„So einfach ist das“

Die Süddeutsche Zeitung kommentiert den Wunsch der Polizei nach dem gläsernen Bürger mit deutlichen Worten:

Aber das ist es nun einmal, was den Staat von einer Räuberbande unterscheidet: Wenn er auf die Bürger zugreift, hat er die Regeln einzuhalten, die ihm die Verfassung vorgibt. Das ständige Lamento von Sicherheitsbehörden über Grenzen, die das Recht ihnen auferlege, gehen einem auf den Geist.

Erstens sind die Grenzen in den vergangenen Jahren vom Gesetzgeber ohnehin stets zurückgenommen worden; zum anderen ist es nun einmal Kennzeichen des Rechtsstaates, dass es Grenzen des staatlichen Agierens gibt.

Ein verfassungsgemäßes Gesetz für Online-Durchsuchungen muss zweifellos den Anforderungen genügen, die das Verfassungsgericht an den Lauschangriff gestellt hat. Wenn die Sicherheitsbehörden diese Anforderungen „aus praktischen Gründen“ nicht akzeptieren wollen, bleibt die Online-Durchsuchung verboten. So einfach ist das . Der staatliche Hacker macht sich dann strafbar. Die Diffamierung der Privatheit durch die Sicherheitsbehörden muss ein Ende haben.

Früher hatten wir Heftchen

„Sie haben das Angebot Milcheuter benutzt, ohne zu bezahlen.“

Liebe Inkassoanwälte, könntet ihr das weniger direkt ausdrücken? Das wünscht sich vor allem mein 14-jähriger Mandant, seitdem seine Mutter euer Schreiben in die Hände bekommen hat.

Vielen Dank für Ihre Bestellung

Mail an eine deutsche Großbank:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihre Kundin benutzt die obige Bankverbindung zu Betrugsversuchen. Unter dem 12. Februar 2007 erhielt ich die unten angehängte „Zahlungsaufforderung“ für die angebliche Bestellung eines Routenplaner-Services. Die erwähnte Rechnung ist als Anlage beigefügt.

Ich habe mich niemals bei dem „Service“ Ihrer Kundin angemeldet. Auch ist mir vor der jetzt eingehenden Zahlungsaufforderung, die ja geradezu genüsslich den angeblichen Ablauf der Widerrufsfrist konstatiert, keine Bestätigung oder ähnliches zugegangen. Nur der Vollständigkeit halber möchte ich anmerken, dass ich ein Fahrzeug mit eingebautem Navigationsgerät für ganz Europa fahre und deshalb überhaupt keinen Bedarf an einem Internet-Routenplaner habe, noch dazu einem kostenpflichtigen.

Auffällig an der Rechnung ist, dass diese an meine Büroadresse adressiert ist. Außerdem wird die E-Mail an die Andresse lawblog@gmx.de geschickt. Verwendet werden also nur Daten, die öffentlich ohne weiteres „abzugreifen“ sind. Hier stammen die Daten offensichtlich aus dem Impressum meiner Internet-Seite https://www.lawblog.de. Für eine private oder geschäftliche Bestellung würde ich niemals die Adresse lawblog@gmx.de verwenden; hierfür nutze ich andere E-Mail-Accounts.

Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass die Abrechnung niemals bestellter Dienstleistungen durch Ihre Kundin ein Betrugsversuch ist. Sollte es hier zu Weiterungen kommen, werde ich auch eine Strafanzeige erstatten. Diese Strafanzeige wird sich auch gegen Ihr Unternehmen richten, denn spätestens mit dieser Information über den Sachverhalt und die Übersendung der entsprechenden Belege käme eine Beihilfe Ihrerseits in Betracht.

Es wäre sehr freundlich, wenn Sie zu der Frage Stellung nehmen, warum Ihr Haus derart dubiose Geschäft unterstützt.

Mit freundlichen Grüßen

Udo Vetter, RA und Fachanwalt für Strafrecht

Anwalt erleichterte Mandanten um Millionen

Ein Düsseldorfer Rechtsanwalt hat vor dem Landgericht München I eingeräumt, einen Mandanten um über fünf Millionen Euro erleichtert zu haben. Der Jurist vertrat den ehemaligen Vorsitzenden eines Tierhilfswerks. Dieser hatte bis zu 30 Millionen Euro Spendengelder in die eigene Tasche gewirtschaftet und kam dafür ins Gefängnis.

