Operation mit frisch gepresstem Zitronensaft?

Böswillig verwunden wollte und will der Arzt Dr. P. offensichtlich niemanden. Im Gegenteil. Auf seiner Internetseite wirbt der Chirurg für operative Eingriffe mit kleinsten Verletzungen von Haut und Weichteilen. Er berichtet dort vom Jubiläumspreis, den er von der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie schon 1992 bekommen hat und preist in einer langen Liste seine wissenschaftlichen Tätigkeiten. 1991 ließ er 800 Chirurgen im Kongresszentrum München per drahtloser Direktübertragung zuschauen, als er mit einer Schlüsselloch-Operation eine Gallenblase entfernte. Doch gegen P., der sich außerdem zahlreicher Fernsehauftritte rühmt und als Pionier der sanften Chirurgie feiern ließ, ermittelt die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach.

Der Chefarzt einer Klinik im rheinischen Wegberg steht unter dem Verdacht, 13 Menschen fahrlässig getötet zu haben: „Wir haben mehr als einen Anfangsverdacht“, bestätigte Behördensprecher Lothar Gathen auf Anfrage. Vor drei Monaten waren in einer anonymen Anzeige ärztliche Behandlungsfehler des Mediziners behauptet worden, die zum Tod von 12 Patienten geführt haben sollen. „Da sind außergewöhnlich detaillierte und fundierte Angaben gemacht worden“, sagt Oberstaatsanwalt Gathen.

Deswegen könne es sein, dass Ärzte die Strafverfolger informiert haben. Zu den Einzelheiten gehört die Behauptung, operierten Patienten sei der Bauchraum mit frisch gepresstem Zitronensaft ausgespült worden. Weil dramatisch in der Klinik gespart worden sei, habe es auch an Desinfektionsmitteln gemangelt.

Ein mögliches 13. Opfer entdeckten Kriminalbeamte und Staatsanwaltschaft bei ihren Nachforschungen nur knapp vor der Beerdigung der Leiche. Ein Gutachter hat bereits vier Todesfälle untersucht und laut Staatsanwaltschaft bei zweien einen Zusammenhang zwischen Behandlungsfehlern und dem Tode bestätigt.

Der Arzt bestreitet den Vorwurf der fahrlässigen Tötung und verhält sich bei der Aufklärungsarbeit, so Oberstaatsanwalt Gathen, „kooperativ“. Ärztlich arbeiten darf P. allerdings nicht mehr. Die Bezirksregierung Köln, das bestätigte deren Sprecher Oliver Königsfeld, hat ihm kürzlich aufgrund der strafrechtlichen Ermittlungen die staatliche Zulassung entzogen. (pbd)