Gegenüber dem Amt gab der Mann auf Rückfrage an, sein Schicksal könne nur erahnen, wer eine EMW-Attacke persönlich erlebt und überlebt habe. Der Sachbearbeiter beim Straßenverkehrsamt gehöre offensichtlich nicht dazu. Dies alles quittierte die Behörde mit einer MPU-Anordnung, weil der Mann möglicherweise psychisch krank sei.
Vor dem Verwaltungsgericht Gießen konnte der Aluhut-Träger sogar einen Erfolg verbuchen. Das Gericht meinte, „abwegige“ Äußerungen und verschrobenes Verhalten seien allein kein Grund, an der Fahreignung zu zweifeln. Auch angebliche Fahrfehler des Mannes, dem die Polizei nach der Kontrolle ein Stück hinterher fuhr, könnten auf seine Nervosität zurückzuführen sein.
Die nächste Instanz bewertet den Fall aber etwas anders. Die Richter am Verwaltungsgerichtshof Hessen setzten die vorläufige Führerscheinentziehung wieder in Kraft. Dabei hielten sie dem Mann vor, er habe bei der Polizeikontrolle angeblich seinen Wohnort mit dem „Tatort“ verwechselt. Eine abschließende Entscheidung ist noch nicht bekannt (Aktenzeichen 6 K 2554/22 GI).
]]>Die Journalistin und Transfrau hatte auf X dazu aufgerufen, den Deutschen Frauenrat gegen negative Kommentare zu unterstützen. Dort tummelten sich ihrer Meinung nach zu viele #TERFs. Ihre Kontrahentin reagierte mit lachenden Smileys und dem Hinweis „times changed! #DubistEinMann“.
Das Gericht sieht in der Verwendung eines Hashtags schon keine „direkte persönliche Ansprache“, sondern eine verallgemeinernde, an jede Transfrau gerichtete Aussage. Schon deswegen sei nicht erkennbar, dass die Journalistin „losgelöst vom Inhalt ihres Posts abseits der Sachdebatte“ herabgewürdigt und diffamiert werden sollte.
Dabei berücksichtigt das Gericht auch, dass sich die Journalistin selbst als „Aktivistin“ immer wieder in die Öffentlichkeit begeben hat, indem sie ihr eigenes Geschlecht und die Selbstbestimmungsdebatte zum Thema machte. Die Journalistin zog ihren Antrag letztlich zurück (Aktenzeichen 16 U 95/23).
]]>Der mutmaßliche Mörder der 17-jährigen Friederike M. war 1983 rechtskräftig freigesprochen worden. 2012 tauchten erneute Spuren auf, jedoch konnte er wegen des Verbots der Doppelverfolgung nicht erneut angeklagt werden. Das änderte sich mit der Gesetzesreform. Schon der Bundespräsident unterschrieb das Gesetz nur mit Bedenken. Das Bundesverfassungsgericht setzte den mittlerweile ergangenen Haftbefehl gegen den Verdächtigen Ende 2022 außer Vollzug.
Nun stellt Karlsruhe klar, ein Freispruch ist ein Freispruch. Rechtssicherheit sei wichtiger als das Prinzip der materiellen Gerechtigkeit, heißt es in dem Beschluss. Das Verbot der Doppelverfolgung nach Art. 103 Grundgesetz sei „abwägungsfest“ (Aktenzeichen 2 BvR 900/22).
]]>Clever fit ist mittlerweile eine Größe auf dem Fitnessmarkt. Nach eigenen Angaben zählen 500 Studios zu der Kette. teilte seinen Kunden die Preiserhöhung lediglich mit. Ihr Einverständnis sollten die Kunden dadurch erklären, dass sie das Drehkreuz am Eingang passieren. Aber so eine „Reaktion“ des Kunden kann kaum als Zustimmung zu einer Vertragsänderung angesehen werden. Immerhin haben die Kunden faktisch keine Wahl, so die Verbraucherzentrale: „Entweder die Kunden passieren das Drehkreuz am Eingang und stimmen damit der Preiserhöhung zu. Oder sie dürfen nicht mehr ins Studio, obwohl sie dafür gezahlt haben.“
Clever fit muss seine Kunden nun zu einem rechtsverbindlichen Einverständnis bewegen, etwa durch eine Mail. Natürlich kann es für Kunden auch nicht schaden, die Kontoauszüge zu kontrollieren.
