Auch der Islamische Staat kann betrogen werden

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs klingt erst mal reichlich skurril: Die Richter bestätigen die Verurteilung eines Mannes zu einer Haftstrafe von zwei Jahren, weil dieser die Terrororganisation Islamischer Staat betrügen wollte. Über Mittelsmänner wollte er sich vom IS 180.000 Euro besorgen, angeblich um in Deutschland Terroranschläge mit Autos zu verüben, die mit Sprengstoff beladen sein sollten.

Tatsächlich wollte der Angeklagte aber gar keine Terroranschläge verüben, sondern das Geld für sich behalten. Angeblich litt er unter Geldnot. Das Landgericht Saarbrücken verurteilte den Mann wegen versuchten Betruges am Islamischen Staat. Dies hat der Bundesgerichtshof jetzt bestätigt. Die Richter hielten offensichtlich nicht viel von dem Argument des Verteidigers, eine Terrorganisation könne man nicht betrügen, denn deren Vermögen sei ja nicht schützenswert (Bericht zur Vorgeschichte).

Dabei klingt das auf den ersten Blick zumindest nachvollziehbar. Wäre es denn besser gewesen, wenn der Mann tatsächlich Anschläge geplant und „ordnungsgemäß“ durchgeführt hätte – und wenn das Geld dafür auch noch geflossen wäre? Natürlich nicht, aber juristisch blieb dem Landgericht Saarbrücken und auch dem Bundesgerichtshof eigentlich gar kein großer Spielraum, anders zu entscheiden.

Hintergrund ist ganz einfach, dass man bei geschützten Rechtsgütern im Strafrecht eben nicht nach Gut und Böse unterscheiden kann. Jedenfalls nicht, so lange man der Willkür nicht Tür und Tor öffnen will. Auf kleinerer Flamme stellen sich immer wieder solche Probleme. Beispiel: Darf man einen Räuber freisprechen, weil der „nur“ einen Drogendealer beraubt hat?

Wenn man allgemein geschützten Rechtsgütern, also hier dem Vermögen, im Einzelfall den Schutz entzöge, würde das im vorliegenden Fall zwar den Islamischen Staat (mehr oder weniger spürbar) treffen. Aber für den Rechtsstaat wäre kaum was gewonnen. Im Gegenteil: Der Staat würde nicht nur Kriminalität legitimieren, sondern auch Selbstjustiz dulden. Das aber wäre so was wie Selbstmord durch die Hintertür; dem IS wäre das vermutlich sogar recht.

Der Angeklagte kann sich dennoch ein wenig freuen. Die Staatsanwaltschaft wollte ihn nämlich wegen Vorbereitung von Terrortaten verurteilt und für mindestens zehn Jahre im Gefängnis sehen (Aktenzeichen 5 StR 595/17).