AUCH NUR PREPAID

Dank Preiserhöhung werden Ende März alle Tickets ungültig, die der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr im Jahr 2005 verkauft hat. Beim Erwerb neuer Tickets wird der Wert der alten angerechnet.

Wer allerdings sein Geld wiederhaben will, zahlt zwei Euro Bearbeitungsgebühr.

Ob er das wirklich muss, ist allerdings eine andere Frage…

VERSEHENER VERTEIDIGER

Wer gegen einen Strafbefehl Einspruch eingelegt hat, muss in der Hauptverhandlung nicht erscheinen. Der Angeklagte kann sich durch einen Verteidiger vertreten lassen (§ 411 Abs. 2 Strafprozessordnung).

Von dieser Möglichkeit hat ein Mandant Gebrauch gemacht. Was den Richter verärgerte. Denn Zeugen fällt es erfahrungsgemäß schwer, den Angeklagten zu identifizieren, wenn nur ein Anwalt in schwarzer Robe auf der Anklagebank sitzt. (Die Frage, warum es weder Polizei, Staatsanwaltschaft noch Gericht schon vorher für nötig gehalten haben zu überprüfen, ob der Angeklagte auch wirklich derjenige ist, den die Zeugen gesehen haben, stellen wir lieber gar nicht.)

Der Richter jedenfalls drohte gleich mit einem Vorführbefehl (§ 230 Strafprozessordnung). Denn, so war seine feste Meinung, schließlich habe er das persönliche Erscheinen des Angeklagten angeordnet.

Hierzu ist der Richter tatsächlich berechtigt (§ 236 Strafprozessordnung). Dummerweise ist es aber einhellige Meinung, dass sich ein Angeklagter im Strafbefehlsverfahren auch dann vom Verteidiger vertreten lassen darf, selbst wenn sein persönliches Erscheinen angeordnet worden ist (Meyer-Goßner, StPO, § 411 Randnummer 4). Die Vertretungsmöglichkeit geht dem persönlichen Erscheinen also vor.

Abgesehen davon hatte mir mein Mandant am Telefon versichert, dass in seiner Ladung gar nichts von persönlichem Erscheinen steht. Ich frage immer nach, weil Amtsrichter nicht unbedingt viel auf die einhellige Meinung geben, wenn sie ihnen nicht in den Kram passt. Ich blieb im Gericht also bockig und erklärte, dass das persönliche Erscheinen gar nicht angeordnet worden ist.

Der Richter schüttelte mitleidig den Kopf. Die Urkundsbeamtin, die wahrscheinlich auch die Ladungen rausschickt, guckte mich giftig an. Mit einem Wink wurde ich nach vorne gebeten, um einen Blick in die aufgeschlagene Akte zu werfen. „Ladung z.T. an den Angeklagten“, stand da in schöner blauer Richtertinte auf einem gehälftelten Umweltpapier, „p.E.“:

Das machen wir immer so, eine andere Ladung haben wir im Strafbefehlsverfahren gar nicht.

Dummerweise behalten Gerichte nie Abschriften ihrer eigenen Briefe in der Akte. Und mein Mandant, auf dessen Lese- und Verständniskraft ich gemeinhin vertraue, hatte mir auch keine Kopie seiner Ladung geschickt.

Der Termin platzte sowieso. Aber es war nach wie vor unklar, was in der Ladung steht. Das heißt, für den Richter und seine Mitarbeiterin war es schon klar. Nur der Anwalt erzählte mal wieder einem von Pferd. Freundlicherweise wurde mir aber aufgetragen, innerhalb einer Woche die Ladung vorzulegen, welche das Gericht selbst rausgeschickt hatte, von der sich aber keine Kopie in der Akte befand:

Ansonsten ergeht ein Vorführbefehl.

Die Diskussion über die Frage, welcher Paragraf denn Vorrang hat, schien mir mehr als müßig. So wie der Richter auf sein „Machen wir immer so“ vertraute, glaubte ich daran, dass mein Mandant lesen kann.

Inzwischen hat mir der Auftraggeber die Ladung gefaxt. Auszug:

Sie können sich in der Hauptverhandlung durch eine/einen mit schriftlicher Vollmacht versehene Verteidigerin / versehenen Verteidiger vertreten lassen.

