Tempolimit ist Tempolimit

Das in Niedersachsen eingeführte Verkehrsschild „Baumunfall“ macht ein Tempolimit nicht unwirksam. Dies hat das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden.

Ein Mann aus Fürstenau war im März 2015 auf einer Landstraße in Menslage im Landkreis Osnabrück 27 Kilometer zu schnell gefahren. Der Mann hielt das Tempolimit für unzulässig, weil es in Verbindung mit dem in Niedersachsen neu eingeführten Schild „Baumunfall“ aufgestellt war. Sein Einwand: Ein Verkehrsteilnehmer könne auf die Idee kommen, dass die Geschwindigkeit nur dann 70 km/h betrage, wenn ein Fahrzeug vor einen Baum gefahren sei.

Weder beim Amts- noch beim Oberlandesgericht fand der Mann Gehör. Das Zusatzschild weist, so die Richter, auf die Gefahr von – möglichen – Baumunfällen als Grund für die Geschwindigkeitsbegrenzung hin. Eine andere Auslegung kommt laut den Richtern „ernsthaft nicht in Betracht“.

Ein durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer komme nicht auf die Idee, das Tempolimit gelte nur dann, wen tatsächlich ein Auto vor einen Baum gefahren sei. Ebenso wenig komme jemand – mit Ausnahme des Beschwerdeführers natürlich – auf die Idee, dass er die Geschwindigkeitsbegrenzung nur dann beachten muss, wenn mitten auf der Fahrbahn ein Baum stehe, oder dass er nicht mit einer höheren Geschwindigkeit als 70 km/h gegen einen Baum fahren dürfe.

Dass das Zusatzzeichen „Baumunfall“ nicht in der Straßenverkehrsordnung aufgeführt sei, spiele keine Rolle. Der Schilderkatalog sei nicht abschließend, so dass Behörden sich auch eigene Schilder einfallen lassen können. Das Verkehrsschild „Baumunfall“ stammt eigentlich aus Brandenburg, wie die Neue Presse berichtet (mit Foto des Schildes) (Aktenzeichen 2 Ss (OWi) 297/15).

Fan muss nicht für 1. FC Köln zahlen

Ein Böllerwerfer im Fußballstadion muss doch nicht für die 50.000 Euro Verbandsstrafe einstehen, die dem 1. FC Köln nach dem Vorfall und einiger weiterer Vorkommnisse vom Deutschen Fußballbund aufgebrummt wurde. Das Oberlandesgericht Köln änderte nun die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Klage mit Urteil vom 17. Dezember ab. Die komplizierten DFB-Regeln, so das Gericht, seien für einen normalen Menschen nicht zu verstehen.

Der Fan sollte die Verbandsstrafe anteilig zu 30.000 Euro übernehmen. Das geht so nicht, sagen die Richter. Zwar seien Fans verpflichtet, andere Besucher des Stadions nicht zu schädigen. Doch die Pflicht keine Böller zu zünden, diene nicht dazu, den Verein im Falle von Verstößen vor Sanktionen des Fußballverbandes zu schützen.

Die Richter vermissen also den juristisch notwendigen „Zurechnungszusammenang“, der für eine Schadensersatzpflicht auch sonst erforderlich ist. Außerdem sei es für einen Fan praktisch überhaupt nicht nachvollziehbar, wann er unter Umständen in die Haftung genommen werde könne. Dazu seien die Regeln zu kompliziert, so dass gerade auch das Ausmaß der Haftung für einen Stadionbesucher im Dunkeln bleibe.

Bundesverlangsamungsgericht

Normalerweise verteilt das Bundesverfassungsgericht Rüffel. Mitunter muss es sich aber auch mit Kritik an der eigenen Arbeit auseinandersetzen. Wie jetzt bei der Verfassungsbeschwerde eines Bürgers, die vier Jahre und acht Monate auf dem Schreibtisch des zuständigen Richters lag.

Wie kaum anders zu erwarten, zeigen sich die Verfassungsrichter keinesfalls zerknirscht. Sondern sie erklären dem Beschwerdeführer (ernsthaft), dass ein vier Jahre und acht Monate dauerndes Verfahren angesichts der „Aufgaben und der Stellung des Bundesverfassungsgerichts“ nun mal vorkommen könne. Und auch dürfe.