Während der Klient seine Strafe absaß, plünderte der Anwalt dessen Vermögen. Später versuchte er sogar, die vorzeitige Entlassung seines Mandanten mit gefälschten Drohbriefen zu verlängern, damit seine Machenschaften nicht auffliegen. Beim Absenden eines Faxes wurde er gefilmt.

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, kann der Angeklagte bei einem Geständnis auf eine mildere Strafe hoffen. Sechs bis sieben Jahre hat ihm das Landgericht München I in Aussicht gestellt – wenn er überdies „Angaben zum Verbleib der Vermögenswerte“ macht.

Nach dem, was ich über den lebenslustigen Kollegen gehört habe, müssten in der Aufstellung einige Nobelrestaurants und andere gastronomische Betriebe auftauchen. Seine plötzliche Verhaftung soll dort zu erheblichem Katzenjammer geführt haben.

Bahn zahlt für Verspätungen – demnächst

Die Deutsche Bahn übt sich im Ankündigen, legt aber wenigstens einen Zeitrahmen fest: Noch in diesem Jahr soll eine verbindliche Entschädigungsregelung bei Verspätungen kommen. Das stellt Bahnmanager Karl-Friedrich Rausch in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau in Aussicht.

Ab einer Stunde Verspätung sollen 25 Prozent des Fahrpreises erstattet werden, ab zwei Stunden 50 Prozent. Verspätungen bis zu einer Stunde sind für die Bahn also Bagatellen. Das ist ja auch eine Aussage…

Setzten Bäcker und Anstreicher Spritzen?

Handwerker haben die Arbeit von Ärzten gemacht: Das Werksarztzentrum in Recklinghausen hat jahrelang Anstreicher und Bäcker damit beauftragt, Blutproben von Arbeitnehmern im ganzen Bundesgebiet zu nehmen und diese zu impfen. Die Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft für Wirtschaftdelikte in Bochum ermittelt deswegen wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung gegen „einen Strauß von Beschuldigten“.

Behördensprecher Bernd Bienioßek bestätigte gestern, dass gegen Roland Sch., den ehemaligen Geschäftführer der Gesellschaft, wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr ein Haftbeschluß vom Amtsgericht Bochum erlassen worden ist: „Wir ermitteln auch wegen Subventions- und Abrechnungsbetruges und Steuerhinterziehung“. Eine anonyme Anzeige hatte vor gut zwei Jahren das Verfahren ausgelöst.

In Zusammenarbeit mit Kriminalbeamten und Steuerfahndern ging die Staatsanwaltschaft zunächst behutsam vor. Sie wollte im florierenden Werksarztzentrum und bei dessen renommierten Chef (46) keinen unnötigen Schaden anrichten. Sch., der promovierter Mediziner und Hochschullehrer ist, hatte das Zentrum 1991 gegründet. Ein Team aus Fachärzten verschiedenster Bereiche berät und betreut seitdem rund um den Arbeitsplatz bei medizinischen Problemen. Dadurch werden nach Auskunft des Zentrums, Risikofaktoren rechtzeitig erkannt und abgewendet, Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten verhindert, gesundheitliche Schäden vermieden und Produktionsausfälle verringert.

Die Ermittler entdeckten: Das Geschäft lief so gut, dass schon seit sechs Jahren Laien ohne jede medizinische Ausbildung in weiße Kittel gesteckt wurden. Sie behandelten ahnungslose Patienten auch mit Spritzen: „Die Zahl der Geschädigten ist noch gar nicht bekannt“, sagte Staatsanwalt Bienioßek.

Solche illegalen Behandlungen wurden als ärztliche Leistungen abgerechnet. Ex-Geschäftsführer Sch. soll sich außerdem auf betrügerische Weise öffentliche Mittel für Projekte gesichert haben. Aus der Untersuchungshaft hat sich Sch. inzwischen schriftlich gemeldet. Mit, wie es bei der Staatsanwaltschaft heißt, „einem Teilgeständnis“. (pbd)

Gratis-Fuhrpark aus München

„Grün reden, schnell fahren“. Unter diesem Titel berichtet der Tagesspiegel, der Grünen-Bundesvorstand lasse sich in zwei 530er BMW-Limousinen mit Dieselantrieb zu Terminen fahren. Die Wagen hätten rund 200 PS und schafften 240 Stundenkilometer.

