BÜROKRATIE-EXPRESS

67 Euro für Personalausweis und Reisepass. Das war mal richtig Geld. Ich hätte allerdings auch was draufgelegt, wenn ich dafür im Bürgerbüro nicht anderthalb Stunden hätte warten müssen. Ein Express-Schalter mit 10-Minuten-Garantie für Berufstätige. Das wäre bestimmt kein Verlustgeschäft.

Stattdessen: „Es sind zwar 48 Leute vor Ihnen, aber bei sechs bis acht Schaltern geht das schnell“, sedierte mich die Frau an der Wartemarkenausgabe. Wer weiß, vielleicht sind 93 Minuten ja schnell – wenn man sein Leben im öffentlichen Dienst verbringt.

Die Rheinische Post vom 20. April 2006 ist übrigens die einzige Ausgabe, die ich auswendig kann; den Matratzenprospekt inklusive.

ANWALT MÜSSTE MAN SEIN

Wie man als Anwalt den halben Tag Weblogs liest und trotzdem genug Stunden abrechnet:

Dear Mr. Schaeffer:

This is a question about billable hours. Recently, I switched law firms. At the old firm, we billed in 6-minute increments, meaning that if I worked for 8 minutes on a case, I was supposed to round up to 12 minutes. Since each 6-minute increment was worth .1 hour, I would write “.2” on my timesheet. At my new firm, we bill in 15-minute increments. This means that if I work for 8 minutes on a case, I round up to 15 minutes and write “.25” on my timesheet, which is the minimum billing increment for any entry.

Recently, I learned a neat trick. Once I work for 7 ½ minutes on a case, I can stop what I’m doing and spend the next 7 ½ minutes reading weblogs. Due to the rounding effect and the minimum billing increment, I still get to bill 15 minutes to the case. By working all day like this, I can work for half the day and read weblogs for half the day and still bill as many hours as I was billing at the old firm. Do you think this practice is ethical?

Signed, Feeling Ill at Ease in Illinois

Die Antwort steht hier.

(Link gefunden bei Jurabilis)

AUF RICHTERLICHE ANORDNUNG

Schreiben des Amtsgerichts:

Auf richterliche Anordnung wird Ihnen mitgeteilt, dass gegen Herrn A. unter der oben angegebenen Geschäftsnummer Haftbefehl erlassen und er in die Justizvollzugsanstalt E. eingeliefert worden ist.

So viel Aufwand. Wäre fast einfacher gewesen, mich am Tag der Vorführung kurz anzurufen. Dann wäre ich, wenn irgend möglich, herbeigeeilt.

Aber vielleicht hat man das ja gerade nicht gewollt.

ARBEITEN

Wegen Umbau- und Wartungsarbeiten ist diese Seite heute Nachmittag möglicherweise einige Zeit nicht erreichbar.

ACHTUNG! ANWALT!

ACHTUNG!
Gefahr für Leib und Leben der Klägerin!
Keine persönlichen Daten der Klägerin und der Eltern weitergeben!

Das steht im Kopf eines Antrags auf Aufhebung der Ehe. Angeblich hat die Klägerin eine „Scheinehe“ mit dem Beklagten geschlossen. Kein Wort steht allerdings im Antrag, woraus sich die Gefahr ergeben soll. Misshandlungen? Drohungen? Erpressung? Nichts, rein gar nichts.

Ganz üble Stimmungsmache, Herr Kollege.

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Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

BLOG-SCHNÜFFLER

Beim Kollegen vom RA-Blog steht die Polizei auf der Matte. Sie möchte die IP-Adresse eines Kommentators wissen.

Auch wenn es beim law blog noch nicht vorgekommen ist, habe ich eine klare Linie. Ohne einen Gerichtsbeschluss oder zumindest eine Anordnung der Staatsanwaltschaft bekommt von mir niemand Daten. Auch kein Polizist. Zumindest nicht freiwillig.

ZU SPÄT

Die AOK hat meinen Mandanten echt genervt. Ständig erhielt er Mahnungen. Angeblich war Herr E. „zum 31. Dezember 2005“ einen Monatsbeitrag schuldig. Wenn Herr E. nicht zahle, werde der Beitrag eingeklagt.

Herr E. wollte ganz gerne wissen, für welchen Monat der Rückstand bestehen soll. Doch da fühlte sich der Sachbearbeiter überfordert. „Bei mir steht nur im Computer“, dass Ihr Mandant uns 116,31 € schuldet.“ Der Hinweis, dass auch ein Gericht sich mit so kargen Infos nicht zufrieden gibt, führte zu intensiven Recherchen.

Stolz, wenn auch vermutlich nach dem Abstieg ins Archiv ein wenig eingestaubt, erklärte der zuständige Mann: „Herr E. schuldet uns das Geld für Juli 1997.“ Ich hatte mir schon mal die passende Verjährungsvorschrift ausgedruckt. § 25 Sozialgesetzbuch 4:

Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

Seitdem ist dann auch Ruhe.

STRAFSCHÄRFEND

Mein Mandant hatte Heroin gekauft. Wirkstoffgehalt: 12,4 %. Das ist guter Stoff. Auf Düsseldorfer Straßen rechnet man mit 8 bis 9 %.

Der Staatsanwalt:

„Strafschärfend ist zu berücksichtigen, dass es sich um außergewöhnlich reine Betäubungsmittel handelte. Der Angeklagte muss sich das zurechnen lassen, denn er hätte ja auch einen Vorteil davon gehabt.“

Ich:

„Der Vorsatz muss sich auch ungefähr auf die Güte der Drogen beziehen. Wenn der Angeklagte so einen Wirkstoffgehalt nicht einmal erwarten konnte, kann ihm das nicht zur Last gelegt werden, jedenfalls nicht strafschärfend.“

Das Gericht verhielt sich salomonisch. Bewährung, trotz nicht geringer Menge. Das war das große Ziel des Tages. Die Chancen stehen also gut, dass die Streitfrage nicht vertieft werden muss.

FÜNF JAHRE

Am 8. Juni 2001 sollte der Wagen meiner Mandantin aus dem Halteverbot geschleppt werden. Sie kam noch rechtzeitig; der Abschleppservice durfte wieder abrücken.

Die Stadt Essen berechnete für die Leerfahrt 138,00 €. Hiergegen legte ich Widerspruch ein. Mit, wie ich meine, guten Gründen. Immerhin waren die tatsächlichen Kosten nicht einmal ansatzweise nachgewiesen.

Die Bezirksregierung Düsseldorf brauchte nur fünf Jahre, um jetzt einen Widerspruchsbescheid zu erlassen. Ein nettes Moratorium, auch wenn der Widerspruch letztlich erfolglos war. Die Widerspruchsentscheidung kostet jedenfalls nix, außer vielleicht dem Steuerzahler.

Wenn sich das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen noch mal so viel Zeit lässt, tut die Inflation ein Übriges.

TEEN COURT

Auch Hamburg will „Teen Courts“ einführen. Dort sitzen Gleichaltrige über jugendliche Straftäter zu Gericht. Wie die taz berichtet, geht es allerdings nicht um Rollenspiele und Beweisaufnahmen. Vielmehr sollen nur geständige Täter vor den Teen Court, der dann über eine Sanktion entscheidet.

Ziel des Verfahrens ist also nicht die Verurteilung, sondern eine Einstellung des eigentlichen Strafverfahrens nach Erfüllung einer Auflage.