Außer dass man – natürlich völlig zu Recht – für sich eine herausgehobene Stellung innerhalb des Rechtssystems beansprucht, klingt das Lamento kaum anders als jenes, das man auch sonst in solchen Verfahren hört. Und das in der Regel nicht auf sonderlich offene Ohren beim Verfassungsgericht fällt. Der zuständige Berichterstatter sei, so heißt es, mit einer Fülle politisch wichtiger Verfahren belastet gewesen, die ihn offensichtlich völlig absorbiert hatten.

Eine Weitergabe des eher kleinen Falles – es ging um die Löschung personenbezogener Daten und die möglicherweise unrechtmäßige Weitergabe einer Verfahrensakte in Nordrhein-Westfalen – sei aber auch nicht möglich gewesen. Die anderen Richter hätten, welch Überraschung, auch schon viele Fälle zu bearbeiten gehabt.

Sehr tröstend finde ich einen Hinweis an den Beschwerdeführer, dessen Verfassungsbeschwerde nach einer Rüge seinerseits dann recht zügig nicht zur Entscheidung angenommen wurde. Das Gericht weist den Mann darauf hin, immerhin sei die Nichtannahme der Beschwerde ja sogar begründet worden. Wozu das Gericht in der Tat nicht verpflichtet ist. Nur 3,85 Prozent der Nichtannahmebeschlüsse würden überhaupt begründet, betont das Gericht. Da kann der Beschwerdeführer sich aber freuen.

Bleibt nur die Frage nach der Europäischen Menschenrechtskonvention. Diese gibt Betroffenen nicht nur einen Anspruch auf ein faires, sondern auch auf ein zügiges Verfahren. Dazu macht das Gericht in seinem Beschluss eher nebulöse Ausführungen. Insbesondere zieht es sich auf eine Art Sonderstatus zurück, wonach es als „Hüterin der Verfassung“ halt anderen Spielregeln unterworfen ist. Gut möglich also, dass das letzte Wort zum Thema Verzögerung in diesem Fall vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gesprochen wird.

In ein paar Jahren (Aktenzeichen 1 BvR 99/11).

Immer die anderen

Wer bei einem Oktoberfest auf Bierbänken tanzt, darf andere nicht für seinen Absturz verantwortlich machen. Eine 50-Jährige Frau scheiterte nun jedenfalls mit einer Klage gegen ihren Begleiter, der sie bei einer Bierparty in Hamm zu der Aktion ermuntert hatte.

Für die Richter am Oberlandesgericht Hamm kam es nicht darauf an, ob der Begleiter die Klägerin dazu animiert hatte, auf die Bierbank zu steigen. Ebenso wenig spielte die Frage eine Rolle, ob er die Frau quasi auf die Bank gezogen hatte, damit man es anderen Feiernden nachmachen konnte. Maßgeblich war für die Richter nur, dass die Klägerin letztlich freiwillig mitmachte.

Für eigenveranwtortliches Tun, so das Gericht, könne man die Schuld nicht auf andere wälzen. Insgesamt hatte die Frau 7.500 Euro Schmerzensgeld eingeklagt, weil bei dem Sturz eine Sehne riss und ihr die Schulter seitdem weh tut (Aktenzeichen 9 U 142/14).

Lebenslang für tödliche Geisterfahrt

Das Landgericht Limburg hat einen Geisterfahrer verurteilt. Zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Wegen Mordes. Der Mann war auf der Flucht vor einer Polizeikontrolle in entgegengesetzter Richtung auf die Bundesstraße 49 abgefahren und mit einer entgegenkommenden Frau zusammengestoßes. Die 29-Jährige starb.

Bei dem Prozess ging es auch um die Rolle der Polizei. Das Gericht wertete die Verfolgung durch die Polizei als unverhältnismäßig und lehnte es deswegen ab, dem Angeklagten auch noch Sicherungsverwahrung zu geben. Das Gericht geht überdies davon aus, dass zumindest ein Autobahnpolizist in der Verhandlung gelogen hat. Außerdem soll es nun Ermittlungen gegen die Justizvollzugsanstalt Diez geben. Der Angeklagte war nämlich Freigänger, obwohl die Voraussetzungen hierfür nach Meinung des Landgerichts nicht vorlagen.

Bericht in der Frankfurter Rundschau

Straftäter soll sich das Internet ausdrucken

Verurteilten Straftätern kann ein quasi totales Internetverbot drohen – das zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm. Die Richter erlauben einem auf Bewährung entlassenen Mann lediglich, das Internet zu beruflichen Zwecken in den Räumen seiner Umschulung zu benutzen.