Das kann noch spannend werden.

DER ÖFFENTLICHE FRIEDE

Zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und 300 Stunden Sozialdienst wegen Beschimpfung eines religiösen Bekenntnisses und Störung des öffentlichen Friedens verurteilte das Amtsgericht Lüdinghausen einen Frührentner aus dem Münsterland. Der Mann hatte Toilettenpapier mit einem Koranstempel bedruckt und zum Verkauf angeboten, berichtet die Welt.

Das ist wahrscheinlich auch ein Preis des Rechtsstaats. Wir haben eben Paragrafen, welche die Beschimpfung von anderen, unsere Kultur eher nicht prägenden Religionsbekenntnissen verbietet.

So ist es wohl unvermeidlich, dass die – nach der Vorschrift erforderliche – mögliche Gefährdung des öffentlichen Friedens sich zwanglos auch daraus ergibt, dass sich ein islamisches Land bei der Bundesregierung über die Aktion beschwert. Ein Land, in dem schon mal gern Figuren westlicher Politiker verbrannt werden. Oder dessen Präsident den Holocaust leugnet, wenn er nicht gerade Israel mit Auslöschung droht.

Mir hätte sich schon die Frage gestellt, ob die Auseinandersetzung mit einer Religionsgemeinschaft, die derzeit, nun ja, aggressiv auftritt und ihren Heiligen Kriegern jedenfalls nicht so konsequent auf die Füße tritt wie wir unseren Cartoonisten, nicht auch zu etwas gröberen Reaktionen berechtigt.

(Danke an alle, die auf das Urteil hingewiesen haben)

PRIVATVERKAUF ?

Wer regelmäßig bei ebay verkauft, muss im Zweifel beweisen, dass er kein gewerbsmäßiger Händler ist. heise online berichtet über ein entsprechendes Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz.

Wer als Unternehmer eingestuft ist, muss seinen Kunden Widerrufsrechte einräumen.

(Danke an Andrea Altefrone für den Link)

PLATZ DA

Bei Tempo 200 soll ein Motorradfahrer versucht haben, einen Polizei-BMW von der Überholspur zu verscheuchen. Es handelte sich um einen offiziellen Streifenwagen, der mit Blaulicht fuhr.

Die Frankfurter Rundschau schildert einige bizarre Details.

(Danke an Ralph für den Link)

BLOCKIERTE RICHTER

Die Arbeitszeit von ganzen drei Richtern soll in Düsseldorf ausschließlich für die Einspruchsflut wegen einer Radarfalle auf der A 44 draufgehen, berichtet der Express. Die Pläne der Stadt, solch lukrative Blitzer auch noch an der A 46 aufzustellen, stoßen deshalb auf unverhohlenen Widerstand: „Die Stadt kassiert, wir haben die Arbeit“, zitiert das Blatt Amtsrichter Dirk Kruse.

ALLES GUT

Warum treffen sich Leute und hören Leuten zu, die aus ihren Blogs vorlesen? Für mich ist die Frage beantwortet: Es macht Laune. Vielen Dank deshalb ans Handelsblatt für den gestrigen Abend. Und erhebliche Teile der Nacht.

Um die 300 Besucher interessierten sich im Lichtburg-Kino dafür, was Modeste, Das Nuf, Ix, Don Dahlmann, Don Alphonso sowie HB-Hausblogger Thomas Knüwer zu erzählen haben. Ix hat – völlig unnötig, und das gilt für alle Akteure – gedroht, jedem unbotmäßigen Kritiker bei nächster Gelegenheit den Spiralblock aus der Hand zu reißen.

Aber ich muss sowieso ins Büro, bevor hier in wenigen Minuten die Hölle ausbricht, deshalb nur noch kurz zum Randgeschehen. Das Publikum fügte sich erstaunlich geschmeidig ins Messing- und Marmorambiente der Kö-Galerie. Es waren jede Menge Leute da, Blogger meistens, mit denen ich virtuell schon mal zu tun hatte. Interessant, dass der Eindruck aus dem Netz meist auch dem in natura entspricht. Was zumindest für mich bedeutet, dass ich gestern viele durchweg freundliche und interessante Menschen etwas näher kennen gelernt habe.

