Bundesverlangsamungsgericht

Normalerweise verteilt das Bundesverfassungsgericht Rüffel. Mitunter muss es sich aber auch mit Kritik an der eigenen Arbeit auseinandersetzen. Wie jetzt bei der Verfassungsbeschwerde eines Bürgers, die vier Jahre und acht Monate auf dem Schreibtisch des zuständigen Richters lag.

Wie kaum anders zu erwarten, zeigen sich die Verfassungsrichter keinesfalls zerknirscht. Sondern sie erklären dem Beschwerdeführer (ernsthaft), dass ein vier Jahre und acht Monate dauerndes Verfahren angesichts der „Aufgaben und der Stellung des Bundesverfassungsgerichts“ nun mal vorkommen könne. Und auch dürfe.

Außer dass man – natürlich völlig zu Recht – für sich eine herausgehobene Stellung innerhalb des Rechtssystems beansprucht, klingt das Lamento kaum anders als jenes, das man auch sonst in solchen Verfahren hört. Und das in der Regel nicht auf sonderlich offene Ohren beim Verfassungsgericht fällt. Der zuständige Berichterstatter sei, so heißt es, mit einer Fülle politisch wichtiger Verfahren belastet gewesen, die ihn offensichtlich völlig absorbiert hatten.

Eine Weitergabe des eher kleinen Falles – es ging um die Löschung personenbezogener Daten und die möglicherweise unrechtmäßige Weitergabe einer Verfahrensakte in Nordrhein-Westfalen – sei aber auch nicht möglich gewesen. Die anderen Richter hätten, welch Überraschung, auch schon viele Fälle zu bearbeiten gehabt.

Sehr tröstend finde ich einen Hinweis an den Beschwerdeführer, dessen Verfassungsbeschwerde nach einer Rüge seinerseits dann recht zügig nicht zur Entscheidung angenommen wurde. Das Gericht weist den Mann darauf hin, immerhin sei die Nichtannahme der Beschwerde ja sogar begründet worden. Wozu das Gericht in der Tat nicht verpflichtet ist. Nur 3,85 Prozent der Nichtannahmebeschlüsse würden überhaupt begründet, betont das Gericht. Da kann der Beschwerdeführer sich aber freuen.

Bleibt nur die Frage nach der Europäischen Menschenrechtskonvention. Diese gibt Betroffenen nicht nur einen Anspruch auf ein faires, sondern auch auf ein zügiges Verfahren. Dazu macht das Gericht in seinem Beschluss eher nebulöse Ausführungen. Insbesondere zieht es sich auf eine Art Sonderstatus zurück, wonach es als „Hüterin der Verfassung“ halt anderen Spielregeln unterworfen ist. Gut möglich also, dass das letzte Wort zum Thema Verzögerung in diesem Fall vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gesprochen wird.

In ein paar Jahren (Aktenzeichen 1 BvR 99/11).