalt „Fachbereich”*.

Unser Angebot für Sie: Nutzen Sie das FOCUS-Siegel* für Ihre Kommunikation, z. B. für den Einsatz auf Werbemitteln oder Geschäftspapieren, und kommunizieren Sie so Ihren Erfolg deutlich nach außen. Sie heben sich damit klar vom Wettbewerb ab und schaffen Vertrauen und Sicherheit.

Tja, und was soll das Nutzungsrecht für das Emblem kosten? 7.500 Euro. Zuzüglich Umsatzsteuer. Pro Jahr. Das ist zweifellos ein stolzer Preis. Sogar etwas mehr als der Betrag, den die Stiftung Warentest Firmen für die Verwendung des „test“-Siegels in einem vergleichbaren Rahmen berechnet (Mustervertrag).

Der Kollege Detlef Burhoff hat das Focus-Schreiben online gestellt.

Demos: Zivilpolizisten müssen sich outen

Wenn Polizeibeamte in Zivil eine Demonstration beobachten, müssen sie sich der Versammlungsleitung zu erkennen geben. So steht es im Niedersäschsischen Versammlungsgesetz. Ähnliche Regelungen finden sich auch in den Versammlungsgesetzen anderer Länder. Das Verwaltungsgericht Göttingen entschied nun, dass die Regelung ernst zu nehmen ist. Auch Polizeibeamte, die sich als Passanten tarnen und verborgen ermitteln, müssen sich dem Versammlungsleiter offenbaren.

Geklagt hatte eine niedersäschsische Atomkraftgegnerin. Ihr hatte die Polizei mehrfach bei Mahnwachen vor dem Alten Rathaus Auskunft darüber verweigert, ob neben uniformierten Beamten auch Zivilkräfte eingesetzt werden. Nach Presseberichten vertrat der Prozessvertreter der Polizeidirektion die Auffassung, das Gesetz sei „zu eng formuliert“. Er behauptete sogar, der Gesetzgeber habe einen „redaktionellen Fehler“ gemacht.

Die Klägerin argumentierte dagegen, der Wortlaut des Gesetzes sei eindeutig und sehe keine Ausnahmen vor. Es gebe auch einen guten Grund für die Vorschrift. Damit habe die Bespitzelung friedlicher Versammlungen verhindert werden sollen. Immerhin könnten sich Demonstranten abgeschreckt fühlen, ihr Grundrecht in Anspruch zu nehmen, wenn sie mit einer unbekannten Zahl ziviler „Beobachter“ rechnen müssten.

Das Verwaltungsgericht Göttingen gab der Klägerin recht. Allerdings ließ das Verwaltungsgericht die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu.

Sex-Steuer für Tantra-Massagen

Die Stadt Köln machte mit der Sex-Steuer den Anfang. Mittlerweile halten viele Kommunen die Hand auf, wenn es in Clubs, Bordellen und andernorts zur Sache geht. Die Stadt Soltau in Niedersachsen kassiert etwa eine Steuer auf die im Heidekreis beliebten „Love-Mobile“. Nun musste das Verwaltungsgericht Stuttgart im Interesse der Steuerzahler eine weitere wichtige Frage klären: Ist auch die „Tantra-Massage“ vergnügungssteuerpflichtig?

Geklagt hatte die Besitzerin eines Massageinstituts. Sie will ihr Gewerbe nicht auf einer Stufe mit Laufhäusern, Bars und Swingerclubs sehen. Zwar räumte die Betreiberin vor Gericht ein, dass ihre Tantra-Massagen auch den Intimbereich einschließen und ein sexueller Höhepunkt des Kunden im Bereich des Möglichen sei. Aber weder das noch der Umstand, dass auch die Mitarbeiter(innen) unbekleidet sind, führe zu einer Anwendbarkeit der Vergnügungssteuer.

Diese Steuer wird in Stuttgart für „sexuelle Vergnügungen in Bordellen, Laufhäusern, Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs“ erhoben. Außerdem in „ähnlichen Einrichtungen“. Dem Gericht stellte sich also die Frage, ob ein Salon für Tantra-Massagen eine „ähnliche Einrichtung“ ist.

Das Verwaltungsgericht gesteht der Klägerin zwar zu, die von ihr angebotenen Ganzkörpermassagen würden nach einem strikt einzuhaltenden Tantra-Massage-Ritual erfolgen. Hauptzweck der Massage sei das ganzheitliche Wohlbefinden im Sinne der tantrischen Erkenntnislehre. Allerdings sei klar, dass bei einer Ganzkörpermassage, die auch wirklich eine Ganzkörpermassage ist, halt auch „sexuelles Vergnügen“ entstehe. Das reiche für die Steuerpflicht aus, denn diese müsse nicht im Vordergrund stehen.

Abschließend geklärt ist die Frage noch nicht. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen (Aktenzeichen Az.: 8 K 28/13).