]]>Eine Verwaltungsangestellte im Krankenhaus machte einen positiven PCR-Test. Darauf ordnete das Gesundheitsamt Quarantäne an. Allerdings ließ sich die Frau nicht vom Arzt krankschreiben, sie fühlte sich nach eigenen Angaben auch nicht arbeitsunfähig. Die behördliche Anordnung ersetzt nach Auffassung der Richter die Krankschreibung. Man könne auch krank sein, ohne sich krank zu fühlen oder Symptome zu zeigen. Auch die vom Gesetz für eine Quarantäne vorgesehenen Entschädigungen ändern laut dem Urteil nichts an der Lohnfortzahlungspflicht für den Arbeitgeber (Aktenzeichen 4 Sa 39 öD/23).
]]>Das Landratsamt Konstanz hatte den betreffenden drei Bürgern mit einem Zwangsgeld gedroht, wenn sie die als unzulässig eingestuften Schilder aufstellen. Dagegen wehrten sich die Betroffenen mit einer negativen Feststellungsklage.
Das Verwaltungsgericht Freiburg wies die Klagen ab, allerdings aus formalen Gründen wegen der Nachrangigkeit von Feststellungsklagen. Die Deutsche Umwelthilfe will keinesfalls aufgeben. Sie strebt ein „Grundsatzurteil“ an (Aktenzeichen 6 K 1866/22).
]]>Die Verfolgung von Wildpinklern wird von den Ordnungsämtern bekanntlich sehr ernst genommen. Manche Kommunen haben das Maximal-Bußgeld auf 5.000 Euro hochgeschraubt, üblicherweise werden für „normale“ Fälle zwischen 30 und 150 Euro berechnet. Grundlage für das Bußgeld sind meist die Ortssatzungen. Es gibt aber auch den Tatbestand der groben Ungehörigkeit (§ 118 Ordnungwidrigkeitengesetz).
Das Amtsgericht Lübeck sieht in dem konkreten Fall keinen Grund für ein Bußgeld. Außer den Freunden des Mannes seien nur die drei Mitarbeiter des Ordnungsamtes in der Nähe gewesen. Diese waren aber erst erkennbar, als sie nach Tatbegehung ihre Taschenlampen aufleuchten ließen.
Von Belästigung Dritter also keine Spur, so das Gericht. Auch eine Verschmutzung der Ostsee sei ausgeschlossen, denn diese enthalte 21.631 Kubikkilometer Brackwasser. Schon der Verdünnungseffekt tue das Seine.
Der Richter bezieht sich zum Abschluss seines Urteils auch noch die allgemeine Handlungsfreiheit des Grundgesetzes sowie die „naturrechtlich verankerte menschliche Willensbetätigung“. Sein Fazit: „Der Mensch hat unter den Weiten des Himmelszeltes nicht mindere Rechte als das Reh im Wald, der Hase auf dem Feld oder die Robbe im Spülsaum der Ostsee.“
Zum Präzedenzfall für Wildpinkler im Stadtgebiet wird sich die Entscheidung somit kaum entwickeln (Aktenzeichen 83a OWi 739 Js 4140/23 jug.).
]]>Wenn ihr euch das bildlich nicht vorstellen könnt, klickt bitte auf den verlinkten Modebericht und schaut euch die Kreationen an. Die Firma Namilia, bekannt für provokante Damenkleidung, erklärte ihre Kreationen zur sozialkritischen Message. Es sei bekannt, dass Frauen sich solche Handtaschen von ihren Sugar Daddys schenken ließen.
Das Landgericht sah darin vom Grundgesetz geschützte Kunst, nämlich ein „Spiel zwischen primitiver Direktheit und ultimativen Luxusgütern“. Die Modelle zeigten die Problematik in „aufreizender und lasziver Art“, das Ganze bewege sich virtuos „an der Grenze zu Kitsch und Geschmacklosigkeit“.
