Zoophile unterliegen vor Gericht

Sexuelle Handlungen mit Tieren werden in Deutschland auch weiter verfolgt. Die Verfassungsbeschwerde von zwei Betroffenen blieb erfolglos, die sich gegen § 3 S. 1 Nr. 13 TierSchG (Tierschutzgesetz) gewehrt haben. Die Vorschrift untersagt, „ein Tier für eigene sexuelle Handlungen zu nutzen oder für sexuelle Handlungen Dritter abzurichten oder zur Verfügung zu stellen und dadurch zu artwidrigem Verhalten zu zwingen“.

Die Beschwerdeführer fühlen sich sexuell zu Tieren hingezogen, sogenannte Zoophilie. Die entsprechende Verbotsnorm hindere sie in ihrer freien Entfaltung der Persönlichkeit, argumentierten sie vor dem Verfassungsgericht. Allerdings fanden sie damit kein Gehör.

Die Norm ist nach Auffassung der Richter nicht unklar. Das Erfordernis des „Zwingens zu einer sexuellen Handlung“ sei in etwa gleichzusetzen mit der Anwendung körperlicher Gewalt, im Gegensatz zu einem noch erlaubten „Abverlangen“. Woraus man unabhängig von der künftigen Auslegung durch die Gerichte der unteren Instanzen schon mal entnehmen kann, dass also nicht unbedingt jede sexuelle Handlung mit einem Tier verfolgt wird. Vielmehr sind sexuelle Kontakte mit Tieren, bei denen kein Zwang ausgeübt wird, nach wie vor erlaubt. Und das auch dann, wenn die Handlung „artwidrig“ ist.

Gegen den so definierten Tierschutz ist laut dem Verfassungsgericht aber grundsätzlich nichts einzuwenden. „Der Schutz des Wohlbefindens von Tieren durch einen Schutz vor artwidrigen sexuellen Übergriffen ist ein legitimes Ziel“, heißt es in dem Beschluss. Das sexuelle Selbestimmungsrecht der Zoophilen müsse hier zurückstehen.

Überschriften wie „Sodomie bleibt strafbar“, die man heute lesen kann, sind übrigens schlicht falsch. Es handelt sich um einen Bußgeld- und nicht um einen Straftatbestand. Das Bußgeld kann bis zu 25.000 Euro betragen.

Keine Drohnenflüge über Nachbars Garten

Das Amtsgericht Potsdam hat dem Besitzer einer Flugdrohne verboten, sein „Spielzeug“ über dem Grundstück eines Nachbarn schweben zu lassen. Die Lebensgefährtin des Klägers hatte sich beim Sonnenbad im Garten von der Drohne beobachtet gefühlt.

Das Amtsgericht Potsdam sieht den Garten eines Wohngrundstücks als typischen Rückzugsort des jeweiligen Nutzers, weshalb Beobachtungen anderer Personen als Ausspähung das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen. Das gelte jedenfalls für Drohnen, die – wie das Fluggerät des Beklagten – mit Kameras ausgestattet sind und den fraglichen Luftraum nicht nur mehr oder weniger zufällig und noch dazu kurz überfliegen.

In dem Fall hatte der Beklagte die Drohne länger über dem Grundstück und der Nachbarin kreisen lassen (Aktenzeichen 37 C 454/13).

Schnuffelig

Heute kam, so kurz nach dem Valentinstag, die schnuffeligste Behördenpost aller Zeiten. Vom Amtsgericht Essen.

AG Essen 2

AG Essen 1

Es waren zur allgemeinen Enttäuschung aber doch nur Gerichtsakten drin, die wir jetzt einsehen dürfen.

Flugtickets: Vorkasse ist erlaubt

Fluggesellschaften dürfen schon bei Buchung den vollen Ticketpreis verlangen – auch wenn der Flug erst viel später stattfindet. Der Bundesgerichtshof billigt mit einer Grundsatzentscheidung die Vorauszahlungspraxis der allermeisten Airlines.

Die Verbraucherzentrale NRW hatte einige Fluggesellschaften wegen der 100-prozentigen Vorleistungspflicht des Ticketkäufers verklagt. Nach Auffassung der Verbraucherschützer ist es rechtswidrig, wenn vom Kunden mehr als eine etwa 20-prozentige Anzahlung verlangt wird. Der gesamte Flugpreis dürfe frühestens 30 Tage vor Abflug fällig werden.

