UND DANN

… war da noch Herr X, der sowieso alles im Internet bestellt. Warum also ausgerechnet für freizügige DVDs immer in die Gegend um den Bahnhof schleichen? Da in Deutschland der Versand pornografischer Filme verboten ist, erfüllte ein Onlineshop aus Holland Herrn X gern alle Wünsche. Hätte auch alles prima weitergehen können, wäre eine Warensendung nicht den deutschen Behörden in die Hände gefallen.

Herr X kriegte also keine Filme, sondern Ärger. In Form eines Anhörungsbogens. Als Beschuldigter. Wegen „Verbreitung pornografischer Schriften“.

Ein schöner Schreck für Herrn X. Denn es gibt nach § 184 Abs. 1 Nr. 4 Strafgesetzbuch bis zu ein Jahr Gefängnis für denjenigen, der es unternimmt pornografische Schriften „im Wege des Versandhandels einzuführen“.

Was sich so bedrohlich für Herrn X liest, ist aber gar nicht schlimm. Denn aus dem Vergleich mit anderen Ziffern des § 184 StGB ergibt sich, dass „Einführender“ nur der ausländische Versender sein kann. Sämtliche Strafrechtskommentare sind deshalb der Meinung, dass ein Deutscher, der sich aus dem Ausland Pornos bestellt, sich genauso wenig strafbar macht wie beim Einkauf im Sexshop.

Sämtliche?

Nein, ein unbeugsamer Kommentator namens Tröndle hat bis zur 49. Auflage seines StGB-Kommentars dafür plädiert, auch Leute wie Herrn X zu bestrafen. Dumm nur, dass Herr Tröndle den Standardkommentar für Praktiker verfasst hat – und man in manchen Kriminalkommissariaten schon mal Antiquarisches auf dem Tisch stehen hat.

So musste ich dem ungläubigen Beamten also die Kommentierung aus der mittlerweile 51. Auflage faxen, bevor er einsah, dass er mit diesem Verfahren nicht viel Lorbeeren ernten kann. Denn mittlerweile hat BGH-Richter Fischer den Kommentar übernommen und Tröndles Meinung ausdrücklich verabschiedet.

Nachdem das Ermittlungsverfahren eingestellt ist, kann Herr X munter weiter bestellen. Muss er auch, denn bedauerlicherweise sind die sichergestellten Filme aus dem Büro des Polizeibeamten spurlos verschwunden. War wohl keine gute Idee, sie im offenen Karton am Fußende des Schreibtisches zu deponieren.