STANDKOSTEN

Meine Mandantin hatte sich einen Mini gekauft. Das Fahrzeug war gerade ein Jahr alt, hatte echte deutsche Papier, alles bestens. Nur leider stammte der Wagen ursprünglich aus Italien. Ein Leasingfahrzeug, das unterschlagen worden sein soll und dann seinen Weg nach Deutschland fand. Ihr fragt euch, wie solche Autos zu einem echten deutschen Kfz-Brief kommen? Das erzähle ich besser in meinem ersten Roman.

Irgendwie geriet das Fahrzeug aber ins Visier der Polizei und wurde beschlagnahmt. Beim Streit mit einer italienischen Versicherung setzte ich mich durch. Denn meine Mandantin hatte den Wagen „gutgläubig“ erworben. Dabei spielte eine Rolle, dass der Kfz-Brief besonderen Glauben rechtfertigt. Und dass ein unterschlagenes Autos nicht „abhanden gekommen“ im Sinne des Gesetzes ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist also möglich.

Der Ermittlungsrichter am Amtsgericht Düsseldorf fasste also einen Beschluss, dass der Wagen nach § 111k Strafprozessordnung. Er ordnete an, dass der Wagen an meine Mandantin herauszugeben ist. Super, dachte diese. Bis sie mit dem Chef des Autohofes sprach, wohin das Fahrzeug geschleppt wurde. Der will nämlich 1.000 € Standgebühren.

Polizeibeamter 1, zuständig für die Sicherstellung, sieht seine Hände gebunden. Sein Kollege Polizeibeamter 2, der die Ermittlungen führte, habe auf dem Sicherstellungszettel „Eigentumssicherung“ notiert. „Dann muss der Berechtigte die Kosten tragen.“ So lange Polizeibeamter 2 das nicht korrigiere, helfe ihm auch ein Gerichtsbeschluss nicht weiter. Auf meine Frage, ob er sich also der eindeutigen Anordnung des Amtsgerichts widersetzt, erwiderte Polizeibeamter 1 sinngemäß: Was interessiert mich ein Gericht?

Polizeibeamter 2 kann sich angeblich nicht zur Sache äußern. Denn er hat die Akte zur Staatsanwaltschaft geschickt. Außerdem meint er, dass es überhaupt nicht darauf ankommt, was er schreibt. Der Staatsanwalt versteht die Sache nicht. Er hält den Beschluss des Amtsgerichts für eindeutig. „Da steht doch nichts von Kosten, oder?“ Er ist aber bereit, mit den Polizeibeamten 1 oder 2 zu reden, sofern sich diese bei ihm melden. Aber grundsätzlich ist er der Meinung, dass das die Polizei mit sich selbst ausmachen soll.

Ob mittlerweile einer der Herren zum Telefonhörer gegriffen hat, weiß ich nicht. Eher nicht, denn Polizeibeamter 1 setzt jetzt eine Frist, das Fahrzeug abzuholen. Sollte dies nicht nicht „bis zum 8. Tag nach Zustellung dieses Schreibens“ geschehen, droht Ungemach:

Ich weise Sie schon jetzt darauf hin, dass dass Fahrzeugzubehör (Radio, Warndreieck, Verbandkasten etc.) sowie alle im Fahrzeug befindlichen Gegenstände zusammen mit Ihrem Fahrzeug verschrottet wird.

Der Standplatzbetreiber will allerdings nach wie vor seinen Tausender. Ich habe dem zuständigen Polizeipräsidenten jetzt mit einer Klage gedroht. Die wird auch Schadensersatz beinhalten, denn schöner wird der Mini mit der Zeit ja kaum.

DOPPELT KASSIEREN

Herr S. hat gebürgt. Der Hauptschuldner ist ausgefallen. Jetzt kommt der Gläubiger und will Geld von Herrn S. Die Schreiben sind harsch, die Fristen kurz. Allerdings erwähnt der Gläubiger nicht, dass er sein Geld längst erhalten hat. Vom Mitbürgen N. Deshalb hat der Gläubiger gar keine Ansprüche mehr gegen Herrn S.

Doppelt kassieren wäre sicher ganz nett. Es gibt bestimmt genug faule Kredite zu stopfen. Aber trotzdem ist so etwas kein guter Stil, schon gar nicht für ein öffentlich-rechtliches Kreditinstitut.