Dennoch werde Hermés weder verunglimpft noch herabgesetzt. Vielmehr seien die Handtasche lediglich ein „gesellschaftlich angestrebter Bezugspunkt von Luxusgütern“. Die Anlehnung an die Luxushandtasche sei dabei „nur ein Teil der gesamten Inszenierung“.
Kunstfreiheit schlägt demnach Markenrecht, so das Urteil.
]]>Die Bilder waren in der Dokumentation „Lebensretter hautnah – Wenn jede Sekunde zählt“ zu sehen. Die Richter am Verwaltungsgericht schauten sich die Sendung an. Ergebnis: Im Rahmen so eines Formats sei keine „den Achtungsanspruch des Menschen negierende Darstellung“ zu sehen. Es gehe um eine „realitätsnahe Dokumentation der Rettungskräfte“, nicht um Bloßstellung und Verletzung der Menschenwürde.
Die Landesmedienanstalt muss deshalb ihre Beanstandung zurücknehmen (Aktenzeichen 11 A 185/21).
]]>„In enger Abstimmung“ mit der Staatsanwaltschaft werde der Anfangsverdacht verneint, wurde der Legal Tribune Online (LTO) ausdrücklich bestätigt. Wieso noch nicht einmal ein Anfangsverdacht vorliege, wollte man den anfragenden Journalisten nicht konkret sagen. Oder konnte es womöglich nicht.
Man muss hier mal einen Schritt zurücktreten und sich folgendes klar machen: Bei der Frage des Anfangsverdachts geht es nicht darum, dass jemand vorverurteilt wird. Sondern nur um die Feststellung, dass Tatsachen vorliegen, welche eine Straftat als möglich erscheinen lassen. Der Anfangsverdacht ist im Strafverfahren die ganz kleine Münze. Er öffnet lediglich die Tür für weitere Ermittlungen. Ob sich ein Verdächtiger strafbar gemacht hat, wird später entschieden. Durch das Gericht, und zwar nach Anklageerhebung. Die Ermittlungen müssen in alle Richtungen offen sein, es kann natürlich auch zu einer Einstellung mangels Tatverdachts kommen.
Der Redakteur der LTO ist Volljurist, entsprechend groß ist sein höflich formuliertes Unverständnis über das Vorgehen der Berliner Behörden. Diese handeln, das formuliere jetzt ich so deutlich, augenscheinlich nach dem Motto: Klappe zu, Affe tot.
Eine Billigung von Straftaten ist auch durch schlüssiges Verhalten möglich, zum Beispiel durch das Schwenken der Palästina-Fahne oder eindeutige Gesänge. Der Zeitpunkt der Demonstrationen spricht im übrigen für sich. Es gibt aber auch genügend Videos in welchen sich die Betreffenden verbal eindeutig positionieren. Wie man das ernsthaft zu dieser Stunde ohne weitere Ermittlungen und durch ein schnelles Basta wegdiskutieren darf, erschließt sich mir nicht.
Möglicherweise verneinen die Strafverfolger den Straftatbestand, weil sie das Verhalten der Demonstranten nicht als geeignet ansehen, den öffentlichen Frieden zu stören. Auch das ist nämlich erforderlich. Wenn allerdings das Verhalten dieser Demonstranten nicht den öffentlichen Frieden stören kann, dann müssen aber ganz schnell alle Volksverhetzungsurteile gegen Facebook-Nutzer aufgehoben werden, die ihren dreieinhalb Followern etwas Krudes mitgeteilt haben.
Stören sollte in diesem Fall also die offenkundige und völlig unnötige Eile, mit der an sich fällige Ermittlungen schon zum frühestmöglichen Zeitpunkt abgewürgt werden. Das ist nicht nur juristisch hanebüchen. Es sendet auch grünes Licht an die falschen Leute, und ich werde leider das Gefühl nicht los, da lacht jemand dem Bundeskanzler offen ins Gesicht.
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