SOKO Bagatell

SOKO Bagatell

Als Fußgänger mal kurz bei Rot über die Ampel? Den Hund frei laufen gelassen? Nicht in Düsseldorf. Da gilt jetzt law and order, wie man gleich 2 Berichten der Rheinischen Post (Printausgabe) vom heutigen Tag entnehmen kann:

„95 Passanten wurden angehalten. 33 von ihnen müssen ein Verwarnungsgeld zahlen, zumeist weil sie sich den Beamten gegenüber uneinsichtig zeigten.“

Moment mal?

Seit wann gibt es Knöllchen dafür, dass jemand „uneinsichtig“ ist? Wird hier die Ordnungswidrigkeit geahndet oder die Chuzpe, mit einem Polizisten zu diskutieren?

Mit dem Gesetz ist das jedenfalls nicht vereinbar. Denn die Verwarnung soll überhaupt nur dann ausgesprochen werden, wenn „der Betroffene nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit ihr einverstanden ist … und das Verwarnungsgeld entweder sofort zahlt“ oder innerhalb einer Woche überweist (§ 56 Abs. 2 Ordnungswidrigkeitengesetz).

Dass ich Widerworte gebe, kann nicht erst ein Verwarnungsgeld auslösen. Schließlich ist es ja kein Schmerzensgeld für den Beamten. Noch heftiger wird es, wenn – wie zu befürchten – Schweigen als Uneinsichtigkeit ausgelegt wird. Das Schweigen darf nämlich niemals und unter keinen Umständen zum Nachteil des Betroffenen ausgelegt werden. (Dieser Grundsatz ist so ehern, dass ihn nicht wenige Polizisten, aber auch Staatsanwälte und Richter schon im Museum wähnen.)

Erfahrungsgemäß bringt es ohnehin wenig, sich mit drahtigen Bezirksbeamten verbal auseinander zu setzen, die hinter Ampelmasten lauern. Vielversprechender ist die Taktik, die Damen und Herren der SOKO Bagatell mit profunden Kenntnissen der deutschen Justizwirklichkeit zu konfrontieren. Textvorschlag:

„Ich mache von meinem Recht Gebrauch, mich nicht zur Sache zu äußern. Eine Verwarnung akzeptiere ich nicht. Machen sie ruhig eine Anzeige. Gegen den Bußgeldbescheid lege ich Widerspruch ein. Dann treffen wir uns halt am Amtsgericht zu einer Verhandlung. Dann können sie sich mit meinem Anwalt rumschlagen, den meine Rechtsschutzversicherung bezahlt.“

Jeder Polizist weiß, was das bedeutet: stundenlanges Warten auf dem Gerichtsflur, verlorene Dienstzeit, unergiebige Diskussionen mit einem kratzbürstigen Verteidiger, Beweisanträge und mit etwas Glück (für den Betroffenen) ein genervter Richter, der das Verfahren kurzerhand einstellt, damit er nicht noch mehr graue Haare bekommt.

Man sollte sich nicht wundern, wenn der Beamte einen nach diesem Sprüchlein missmutig laufen lässt. Ein praktisches Beispiel steht hier.