Wenn jetzt der Controller vom Handelsblatt über der Getränkerechnung keinen Herzschlag bekommt, ist wirklich alles gut.

TEXTBAUSTEINE

Ein Ermittlungsrichter am Amtsgericht Kassel hat die Durchsuchung einer Wohnung angeordnet. Sein Beschluss enthält eine merkwürdige Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist innerhalb von zwei Wochen nach der Bekanntmachung schriftlich beim Amtsgericht Kassel oder Landgericht Kassel durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen.

Nun ja.

Durchsuchungsbeschlüsse sind gemäß § 304 Strafprozessordnung mit der einfachen Beschwerde anfechtbar (Meyer-Goßner, StPO, § 105 Randnummer 15). Diese einfache Beschwerde ist grundsätzlich nicht an eine Frist gebunden.

Überdies beträgt die Einlegungsfrist für eine sofortige Beschwerde im Strafverfahren gemäß § 311 Strafprozessordnung nicht zwei Wochen. Sondern eine Woche.

Liest sich ein wenig, als wäre ein Zivilrichter einfach mit seinen Textbausteinen umgezogen. In § 569 Zivilprozessordnung gibt es nämlich eine ähnliche Regel für die sofortige Beschwerde. Dort beträgt die Rechtsmittelfrist auch tatsächlich zwei Wochen.

FREUNDLICH

Mitunter sieht man halt kein Land bei der Arbeit. Da hilft ein freundliches Wort vom Kollegen:

Soll ich bei irgendwas helfen?

Du kannst mir auch nicht mehr helfen.

Das Angebot war ja auch gar nicht ernst gemeint.

REAKTION

„Hier ist die fristlose Kündigung.“

„Dann nehme ich mir gleich einen Strick.“

Die Situation ist ja ohnehin schon schwierig. Durch solche „Argumente“ wird sie nicht einfacher. Ich habe mit dem Hinweis reagiert, dass sich die Firma in etlichen Betriebsjahren nicht in das Privatleben des Mitarbeiters eingemischt hat. Und dass sie nicht beabsichtigt, dies künftig zu tun.

Hört sich hart an, war aber wahrscheinlich die einzige Möglichkeit klar zu machen, dass die von der Mandantin getroffene Entscheidung endgültig und nicht verhandelbar ist. Und zwar aus guten Gründen.

BESCHLEUNIGT

Wenn der hibbelige Besucher etwas weiter entfernt geparkt und sein Handy im Auto vergessen hat, beschleunigt das die Besprechung. Wohltuend.

KEINE FORMULARE

Post vom Amtsgericht Köln in einem Scheidungsverfahren:

Es wird nunmehr gebeten, unverzüglich die vorgeschriebenen Vordrucke vollständig ausgefüllt mit den notwendigen Unterlagen dem Familiengericht einzureichen. (Vordruck V 1 – neben dem Doppelblatt auch die Seite 1 – , Entgeltsbescheinigung des Arbeitgebers bis zum Ende der Ehezeit, Antrag auf Kontenklärung des zuständigen Rentenversicherungsträgers … und Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten …)

Normalerweise schicken die Gerichte alle Formulare mit. Das war hier nicht der Fall. Also ließ ich anrufen und um Zusendung bitten. Rückmeldung aus dem Sekretariat:

Formulare werden ausnahmsweise zugesandt. Machen die normalerweise nicht!

Wenn das so weiter geht, müssen die Parteien demnächst sogar ihre eigenen Richter zur Verhandlung mitbringen.

EINE WOCHE POST

Der Unmut im Sekretariat hält sich in Grenzen. Vielleicht liegt es am soeben, zumindest theoretisch, eingetretenen Feierabend. Jedenfalls hätte ich auch für kräftigere Aggressionsentladungen Verständnis. Heute Nachmittag hat nämlich ein privater Postdienst ein paar Pfund Gerichts- und Behördenpost in den Briefkasten gequetscht.

Alles abgestempelt zwischen dem 14. und 20. Februar.