In allen anderen Fällen droht dem Betroffenen der Bewährungswiderruf. Der wegen Verbreitung von Kinderpornografie verurteilte Mann darf ausdrücklich deshalb selbst keinen Internetanschluss anmelden, aber auch nicht anderswo online gehen. Wobei man wohl davon ausgehen darf, dass das Gericht auch ein Smartphone als „Internetanschluss“ betrachtet.

Der Betroffene hatte sich gegen das Verbot gewehrt, weil er nicht mehr vernünftig am sozialen Leben teilhaben könne. Dem begegnen die Richter mit bemerkenswerter Lakonie. Dem Betroffenen steht es nach ihrer Meinung frei, sich über „Zeitungen, Zeitschriften, Anzeigenblätter, Radio oder Fernsehen Informationen jeglicher Art“ zu verschaffen. Dass er keine E-Mails schicken könne, sei jedenfalls nicht existenziell wichtig. Immerhin gebe es ja „Telefon, Telefax, Brief oder persönliche Vorsprache“.

Eine Internetnutzung sei heute jedenfalls noch nicht existenznotwendig, denn im Jahre 2014 habe der Anteil der Internetnutzer nur bei 61,6 % der Gesamtbevölkerung gelegen und nur 79,5 % der Nutzer hätten einen Internetzugang gehabt.

Ganz aufs Internet verzichten muss der Verurteilte aber laut dem Oberlandesgericht Hamm nicht. Der Tipp der Richter: Er könne ja Dritte bitten, ihm „Ausdrucke aus dem Internet“ zur Verfügung zu stellen (Aktenzeichen 1 Ws 507/15 und 508/15.).

Ex-Partner müssen intime Bilder löschen

Nach dem Ende einer Beziehung müssen intime Fotos gelöscht bzw. zurückgegeben werden. Das hat der Bundesgerichtshof nun abschließend entschieden.

Ein Fotograf hatte von seiner Partnerin Fotos und Filme gemacht, auch beim Sex. Die Frau war damit einverstanden. Nachdem die Beziehung in die Brüche ging, verlangte die Frau, dass der Fotograf die Fotos nicht verbreitet und überdies, dass er alle Bilder unwiderruflich löscht bzw. zurückgibt.

Im Prozess ging es nur noch darum, ob der Fotograf das Material für sich selbst behalten kann. Ein Verbot der Weitergabe hatte der Mann schon von sich aus akzeptiert. Der Bundesgerichtshof kommt nun zu dem Ergebnis, dass intime Aufnahmen nach dem Ende einer Beziehung auch bei fehlender Veröffentlichungsabsicht gelöscht werden müssen, wenn der Abgebildete dies verlangt.

Das ergebe sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, so das Gericht. Die Richter akzeptieren im wesentlichen die Auslegung der früher mit der Sache befassten Instanzen. Danach ist das Einverständnis für intime Aufnahmen im Normalfall zeitlich auf die Dauer der Beziehung begrenzt. Was bedeutet, dass der Abgebildete von seinem Partner die Löschung verlangen kann, wenn Schluss ist.

Dieses Recht erstreckt sich laut dem Urteil aber nicht auf Bilder, welche unverfängliche Alltags- oder Urlaubssituationen zeigen. Solche Aufnahmen der der Beklagte als Erinnerung behalten (Aktenzeichen VI ZR 271/14).

Die Gewinner

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Hier die Gewinner:

No-L
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Der Journalist
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FEICKE 12 Wecker-k

Die Gewinner werden nachher eine Mail erhalten, damit sie mir ihre Adresse durchgeben können. Viel Spaß mit dem Buch. Allen anderen herzlichen Dank fürs Mitmachen.

Auch Kunden müssen von Werbung verschont werden

Unternehmen, die ihren Kunden bei E-Mail-Kontakt auch noch ungefragt Werbebotschaften übermitteln, werden womöglich umdenken müssen. Der Bundesgerichtshof hat einer Versicherung untersagt, an Kundenmails ohne Einverständnis des Empfängers Werbebotschaften anzuhängen – so wie das häufig Praxis ist.

