Angestaubter Bericht

Mein Mandant hat Ende Januar 2008 zwei Drittel seiner Haftstrafe verbüßt. Im Oktober 2007 habe ich schon mal einen Antrag auf Strafaussetzung zur Bewährung nach § 57 Strafgesetzbuch gestellt.

Das Gericht kümmerte sich auch darum und forderte einen aktuellen Bericht der Haftanstalt an. Das geht automatisch und ist Teil jedes Verfahrens. Bei einem Telefonat mit der Richterin letzte Woche erfuhr ich, dass diese den Bericht nicht besonders aussagekräftig findet. Und die wenigen Angaben seien auch nicht sehr überzeugend. Jedenfalls könne man darauf schwer eine positive Sozialprognose stützen.

Ich bat um Übersendung des Berichtes. Inhaltlich hat die Richterin völlig recht. Der Bericht datiert zwar vom 4. Dezember. Allerdings, aber das fiel mir auch erst nach einem Gespräch mit dem Mandanten auf, vom 4. Dezember 2006. Er ist also 13 Monate (!) alt und damit reichlich angestaubt. Mein Mandant war damals gerade ein paar Monate im Knast. Seitdem hat sich viel getan. Positives vor allem.

Morgen rufe ich die Richterin an. Da müssen wir jetzt schnellstmöglich Klarheit schaffen.

Nicht daran gedacht

Der Mandant wollte unbedingt, dass ich über seine Bußgeldsache verschärft nachdenke. Ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, aus der Sache rauszukommen.

Ich habe keine gefunden. Außer natürlich, im Gerichtstermin auf Verständnis und gute Laune beim Richter zu hoffen. Der könnte Geldbuße auf 35 Euro senken und so die leidigen drei Punkte aus der Welt schaffen.

Ob man für diese ungewisse Aussicht aber nach Brühl fährt? Ich riet dem Mandanten ab. Er zögerte. „Ich habe aber auch kein Problem, wenn wir den Termin wahrnehmen“, sagte ich darauf. „Ihre Rechtsschutzversicherung zahlt mir dafür sogar ein paar hundert Euro.“

Das hat den Mandanten wohl überzeugt, dass mein Ratschlag sachlich ist. Wir nehmen den Einspruch zurück. Als ich das Schreiben diktiere, fällt mir ein, dass ich für die Einspruchsrücknahme (und die vorausgehende Beratung) eine besondere Erledigungsgebühr erhalte. Die beträgt immerhin zwei Drittel von dem, was ich für den Gerichtstermin bekommen hätte.

Aber beim Gespräch habe ich echt nicht daran gedacht.

Dem Gemeinwohl verpflichtet

Ein Vermieter erläutert die Hausmeisterkosten:

Für die Hauswartkosten erhält Frau H. seit Mai 2000 eine monatliche Entschädigung von 306,78 € (x 12) = jährlich 3.681,36 €, die mit den Mietzahlungen verrechnet werden. Die Hauswarttätigkeit wird seit Jahren nicht von Frau, sondern von Herrn H. ausgeübt, dieser Umstand sowie die geänderten Verhältnisse in der Steuergesetzgebung und der Änderungen in der Versicherungsbranche haben uns veranlasst mit der Familie H. Kontakt aufzunehmen, um das bestehende Vertragsverhältnis neu zu regeln.

Da hier Kosten gegengerechnet werden und ein Saldo seitens Familie H. überwiesen wird, können ordnungsgemäße Belege … nicht tatsächlich vorgelegt werden, ein Nachweis ist „nur“ möglich durch Zeugenbefragung und Darlegung der Mietkalkulation.

Da hätten wir also Schwarzarbeit, etwas Steuertrickserei und getäuschte Mieter.

Der Vermieter ist übrigens eine dem Gemeinwohl verpflichtete Körperschaft.

Unterbliebene Zuwendung

„… bitten wir um Verlängerung der Schriftsatzfrist um eine Woche. Der Unterzeichner konnte sich der gegnerischen Klageerwiderung aufgrund Arbeitsüberlastung noch nicht zuwenden.“

Und ich dachte, ich kenne jede Formulierung.

Anleitung zum Fummeln

Telefonierst du noch oder…?

Hat schon mal wer eine Ware des Weltkonzerns namens Ikea zusammengebastelt? Ein Schlafzimmerbett vielleicht, einen Schrank oder eines dieser Regale? Manche sprechen von einem Alptraum, andere wissen gar nicht, dass sie sich die Finger brechen können. Dabei liegt in jedem Karton dieses ungewöhnlichen Einrichtungshauses doch eine Anleitung zum Fummeln.

Die gaukelt Hilfe vor: Wer gar nicht mehr weiter weiß, soll bei Ikea anrufen. Bei dieser zentralen Nummer kostet der Anruf 14 Cent pro Minute. Ein Kunde wagte es – er geriet in ein Labyrinth von Ansagen. Er sollte Telefontasten für alle möglichen Probleme drücken, nur seins wurde nie genannt. Er wurde immer wieder weitergeleitet, doch es meldete sich niemand.

Ich weiß nicht, wer an diesen sogenannten Service-Nummern das Geld verdient, dass die Kundschaft für die Anrufe zahlt. Aber das weiß ich jetzt: Die Telefonrechnung könnte irgendwann teurer werden als das Stück Möbel. Dann hieße das neue Anti-Ikea-Motto „Telefonierst du noch oder lebst du schon“?