Homosexualität kann Asylgrund sein

Homosexualität kann ein Grund sein, Ausländern in der Europäischen Union Asyl zu gewähren. Das hat der Europäische Gerichtshof heute entschieden. Drei Männer aus afrikanischen Staaten hatten gegen die Niederlande geklagt, um ihre Anerkennung als Flüchtlinge durchzusetzen. Ihre Heimatländer bestrafen homosexuelle Handlungen mit schweren Freiheitsstrafen, teilweise sogar mit lebenslanger Haft.

Nach Auffassung der Richter ist die sexuelle Orientierung ein persönliches Merkmal, das niemand ablegen kann. Wer homosexuell sei, gehöre damit zu einer „sozialen Gruppe“ im Sinne des EU-Rechts, welches sich wiederum auf die Genfer Flüchtlingskonvention stützt. Wer nur wegen seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe in seinem Heimatland verfolgt werde, habe Anspruch auf Zuflucht in der Europäischen Union.

Die Niederlande hatten sich im Prozess darauf zurückgezogen, Homosexuellen sei es zumutbar, sich strafrechtlicher Verfolgung durch „Zurückhaltung“ zu entziehen. Der Europäische Gerichtshof ist anderer Meinung. Die sexuelle Identität sei prägender Bestandteil der Persönlichkeit. Von einem Homosexuellen könne deshalb nicht erwartet werden, dass er seine Homosexualität geheim hält, um eine Verfolgung zu vermeiden.

Aber nicht jede Art der Verfolgung begründet nach dem Urteil ein Asylrecht. Vielmehr müssten erhebliche Strafen drohen. Außerdem müsse belegt werden, dass diese Strafen nicht nur im Gesetz stehen, sondern tatsächlich auch verhängt werden. Ob dies der Fall ist, müssten die Ausländerbehörden in jedem Einzelfall prüfen.

Freie Mitarbeiter sind kein Freiwild

Freie Journalisten haben Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Das Landgericht Köln verurteilte einen Zeitungsverlag zu einer erheblichen Nachzahlung an einen Autor, der jahrelang Berichte aus der Region verfasst hat.

Der freie Mitarbeiter erhielt ein Honorar von 25 Cent pro Zeile. Fahrtkosten wurden nicht erstattet. Nach Auffassung des Gerichts ist das ein gesetzlich verbotener Hungerlohn. Die Sätze lägen nämlich weeeeeit unter den üblichen Honoraren. Diese seien seit dem Jahr 2010 in den „Gemeinsamen Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen“ festgelegt. An der Vereinbarung wirkten auch die Verlage mit, etwa durch den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger.

Die Vergütungsregeln hält das Landgericht Köln für eine geeignete Grundlage, um die gesetzlich vorgeschriebene „angemessene Vergütung“ zu schätzen. Die Richter kommen zu dem Ergebnis, ein Zeilenhonorar von 56 Cent sei angemessen. Dem Journalisten steht nun eine Nachzahlung von knapp 10.000 Euro zu.

Ebenso wichtig ist der Hinweis des Gerichts, dass freie Mitarbeiter ihre Vergütungsansprüche nicht in kurzer Zeit verwirken, selbst wenn sie die Dumpinghonorare möglicherweise jahrelang akzeptieren. Letztlich bleibt den Autoren ja fast nichts anderes übrig, denn ansonsten droht ihnen ja ein sofortiger Boykott von Verlagen, die keine angemessenen Honorare zahlen wollen.

Außerdem verurteilte das Landgericht Köln den Verlag zur Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 30 Cent pro Kilometer (Aktenzeichen 28 O 695/11).

Datenleck bei Sky?

Beim Pay-TV-Sender Sky soll es einen Datendiebstahl gegeben haben. Der Sender selbst bestätigte, dass möglicherweise Kundendaten entwendet wurden.

Nach einem Bericht von Spiegel online gibt es schon Sky-Kunden, die dubiose Anrufe erhalten haben wollen. Die Anrufer hätten darum gebeten, die Bankdaten der Kunden zu verifizieren. Angeblich, um einen Gewinn auszuzahlen.

Sky sagt, man habe die betroffenen Kunden sofort informiert. Im Spiegel-Bericht und insbesondere im Leserforum zu dem Artikel klingt das etwas anders. So schreiben Leser, sie hätten noch keinerlei Information von Sky erhalten. Auf eigene Rückfrage habe man ihnen im Callcenter lediglich erklärt, sie seien „nicht die einzigen“.

Wenn das mit dem Datenleck stimmt und tatsächlich auch harte Kundendaten, etwa Bankverbindungen, von den Sky-Computern abgezogen wurden, klingt das nach einer eher zögerlichen Reaktion. Nach dem Bundesdatenschutzgesetz (§ 42a) muss ein Unternehmen Betroffene „unverzüglich“ zu informieren, sobald es einen Datenklau festgestellt hat. Die bloße Information reicht noch nicht mal aus. Die Firma muss vielmehr auch erklären, was Betroffene am besten unternehmen müssen bzw. sollten.

Und was ist, wenn ein Unternehmen seine Kunden nicht unverzüglich informiert? Das ist dann Sache der Aufsichtsbehörden und der Gerichte – sie können Bußgelder bis zu 300.000 Euro verhängen, in speziellen Fällen sogar höher.