Noch interessanter als das Weinsaufen der Wasserprediger ist die Information, BMW stelle den Grünen die Fahrzeuge als „Parteispenden“ zur Verfügung. Dass die anderen Parteien sich den Fuhrpark von BMW ausstaffieren lassen, hatte ich schon mal gehört. Aber dass auch die Grünen sich so aushalten lassen, dürfte eine neue Entwicklung sein. In die Spendenaufstellung der Wikipedia, die auf Veröffentlichungen des Bundestags beruht, wird es die freundliche Gabe aus München wohl nicht schaffen; vom Bundestag veröffentlicht werden müssen nur Spenden über 50.000 €.

(Link gefunden bei wirres.net)

Knast oder Karneval

Wenn gegen Mandanten ein Haftbefehl beantragt wird, rufe ich bei der Geschäftsstelle des Ermittlungsrichters an. Die Herren dort notieren meine Telefonnummer und sagen rechtzeitig vorher Bescheid, damit ich zum Amtsgericht fahren kann. Das ist sehr nett und erspart endlose Warterei auf dem Gerichtsflur.

Meine Ankündigung, dass da heute nach Auskunft der Polizei noch jemand vorgeführt werden soll, stieß allerdings auf gebremste Begeisterung: „Ist das denn sicher?“

Ich kann das gut verstehen. Das Amtsgericht liegt in der Altstadt. Da will man heute entweder schnell flüchten. Oder sich in den Trubel stürzen. Ich für meinen Teil werde nach dem Vorführtermin möglichst schnell das Weite suchen.

Mit Mandant, idealerweise.

USA: Erzwungene Aussagen, Zeugen vom Hörensagen

US-Präsident George Bush hat nun die Sondertribunale eingerichtet, die „feindliche, ausländische Kämpfer“ aburteilen sollen.

Angeklagte dürfen nicht nur zum Tode verurteilt werden. Es ist auch möglich, sie mit Hilfe indirekter Zeugenaussagen und erzwungener Aussagen zu „überführen“. Die FAZ berichtet, das entsetze amerikanischen Abgeordnete und die Anwälten der Beschuldigten.

Nicht nur die.

Partner von Beamten fühlen sich benachteiligt

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

Die vor dem Standesamt eingetragene Lebenspartnerschaft zweier Menschen gleichen Geschlechts ist rechtlich noch immer umstritten. Das zeigt ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg (AZ: 2 K 4145/06); es hat dem Lebenspartner eines Beamten bereits vor dessen Tod die Pension verweigert. Das noch nicht rechtskräftige Urteil löste beim Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) Zorn aus.

Arnulf Sensenbrenner, der Sprecher des NRW-Landesverbandes sagte gestern: „Die Hinterbliebenenversorgung für eingetragene Lebenspartner ist nur für Arbeiter und Angestellte geregelt. Für Partner, die mit einem Beamten leben, gibt es aber keine Pension“. Das sei ungerecht und nicht nachvollziehbar.

Für die Arnsberger Richter schon: Das Beamtenversorgungsgesetz, sagen sie, begünstigt die Ehe gegenüber anderen Lebensgemeinschaften – und so was sei „mit dem höherrangigen Recht vereinbar“. LSVD-Sprecher Sensenbrenner hält dagegen: „Das Urteil dokumentiert einmal mehr die nicht länger hinnehmbare Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern“. Bei gleichen Pflichten müsse es auch gleiche Rechte geben.

So hatte es auch das Bundesarbeitsgericht vor vier Jahren gesehen (AZ: 6 AZR 101/03). Und einem homosexuellen Krankenpfleger in Remscheid einen „Verheiratetenzuschlag“ zugesprochen: Auch die eingetragene Lebenspartnerschaft bedeute einen „neuen Familienstand“, hieß es. Im selben Jahr aber entschied das Bundessozialgericht Kassel, dass eingetragene Lebenspartner keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente haben (AZ: B 4 RA 29/03). Nach dem Gesetz sei diese Art Rente klar etwa auf Ehegatten beschränkt.

LSVD-Sprecher Sensenbrenner: „Wir fordern den Gesetzgeber auf, tätig zu werden und endlich dafür Sorge zu tragen, dass Lesben und Schwule eine faire Behandlung erfahren. Alles andere steht einem modernen, demokratischen Gemeinwesen nicht gut zu Gesicht.“ (pbd)

Ein ähnliches Urteil des Bundesgerichtshofs