COFFEE RIGHTS MANAGEMENT

Man sollte öfter Produktinformationen lesen. Dann würde man so schöne Dinge entdecken wie Nico Lumma. Der hat sich Kaffeepads der Marke Dallmayr gekauft. Auf der Packung steht:

Für BOSCH gustino und Espresso-Siebträgermaschinen. Aus rechtlichen Gründen zurzeit nicht in Philips/Senseo Kaffeeautomaten zu verwenden.

Nico will den Pad trotzdem in eine Senseo-Maschine stopfen. Aber erst am Montag. Sehr schlau, dann stehen wenigstens die Firmenanwälte bereit, wenn die Abmahnung aus dem Fax schlurrt und kurz danach der Staatsanwalt mit dem Haftrichter telefoniert.

Mit einer Kaution sollte da was zu machen sein.

DIE FÄLSCHER ?

Mario Sixtus verweist auf ein Video, das angeblich eine Wählfälschung in Weißrussland dokumentiert. Eine Übersetzung der Diskussion wäre sicher interessant.

Andererseits, die Echtheit des Videos wäre keine Überraschung. Dass die Wahl nicht korrekt ablief, haben die Beobachter einmütig festgestellt, unser wichtigster Erdgaslieferant selbstverständlich ausgenommen. Die jüngsten Ereignisse sprechen auch dagegen, dass in Weißrussland mit mehr Demokratie zu rechnen ist.

TRANSPARENZ – BITTE NICHT BEI UNS

Rechtlich ist sicher nichts daran auszusetzen, eine Angestellte zum Ablauf der Probezeit auf die Straße zu setzen. Aber die Umstände können durchaus Gegenstand einer Diskussion sein. Vor allem, wenn die Firma hohe Maßstäbe an das ethische Handeln anderer stellt. Dann können die Umstände, wie ich finde, auch Gegenstand einer öffentlichen Diskussion sein.

Aber im Zweifel ist es halt einfacher, jemanden mit juristischer Hilfe mundtot zu machen. Oder es zumindest zu versuchen.

Näheres bei ix.

ERB-ABO

Klingeltonanbieter arbeiten nicht mit Samthandschuhen, gerade im Umgang mit ihren minderjährigen Kunden. Das ist bekannt. Aber dass bereits gekündigte Abos ohne Einverständnis reaktiviert, nicht geschuldete Beträge abgebucht und sogar neu vergebene Rufnummern für Verträge der vorherigen Inhaber belastet werden, geht deutlich über die bisher bekannten Methoden hinaus.

Mir liegen Unterlagen vor, die von einem mittelgroßen Klingeltonanbieter stammen sollen. Dieses Unternehmen soll es geschafft haben, in einem knappen Jahr seinen Monatsumsatz zu verdoppeln. Das ist insofern bemerkenswert, als der Gesamtmarkt geschrumpft ist. Selbst der Marktführer hat seinen Umsatz nicht mehr nennenswert steigern können.

Der betreffende Anbieter hat auf die schwierige Marktlage möglicherweise kreativ reagiert. So ergibt sich aus den Dokumenten, dass eine bisher nicht bekannte Zahl von Abos „reaktiviert“ wurde. In einem der internen Schreiben wird zum Beispiel bei der Geschäftsführung nachgefragt, wieso zwischen dem 12. und 14. Oktober 2005 eine Vielzahl von Abos für bestimmte Rufnummern „reaktiviert“ und mit Kosten belastet worden sind. Alle Abos waren schon seit sechs bis acht Monaten (!) gekündigt. Seitdem wurden den Kunden auch keine Gebühren mehr belastet.

Die Kunden haben sich jedenfalls nicht neu angemeldet. In der Mitteilung ist ausdrücklich vermerkt: „Grund für die Reaktivierung: nicht bekannt“. Der Sachbearbeiter kommt zu dem Ergebnis: „eindeutig fehlerhafte Billings“.

„Reaktivierungen“ betrafen wohl auch etliche Prepaid-Nummern, die inzwischen neu vergeben worden sind. Den neuen Inhabern der Rufnummern wurden Kosten für Abos abgebucht, die die früheren Inhaber der Rufnummern abgeschlossen haben. Hierfür gibt es natürlich keine Rechtsgrundlage; auch die Billing-Verträge mit den Mobilfunkanbietern schließen an sich so etwas aus.

Für diese problematischen Vorgänge gibt es firmenintern sogar einen Fachbegriff: Erb-Abos. Die Erb-Abos sollen zu einem Sturm der Entrüstung geführt haben. So habe sich ein Mobilfunkanbieter beschwert, dass aktuell 80 von 100 Beschwerden in seinem Callcenter auf die betreffende Firma entfallen.

