Ein seltenes Vergnügen

Ich hatte heute Gelegenheit, mich ausführlich mit einem ganz selten angewandten Straftatbestand zu beschäftigen. Die Vorschrift des § 344 Strafgesetzbuch bestraft die Verfolgung Unschuldiger. Also wenn zum Beispiel Staatsanwälte wegen einer Tat gegen eine konkrete Person ermitteln beziehungsweise ermitteln lassen, obwohl sie wissen, dass der Betreffende die Tat nicht begangen hat.

Die Zahl der Präzedenzfälle ist sehr überschaubar. Es gibt so gut wie keine. Auch die Strafrechtskommentare, die sich bei anderen Delikten mitunter über viele, viele engbedruckte Seiten ziehen, haben zu dem Thema nur ein paar magere Zeilen zu sagen.

Das mag vor allem daran liegen, dass Staatsanwälte oder Richter in Deutschland wider besseres Wissen keine Unschuldigen verfolgen. Womöglich aber auch ein ganz klein wenig daran, dass in solchen Fällen letztlich Strafverfolger über ihre eigenen Kollegen zu befinden haben. Wie wahrscheinlich es da ist, dass angesichts riesiger Bewertungsspielräume der Fall tatsächlich in einer Anklage mündet, kann man sich ausmalen.

Der Fall meines Mandanten ist an sich nicht weltbewegend. Allerdings ist es schon übel, wie ihm bislang mitgespielt wurde. Und zwar in voller Absicht, wie ich meine. Ich jedenfalls kann ihm nach genauer Lektüre der gesamten Ermittlungsakte nicht davon abraten, nun wirklich eine Strafanzeige gegen die betreffende Staatsanwältin zu erstatten – nachdem diese endlich brutal durch einen umsichtigeren Kollegen ausgebremst wurde. Die Dame hatte den Bogen jedenfalls mehr als deutlich überspannt.

Ob sich der Mandant diesen Kampf kostenmäßig und nervlich antun will, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Das muss jetzt er allein entscheiden…