Der Bundesgerichtshof sieht das anders. Die Klauseln würden Verbraucher nicht unzulässig benachteiligen. Zwar könnten die Kunden im Fall von Leistungsstörungen den Ticketpreis nicht mehr zurückhalten. Aber das spiele praktisch keine Rolle, weil die Kunden ja normalerweise ohnehin erst kurz vor dem Abflug erfahren, dass es Probleme gibt. Überdies seien Kunden durch die dichte Regulierung des Flugverkehrs abgesichert, dadurch sinke auch das Insolvenzrisiko von Flugfirmen. Im Falle von Flugverspätungen gebe es ohnehin feste Entschädigungssätze.

Wichtig war für den Bundesgerichtshof, dass Deutschland keine Extrawürste brät. Die Richter verweisen darauf, dass die IATA-Regeln praktisch weltweit gelten. Es sei auch im Allgemeininteresse, dass die Fluggesellschaften international mit gleichen Standards arbeiten können (Aktenzeichen X ZR 97/14; X ZR 98/14; X ZR 5/15).

Erschwerte Bedingungen

Anrufnotiz:

Frau G., Deutsche Bank, ruft später noch einmal an. Sie braucht eine aktuelle Forderungsaufstellung sowie eine Info zur Bankverbindung für Zahlungen in der Pfändungssache F. Da sie von einer Hotline angerufen hat, durfte sie mir angeblich keine Rückrufnummer nennen. Auch sei eine Kontaktaufnahme per E-Mail nicht möglich. Eine Postadresse oder Faxnummer wollte sie auch nicht hinterlassen. Sie wird sich deshalb wieder telefonisch melden.

So kann man natürlich auch arbeiten.

Ein Schriftsatz geht „zurück“

Nicht jeder Schriftsatz muss auch so richtig bei Gericht eingereicht werden, damit er wirkt. Habe ich heute erlebt. Es ging darum, dass mein Mandant wegen eines sogenannten Zufallsfundes in seiner Wohnung angeklagt wurde. Auslöser der Hausdurchsuchung war ein Bagatellvorwurf, der der sich später als völlig unbegründet erwies. Angeklagt wurde der Mandant dann wegen Gras, das sich bei der Durchsuchung in seiner Wohnung fand.

Nun war es nach meiner Meinung so, dass die Durchsuchung niemals hätte stattfinden dürfen. Denn es gab zwar einen Anfangsverdacht auf eine Straftat, aber keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass mein Mandant diese Straftat begangen haben könnte. Auf ihn kamen die Behörden nur, indem sie auf geradezu abenteuerliche Art und Weise kombinierten und spekulierten, wer wohl gewisse E-Mail-Accounts angelegt und genutzt haben könnte.

Die ganze „Beweiskette“ basierte vornehmlich auf sekundären Kontaktadressen, die manche Provider bei der Anlage eines Mailaccounts abfragen, die sie aber – ebenso wie die sonstigen Kontaktdaten – nie validieren. Was zu Folge hat, dass man da halt reinschreiben kann, was man will.

Das Ganze wurde holprig über vier Ecken zurückverfolgt. Und am Ende fand sich dann ein Skype-Account, bei dem die letzte hinterlegte E-Mail-Adresse zu einer der Kontaktadresse auf Stufe X passte. Der Inhaber des Skype-Accounts war dummerweise mein Mandant.

Kurz gesagt: Ein für eine Durchsuchung ausreichender Anfangsverdacht bestand gegen meinen Mandanten nie und nimmer, und verhältnismäßig war die Sache sowieso nicht. Das musste das nun für das Gras zuständige Gericht nicht unbedingt wissen, denn das Ausgangsverfahren lief in Bayern. Der Richterin, die sich hier mit den zufällig gefundenen Drogen beschäftigen musste, lag nur der Durchsuchungsbeschluss aus der anderen Sache vor.

Deshalb fasste ich vor dem Verhandlungstermin die Sache noch mal schriftlich zusammen und kündigte schriftlich an, dass ich ein Verwertungsverbot geltend machen werde. Klingt erst mal gut, aber leider ist das mit Verwertungsverboten bei uns so eine Sache. In der Regel sagen die Gerichte bei uns, das Strafverfolgungsinteresse des Staates ist wichtiger als mögliche Ermittlungsfehler. Das war es dann mit dem Verwertungsverbot.

Ich war heute einige Minuten vorher da. Richterin und Staatsanwalt auch. Nach kurzer informeller Erörterung reichte mir die Richterin meinen Schriftsatz zurück mit den Worten: „Schauen wir doch erst mal, ob wir das wirklich diskutieren müssen. Dann können Sie mir das Papier ja wieder geben.“

Dazu kam es dann nicht. Denn der Weg war offen für eine sinnvolle Verständigung und ein mildes Urteil. Auch der Mandant meint, dass er damit nach den nun mal gegebenen Umständen besser leben kann, als mit einem langen juristischen Kampf für ein Verwertungsverbot, bei dem die Erfolgsaussichten leider Gottes extrem bescheiden sind.

