Es sind noch Freisprüche da

Mit einer Richterin habe ich heute einen Verhandlungstermin abgesprochen. Für den 3.1., 8.30 Uhr.

„Ich hoffe, dass die bekannte Weihnachtsmilde zu dem Zeitpunkt noch etwas anhält“, sagte ich. „Ach, das ist meine erste Sitzung im neuen Jahr. Da sind noch jede Menge Freisprüche und Einstellungen drin, was die Quote halt so hergibt.“

Das mit der Quote war natürlich ein Scherz. Ich bin trotzdem guter Dinge.

Die Anwaltsrobe bleibt namenlos

Die Anwaltsrobe bleibt als „Werbefläche“ tabu. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden, siehe auch diesen Bericht im law blog. Der Kölner Anwalt Dr. Martin Riemer wollte auf seine Anwaltsrobe seinen Namen und die Internetadresse seiner Kanzlei drucken. Das hat ihm die Anwaltskammer aber untersagt.

Nun liegt die schriftliche Urteilsbegründung vor. Man kann sich also nun selbst ein Bild davon machen, welch unglaublich wichtige Funktion die Anwaltsrobe selbst heute noch haben soll.

Der in letzter Instanz unterlegene Kollege Dr. Riemer sucht seine Zuflucht in einer ersten Stellungnahme im Humor:

Das alles wäre wirklich etwas für einen Loriot-Sketch gewesen, die Rechtsanwälte Müller-Lüdenscheidt und Dr. Klöbner nicht in der Badewanne, sondern im Gerichtssaal: Die Robe bleibt draußen.

In der Sache kritisiert Riemer vor allem, dass der Bundesgerichtshof argumentativ zwar alle Register zieht. Aber elegant die Frage umgeht, ob die gesetzliche Regelung, wonach Anwaltswerbung nur zulässig ist, wenn sie sachlich ist, heute tatsächlich noch Bestand haben kann. Riemer verweist beispielsweise auf die weitaus laxere Berufsordnugn der Wirtschaftsprüfer, die lediglich „unlautere“ Werbung untersagt.

Berufsrechtlich wohl weniger problematisch wäre vielleicht die Fachanwaltsrobe (Bericht aus dem Jahr 2014). Bislang habe ich allerdings noch niemanden gesehen, der so ein Teil im Gerichtssaal trägt.

Notorische Falschparker riskieren Führerschein

Schlechte Nachrichten für notorische Falschparker, die sich Strafzettel problemlos leisten können. Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden, dass bei beharrlichen Parkverstößen die Fahrerlaubnis entzogen werden kann – und zwar unabhängig vom Punktestand in der Flensburger Verkehrssünderkartei.

Das Auto des Betroffenen war zwischen Januar 2014 und Januar 2016 in Berlin 83-mal falsch geparkt; außerdem gab es fünf weitere Ordnungswidrigkeiten. Daraufhin entzog das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten dem Mann sofort vollziehbar die Fahrerlaubnis. Dieser hatte sich geweigert, seine Fahrtauglichkeit durch ein ein Gutachten (MPU) überprüfen zu lassen.

Durch dauerndes Falschparken zeigt ein Autofahrer nach Auffassung der Richter, dass ihm die Farheignung fehlt. Der Betreffende dokumentiere durch sein Verhalten, dass er nicht willens sei, „die im Interesse eines geordneten, leichten und ungefährdeten Verkehrs geschaffenen Ordnungsvorschriften einzuhalten“. Der Mann wandte ein, meist habe seine Frau falsch geparkt. Das lassen die Richter nicht gelten. Wer nichts dagegen unternehme, dass andere Personen mit seinem Auto ständig falsch parken, zeige auch dadurch einen charakterlichen Mangel (Aktenzeichen 11 K L 432.16).

Rechnungshof prüft Bundesrichter

Der Bundesrechnungshof hat mal ganz oben in der Justiz angeklopft. Beim Bundesgerichtshof nämlich. Dort wollte man prüfen, in welchem Umfang Bundesrichter außerhalb ihres eigentlichen Amtes tätig sind.

Heraus kam wenig Überraschendes: Bundesrichter sind so stark mit Nebentätigkeiten eingespannt, dass der Rechnungshof Gefahren für die Leistungsfähigkeit der Senate sieht. Die klare Empfehlung soll lauten, Nebentätigkeiten nicht mehr so großzügig zu genehmigen wie bisher, berichtet die Legal Tribune Online.

Ganz einfach scheint die Prüfung nicht gewesen zu sein. Die betroffenen Richter haben sich der Herausgabe ihrer Personalakten an den Rechnungshof widersetzt. Mein Tipp an den Rechnungshof wäre, einfach mal die Kataloge juristischer Seminaranbieter zu wälzen. Man könnte dort recht einfach rausschreiben, auf wie vielen Fortbildungsveranstaltungen so mancher Bundesrichter an Werktagen doziert, und zwar mitunter fließbandmäßig immer zum selben Thema. Da dürften ganz beachtliche Zeiten zusammenkommen, für die der Richter definitiv ausfällt.

Der abschließende Prüfbericht des Rechnungshofs wurde als vertraulich eingestuft. Der Bundesgerichtshof soll lediglich erklärt haben, er nehme das Ergebnis zur Kenntnis und werde den Umsetzungsbedarf „sorgfältig und aufgeschlossen auswerten“.

Ein alter Mann ist – ein alter Mann

Wer einen alten Mann einen alten Mann nennt, äußert noch keine strafbare Beleidigung. So sieht es zumindest das Oberlandesgericht Hamm. Die Richter hoben ein Urteil des Landgerichts Dortmund teilweise auf.

Der Angeklagte hatte sein Opfer nicht nur vermöbelt (dafür wurde er wegen Körperverletzung verurteilt), sondern auch als „alten Mann“ bezeichnet. Da das Opfer Jahrgang 1957 ist, vermochte das Oberlandesgericht hierin keine Beleidigung zu erkennen.

Eine Tatsachenbehauptung – Beweis: Lebensalter des Geschädigten – sei nur dann beleidigend, wenn sich aus besonderen Umständen ergebe, dass hiermit eine gezielte Herabwürdigung zum Ausdruck gebracht wird. Hierzu hatte die Vorinstanz lediglich festgestellt, der Angeklagte habe seine Äußerung „abfällig“ gemeint. Das sei aber lediglich eine Wertung. Hierauf könne ein Strafurteil nicht gestützt werden (Aktenzeichen 1 RVs 67/16).