Das Callcenter nehme zwar die Kündigungen an, diese würden aber von dem Klingeltonanbieter nicht beachtet. Wörtlich heißt es:

20 % der Kunden kündigt via Callcenter das Abo, erhält seitens des CC eine Bestätigung dafür und das Abo besteht trotzdem weiterhin. … Etliche Kunden haben Erb-Abos. Das CC kann hier zwar kündigen, die Nichtbeachtung der Blacklist und die Tatsache, dass auch nach etlichen Monaten noch Billingversuche erfolgen, führt jedoch auch in diesen Fällen zu vermehrten Beschwerden.

Außerdem gibt es interne Überblicke über „die Art der seltsamen Usages“. Es folgen lange Listen mit Rufnummern und folgenden Amerkungen:

– ungerechtfertigtes Extrabilling (hatte keine Schulden bei uns);
– Extrabillings nach Verlängerung des Abos;
– Kunde hatte nie ein Abo (immer ABO_FAIL), dennoch Abo reaktiviert, Nachbillingversuche;
– ungerechtfertigtes Extrabilling, außerdem Vorverlegung des Verlängerungszeitpunktes.

Ich habe testweise mal eine der angegebenen Nummern angerufen. Die Dame am anderen Ende bestätigte mir, dass sie Ärger mit einem Abo bei der Firma hatte, das nie zustandegekommen ist.

Das sieht ja nach feinen Geschäftsmethoden aus. Für Klingeltonkunden jedenfalls ein (weiterer) Anlass, Abbuchungen kritisch zu hinterfragen.

MEHR PORNOS BÜCHER

Was mich wundert: Die Musik- und Filmindustrie erhält gar keinen Auskunftsanspruch gegen Kaufhausbetreiber. Dabei könnte man potenzielle Privatkopierer doch hervorragend mit den Bildern der Überwachungskameras an den Kassen und den Daten der Kartenzahlungen ausfindig machen.

Um mich nicht in Gefahr zu begeben, werde ich – wie andere auch – keine kopiergeschützten Datenträger mehr kaufen. Nicht mal am Grabbeltisch. Und auch nicht als Geschenk.

Ich habe nicht mal den Anflug von Panik. Gucke ich halt mehr Pornos. Und Bücher gibt’s ja auch noch.

FRISTABLAUF

Fristablauf heute. Berufungserwiderung zum Landesarbeitsgericht fertig um 14.19 Uhr. Das ist fast schon auf den letzten Drücker. Zumindest für mich.

Aber ich habe mir heute Morgen eine kleine Freude gegönnt und in dieser Sache die Gegenvorstellung geschrieben.

Nicht, dass ich auch nur die kleinste Hoffnung hätte, die betreffenden Richter überzeugen zu können. Aber bei einer Verfassungsbeschwerde kann es nicht schaden, wenn der Rechtsweg mehr als ausgeschöpft ist.

ZIELRICHTUNG

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

mir erschließt sich die Zielrichtung Ihres Schriftsatzes vom 9. März 2006 nicht. …

Hochachtungsvoll

Richter am Landgericht

Ausnahmsweise keine Richterschelte. Das Schreiben richtet sich an den gegnerischen Anwalt.

DRITTER STOCK

„Einschreiben.“

„Moment, ich komme kurz runter.“

Nächstes Mal sage ich in die Sprechanlage: „Dritter Stock.“

Mal sehen, was passiert.

MINDERHEITEN

Die unangemessene Äußerung eines Staatsanwalts vom Anfang Februar hat jetzt den gesamten Apparat der nordrhein-westfälischen Justiz auf Trab gebracht: Unter der Überschrift „Minderheiten-Bezeichnung“ hat das Ministerium auf sieben Seiten über alle Gerichtspräsidenten, Generalstaatsanwälte und Behördenleiter bis hinunter in die kleinste Amtsstube an einen im Januar 2004 aufgehobenen Erlass erinnert.

Darin war die Weisung gestrichen worden, Sinti und Roma nicht so zu nennen; denn es sei ja selbstverständlich, Minderheiten nicht zu bezeichnen. Aktuell wird nun nochmals gemahnt: „dass Hinweise auf die Herkunft, auf die Zugehörigkeit von Personen, Tätern oder Tatverdächtigen zu einer ethnischen oder religiösen Minderheit oder auf deren Hautfarbe nur erfolgen sollen, wenn dies für das Verständnis der Fall ist“.

Daran hatte sich der vom Zentralrat der Sinti und Roma gerügte Staatsanwalt offenbar nicht gehalten. (pbd)