Bitte alles angeben

Aus einem Schreiben der Staatsanwaltschaft:

Einer eventuellen Verteidigungsschrift unter Benennung der nach Angaben des Beschuldigten ihm unbekannten Täter wird binnen 2 Wochen entgegengesehen. Der Beschuldigte mag ggf. die vollständigen Personalien der unbekannten Täter angeben.

Der Brief trägt das Datum vom Karnevalsdienstag. Vielleicht ist das eine Erklärung.

Karnevalspause

Die Karnevalstage nutze ich für eine kleine Pause. Das gilt auch fürs law blog.

Am Donnerstag, 11. Februar, geht es weiter. Bis dahin allen Lesern viel Spaß, ob mit oder ohne Karneval.

Auf Einreisende darf nicht geschossen werden

Dass führende AfD-Leute Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge als Option überhaupt andenken, sorgt für große Aufregung. Hier mal ein paar Anmerkungen zu den rechtlichen Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch.

Für die Bundespolizei, welche ja vorrangig die Grenzen absichert, gilt das „Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG)“. Man kann es sich hier anschauen. Das Gesetz enthält auch recht klare Klauseln zur Frage, ob im Grenzdienst Waffen gegen Minderjährige eingesetzt werden können (§ 12 Abs. 3) und wie die Verhältnismäßigkeit zu wahren ist (§ 4), nämlich immer.

Aber zum Kernthema dieses Beitrags:

§ 11 gestattet es Grenzpolizisten über die normalen Polizeibefugnisse des § 10 (z.B. Verbrechensverhinderung, Ergreifen Flüchtiger), Schußwaffen gegen Personen zu „gebrauchen, die sich der wiederholten Weisung, zu halten oder die Überprüfung ihrer Person oder der etwa mitgeführten Beförderungsmittel und Gegenstände zu dulden, durch die Flucht zu entziehen versuchen.“

Wenn man diesen Paragrafen mal genau liest, passt er jedenfalls nicht exakt auf das momentan wohl die Gemüter erhitzende Szenario, dass die Grenzpolizei Menschen bzw. Menschenmassen mit Schüssen an der Einreise in die Bundesrepublik zu hindern versucht. Flüchtlinge, die an der Grenze trotz gegenteiliger Aufforderung durch die Polizei die Bundesrepublik betreten, werden sich kaum der Überprüfung ihrer Person oder ihrer Habe entziehen wollen. Sie wollen ja im Zweifel nur das Land betreten, sich dann aber nicht den behördlichen Kontrollen entziehen. In der Regel werden sie auch nicht „flüchten“, warum auch, sie wollen ja eigentlich bleiben, und das in aller Regel möglichst legal.

Bleibt also nur die Frage, ob Flüchtlinge mit der vom Gesetz erwähnten Weigerung, auf Weisung der Polizei zu „halten“, den Schusswaffengebrauch auslösen können. Ob damit wirklich die Außensicherung der Grenzen in dem Sinne gemeint ist, dass Grenzpolizisten Schüsse androhen dürfen, wenn Menschen nicht auf der anderen Seite der Grenze bleiben wollen, wage ich zu bezweifeln. Und das schon deshalb, weil die illegale Einreise nach Deutschland „nur“ ein Vergehenstatbestand ist, und auch das nur, so lange der Betroffene keinen Asylantrag stellt. Aber selbst ein Straftatbestand wird allenfalls von der Staatsanwaltschaft verfolgt und möglicherweise auch geahndet, und zwar von den Strafgerichten. Jedenfalls aber nicht durch rumballernde Bundespolizisten vor Ort.

Ob mit „halten“ wirklich „vor der Grenze anhalten“ gemeint ist, kann aber sogar offenbleiben. Denn jedenfalls ist auch hier das tatbestandliche Erfordernis, dass sich Flüchtlinge „durch die Flucht zu entziehen zu versuchen“, ja gerade nicht gegeben. Zu der Einreise müsste nämlich auch hier noch der Fluchtwille nach der Einreise kommen. Doch den wird man bei Flüchtlingen ja gerade nicht haben. Die Flüchtlinge werden nämlich im Zweifel anhalten, nachdem sie in Deutschland sind.

Der Schusswaffengebrauch gegen Flüchtlinge, die sozusagen unser Land „stürmen“ und nicht anders an der möglicherweise illegalen Einreise mehr gehindert werden können, wäre also nach dem Gesetz gerade nicht legitimiert.