Lesen als „Strafe“

Mal ein Buch lesen – das hat sicher noch niemandem geschadet. Genau das denken sich in München auch Jugendrichter. So verdonnerte eine Richterin jetzt einen 19-Jährigen zu 20 Stunden Lektüre. Der junge Mann war wiederholt aufgefallen, weil das Nummernschild an seinem Motorrad falsch befestigt und damit nur schwer zu entziffern war. Also keine großartige Sache.

Aber sicher eine für die „Leseweisung“. Die Leseweisung ist – an sich bundesweit – möglich, weil das Jugendgerichtsgesetz dem Richter einen weiten Spielraum eröffnet. Er kann entscheiden, welche „Erziehungsmaßregeln“ oder „Zuchtmittel“ er für erforderlich hält. Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt.

Die Leseweisung in dem jetzt vom Amtsgericht München veröffentlichten Fall bedeutet aber nicht, dass der Angeklagte jetzt zu Hause sitzt und so tut, als würde er ein Buch lesen. Stattdessen muss der Betroffene an einem Projekt der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München teilnehmen. Dort bekommt er zwei bis acht Termine und wird von Studenten betreut. Diese suchen mit ihm geeignete Lektüre aus.

Am Ende wird der Erfolg über eine Ausarbeitung kontrolliert, die der Angeklagte vorlegen muss (wobei das Ergebnis auch ein Plakat, eine Kurzgeschichte oder ein Rap sein). „Zum Teil lesen Jugendliche erstmals ein Buch vollständig“, heißt es in dieser Präsentation des Projekts.

Also, ich finde es gut (Aktenzeichen 1022 Ds 463 Js 134042/17 jug).