Es ging um einen Versicherten, der seinen Vertrag gekündigt hatte. In der – automatisierten – Eingangsbestätigung der Mail warb die Versicherung für eine von ihr angebotene iPhone-App. Als der Kunde antwortete, er habe keiner Werbung zugestimmt und wünsche diese auch nicht, erhielt er – natürlich – wieder die gleiche Botschaft. Das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt gab dem Kläger Recht (Bericht), das Landgericht Stuttgart hielt die Werbung dagegen für zulässig (Bericht).

Der Bundesgerichtshof entschied nun ebenso wie die erste Instanz, worüber sich der betreffende Amtsrichter und alle Werbemuffel freuen werden. Die Urteilsbegründung des Bundesgerichtshofs liegt noch nicht vor (Aktenzeichen VI ZR 134/15).

Redtube: Anwalt muss Schaden ersetzen

Opfer der Redtube-Abmahnungen können sich von Rechtsanwalt Thomas Urmann ihr Geld wiederholen, hat das Amtsgericht Regensburg entschieden. Die Abmahnungen im Namen der Firma The Archive AG seien eine vorsätzliche unerlaubte Handlung gewesen, für die der Rechtsanwalt persönlich hafte.

Der Empfänger einer Redtube-Abmahnung hatte 416 Euro aufgrund einer Honorarvereinbarung an seine Anwälte gezahlt, um die Abmahnung abzuwehren. Dieses Geld verlangte er jetzt von Urmann und dessen mittlerweile vom Markt verschwundener Anwaltsgesellschaft zurück. Zu Recht, meint das Amtsgericht. Aus den Umständen ergebe sich, dass Urmann klar gewesen sei, dass er mit seinen Abmahnungen ungerechtfertigte Ansprüche geltend macht.

Allerdings erhält der Kläger nur rund 200 Euro, das sind die gesetzlichen Gebühren. Interessant wird sicherlich noch, ob der mittlerweile nicht mehr als Rechtsanwalt zugelassene Thomas Urmann tatsächlich Schadensersatz leistet. Aber vielleicht zahlt ja auch seine Haftpflichtversicherung (Link zum Urteil).

Kein Anspruch auf Bilanz-Suizid

Wer aus dem Leben scheiden will, kann vom Staat keine Genehmigung zum Erwerb tödlicher Arzneimittel verlangen. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden. Ein Ehepaar hatte auf eine tödliche Dosis Natrium-Pentobarbital geklagt, um gemeinsam sterben zu können.

Die Kläger sind 78 und 71 Jahre alt. Obwohl sie nicht schwer oder gar tödlich erkrankt sind, leiden sie nach eigenen Angaben darunter, dass ihre körperlichen und geistigen Kräfte nachlassen. Sie wollten sich und ihren Angehörigen einen jahrelangen Verfall und qualvollen Tod ersparen. Ihr Wunsch sei zu respektieren, ein Recht auf ein selbstbestimmtes Ableben folge aus der unantastbaren Menschenwürde und den Menschenrechten.

Dem ist das Gericht nicht gefolgt. Die Richter sagen, eine Erlaubnis könne nur erteilt werden, wenn sie mit dem Zweck des Gesetzes, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen, vereinbar sei. Dies sei bei einer Erlaubnis zum Erwerb der tödlichen Substanz nicht der Fall.

Weder aus den Grundrechten noch aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergebe sich ein Recht auf eine entsprechende staatliche Erlaubnis. Das Gericht sieht sich in seiner Auffassung durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung durch den Deutschen Bundestag am 6.11.2015 bestätigt.

Das bei der Sterbehilfe oft verwendete Natrium-Pentobarbital führt in höheren Dosen zu einem tiefen Schlaf bzw. Koma und schließlich zum Atem- und Herstillstand. Die Betroffenen können gegen das Urteil Berufung einlegen (Aktenzeichen 7 K 14/15).

Wer braucht noch Aktenperlen?

Kleine Erinnerung: Hier im law blog gibt es noch bis morgen zehn lustige Bücher zu gewinnen. Es handelt sich um die neuesten „Aktenperlen“ mit Cartoons von Tim Oliver Feicke. Titel: „Wir sind hops, Bruderherz!“.

FEICKE 47 Aussageverweigerungsrecht-k

Als Kostprobe noch drei kurze Fundstücke, die der Autor zusammengetragen hat:

Aus einer Familienakte:

Im Übrigen wird beantragt, die Anträge des Antragstellers, was immer er auch beantragen will, zurück zu weisen.