Dabei verspricht Ikea all seiner Kundschaft: „Wir freuen uns immer, wenn wir dir helfen können.“ Folgerichtig dürfen sie sich jetzt mal, was der Kunde schon hinter sich hat: richtig ärgern. (pbd)

Links zwei – null – eins

Deutschland mutigster Staatsanwalt macht jetzt Schreibtischdienst

Verfassungsschutz fordert Ausweispflicht in Internetcafés

Bewährungsstrafe für Mutter von zwei Schulschwänzern

Weitergabe von Anschlussdaten an Musikindustrie ist rechtswidrig

Betriebskosten: Vermieter darf sich nicht auf das Melderegister stützen

Griechenland: Polizei beklagt Datenschutz

Die Demagogieanwandlungen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“

US-Filmindustrie verrechnet sich bei angeblichen Verlusten

Reservierung ist nicht gleich Ticket

Flugtickets kann man online zu Schnäppchenpreisen buchen. Bei der stets verlangten Vorkasse sollte man aber darauf achten, dass man auch tatsächlich ein Ticket bekommt – und nicht nur eine Reservierung.

Geht das Reisebüro nämlich bis zur Ausstellung des Papier- oder E-Tickets pleite, ist das Geld futsch. Die Fluggesellschaft nimmt einen nicht mit, weil sie auch noch kein Geld gesehen hat. Aus einer Reservierung folgt kein Beförderungsanspruch.

Ob man ein Ticket oder nur eine Reservierung hat, kann man leicht überprüfen. Auf checkmytrip lässt sich mit ein paar Mausklicks ermitteln, ob ein Flug tatsächlich gebucht ist. Man braucht nur den internationalen Buchungscode und den Nachnamen des Reisenden.

Wenn das Reisebüro kein Ticket liefert, sollte man sofort Druck machen und sich nicht hinhalten lassen. Pleiten sind keine theoretische Gefahr, wie ich heute mal wieder wegen zweier Beratungen zu diesem traurigen Beispiel erleben durfte.

Keine Termine

Freitag, 1. Februar 2008 ist für Besprechungstermine gestrichen. Es taucht nämlich sowieso niemand auf. Das lehrt die Erfahrung – für den Tag nach Altweiber.

Leere Drohung mit der Schufa

Mit ihrer Seite Berufe-Testen.de versucht die Online Service Ltd. in bewährter Weise von Besuchern 59 Euro Gebühren abzuzocken. Wie von derartigen Internetanbietern nicht anders zu erwarten, sind auch die Mahnschreiben rüde formuliert.

Einer Mandantin, die nie auf der Seite war und die wahrscheinlich von einem Scherzkeks eingetragen wurde, stieß vor allem folgender Passus auf:

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir … den weiteren Einzug einem darauf spezialisierten Inkasso-/Rechtsanwaltsbüro übertragen werden. Dadurch entstehen Ihnen weitere Kosten und gegebenfalls weitere Nachteile wie z.B. ein negativer Schufa-Eintrag.

Geht das mit dem Schufa-Eintrag überhaupt?

Soweit auf der Seite ersichtlich, wird der Besucher beim Vertragsschluss gar nicht aufgefordert, in eine Schufa-Meldung einzuwilligen. Ohne ausdrückliches Einverständnis des Kunden ist die Übermittlung von Daten an die Schufa nicht zulässig.

Dazu kommt die Problematik, dass der Seitenbetreiber überhaupt nicht verifiziert, ob der Besucher tatsächlich die Person ist, die als Vertragspartner gespeichert wird. Der Betreiber wird also gar nicht belegen können, dass eine angebliche Schufa-Einwilligung per Mausklick tatsächlich von dem angeblichen Vertragspartner stammt.

Außerdem sollte es sich mittlerweile rumgesprochen haben, dass standardmäßige Drohungen mit Schufa-Einträgen rechtswidrig sind, sofern die Forderung nicht unbestritten oder gerichtlich festgestellt ist (aktuelles Urteil des Amtsgerichts Plön).

Meine Mandantin ist jedenfalls so stinkig, dass sie uns um das volle Programm gebeten hat. Die Online Service Ltd. wird also eine Unterlassungserklärung wegen der Schufa-Drohung abgeben müssen. Sonst steht ein Prozess ins Haus.

Die Strafanzeige wegen Nötigung haben wir uns vorbehalten.

Müllpicking ist untersagt

Private Dienstleister, auch wenn sie es gut meinen, dürfen keine Mülltonnen durchsuchen und Abfalltüten aufreißen, um die Inhalte mitzunehmen. Diese Praxis hatte kürzlich die Stadt Duisburg einem Subunternehmer verboten, der aber gegen die Verfügung vor das Verwaltungsgericht Düsseldorf zog.

Dessen 17. Kammer hat jetzt das Verbot bestätigt (AZ 17 L 1471/07): Das Durchsuchen von Abfallbehältern und Entnehmen einzelner Abfälle – mit ihrer Belastung vielfältiger gesundheitsgefährdender Keime, Pilze und anderer mikrobakterieller Stoffe – ist geeignet, im Einzelfall gesundheitliche Beeinträchtigungen auszulösen. (pbd)