Schreiben in einer Mietsache:

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss lege ich Rechtsmittel ein. Mein Anwalt wird sich kurzfristig dazu und zur Zwangsräumung äußern, da ich 3 Monate aus justiztechnischen Gründen nicht erreichbar war.

Brief an das Gericht:

Hiermit möchte ich das Verfahren gegen mich einstellen.

FEICKE 02 Fahrrad-k

Wer (noch) mitmachen will, hinterlässt bitte einen Kommentar mit gültiger E-Mail-Adresse. Mehr Kleingedrucktes steht hier.

Bayern macht MPU zum Regelfall

Verurteilte Alkoholsünder müssen in Bayern ab sofort damit rechnen, dass ihre Fahrerlaubnis erst nach einer MPU („Idiotentest“) wiederbekommen. Bisher ist eine MPU erst ab 1,6 Promille der Regelfall. Hiervon rückt der Verwaltungsgerichtshof München nun komplett ab.

In einem jetzt veröffentlichten umfangreichen Grundsatzbeschluss vom 17. November 2015 heißt es, jede strafgerichtliche Entziehung der Fahrerlaubnis führe dazu, dass die Führerscheinstelle eine Begutachtung anzuordnen hat. Das kann in der Praxis bedeuten, dass Autofahrer schon dann zur MPU müssen, wenn sie deutlich unter der bisherigen 1,6-Prommille-Grenze auffällig geworden sind. Im Extremfall, zum Beispiel bei Ausfallerscheinungen, können jetzt möglicherweise schon 0,3 Promille für eine MPU reichen, sofern es zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis kommt.

Das Gericht hat die Revision zugelassen (Aktenzeichen 11 BV 14.2738).

Falsche Ansprechpartner

Aus dem Polizeibericht vom 13. Dezember 2015:

Als „unglücklich gelaufen“, kann man wohl das Verhalten eines 23-Jährigen bezeichnen, der am Freitag zwei Zivilpolizisten am Autohof Himmelkron um Feuer für seinen Joint bat.

Der 23-jährige Berliner war am Freitagmittag als Mitreisender in einem Fernreisebus auf der Autobahn in Richtung München unterwegs. Die Fahrtunterbrechung am Autohof in Himmelkron wollte der Fahrgast nutzen, um seinen Joint zu rauchen. Da er kein Feuerzeug dabei hatte, sprach er zwei Männer an und bat um Feuer.

Dummerweise handelte es sich dabei um zwei Zivilfahnder der Verkehrspolizei Bayreuth, die gerade das Areal bestreiften. Die Beamten stellten das Rauschgift schließlich sicher und zeigten den Berliner wegen des Betäubungsmittelverstoßes an. Anschließend konnte der 23-Jährige seine Fahrt fortsetzen.

Nicht mal What’s App ist eine rechtsfreie Zone

Ausgerechnet den Klassenchat auf What’s App nutzte ein 14-Jähriger, um seine Schulleiterin ordentlich runterzuputzen. Die Schule schloss den Schüler daraufhin 15 Tage vom Unterricht aus. Zu Recht, befand nun das Verwaltungsgericht Stuttgart in einem Eilverfahren.

Der Junge hatte unter anderem geschrieben: „Fr v muss man schlagen“, „Ich schwör Fr v soll weg die foatze“ und „ja ich weis gebe ich auch zu aber nicht das ich sie umbringen möchte. Außerdem soll er am 13. November gegenüber einem Mitschüler gesagt haben: „Die kleine Hure soll sich abstechen.“

Die Richter sehen in den Äußerungen ein schweres und wiederholtes Fehlverhalten, das die Persönlichkeitsrechte der Lehrerin verletze und den Schulfrieden störe. So etwas müsse eine Schule nicht hinnehmen, zumal der Betroffene schon vor einigen Monaten eine Pausenaufsicht als „Hurenfotze“ beschimpft hatte und dafür ebenfalls eine Freistellung vom Unterricht kassierte.

Zum Schutz des Schulfriedens sei es auch in Ordnung, wenn die Schule gleichzeitig mit dem Rauswurf drohe. Dass der Schüler die Beleidigungen gar nicht geschrieben haben wollte, überzeugte die Richter nicht. Es sei „fernliegend“, dass die vorgelegten Einträge nicht vom 14-Jährigen stammen (Aktenzeichen 12 K 5587/15).