Freitagnachmittag beim Haftrichter

Vernehmung, Haftbefehl, Gefängnis. Für meinen Mandanten ist das alles nicht neu. Er kennt sich aus. Er kennt auch seine Rechte. Wenn er festgenommen wurde, hat er sich bisher jedes Mal mit mir in Verbindung gesetzt, damit ich als sein Verteidiger tätig werden kann. Und das war schon einige Mal der Fall.

Aus diesen Gründen habe ich derzeit auch keine Zweifel, dass seine neuesten Erfahrungen stimmen. Danach hat ihm die Polizei 15 Stunden lang verweigert, mit mir Kontakt aufzunehmen. Obwohl er mehrfach bat, mich anrufen zu dürfen und darauf hinwies, dass er nicht nur meine Kanzlei-, sondern auch meine Mobilfunknummer kennt.

Nun gut, ein sorgloser Umgang mit Beschuldigtenrechten ist bei der Polizei sicher nicht die Regel. Aber auch keine Seltenheit. Was mich aber wirklich bestürzt: Selbst der Ermittlungsrichter, der einen Haftbefehl erließ, hat meinem Mandanten keinen Anwalt zugestanden. Dabei hat mein Mandant bei seiner Vorführung den Richter darum gebeten, mich kontaktieren zu dürfen. Er betonte auch, dass ihn die Polizei bislang nicht telefonieren ließ und sich auch weigerte, mich zu benachrichtigen.

Für einen Anwalt gebe es jetzt keinen Grund, beschied ihn der Richter. Doch, kann man dazu nur sagen. Dieser Grund steht in der Strafprozessordnung.

Aber wer weiß, vielleicht gilt die ja am Freitagnachmittag nicht.

Wovon Richter träumen

Muss gleich wieder in die Justizvollzugsanstalt. Neulich begegnete ich auf dem Weg dorthin einem vor kurzem pensionierten Strafrichter. „Sehr gut“, sagte er über mein Ziel informiert, „Selbststeller werden gut behandelt und haben auch sonst viele Vorteile.“

Wir haben herzlich gelacht.

Fast exakt

Spiegel online berichtet über die Neuauflage des Prozesses gegen den Bäcker von Siegelsbach:

Bei einer Hausdurchsuchung kurz nach der Tat hatte die Polizei in der Rückwand eines alten Kühlschranks 14.970 Euro entdeckt. 10.000 Euro hatte er am Tattag, kurz nach dem Überfall, und einen Tag später noch einmal 4970 bei der Volksbank im benachbarten Bad Rappenau eingezahlt. Zusammen ergibt das fast exakt die Summe von 33.514 Euro, die bei dem Überfall erbeutet wurde.

Fast exakt. Der Sprachwitz, so vorhanden, entfaltet sich übrigens am besten, sofern Taschenrechner zur Hand.

(Danke an den echten n.n. für den Link)

Freundliche Gegner

Nachmittags habe ich via Google noch eine Anwältin oder einen Anwalt gesucht, der am Donnerstag einen Termin am Amtsgericht Bernkastel-Kues wahrnehmen kann. Es war telefonisch schon alles in trockenen Tüchtern, bis ich merkte, dass ich mit einer Anwältin sprach, die ausgerechnet in der Sozietät arbeitet, welche die Gegenseite vertritt.

Immerhin war sie noch so freundlich, mir eine andere Kanzlei zu empfehlen. Die Enttäuschung dürfte sich bei ihr ohnehin in Grenzen gehalten haben. Bei einem Streitwert von 160 Euro muss man schon sehr nah am Gericht sitzen, damit sich der Aufwand auch nur ansatzweise lohnt.

Beamte wollen Amt lahmlegen

Mit einem Handstreich sollen 289.000 Beamten des Landes und 60 000 der Gemeinden die Arbeit des eh überlasteten Landesamtes für Besoldung und Versorgung lähmen. So jedenfalls will es der nordrhein-westfälische Landesverband des Deutschen Beamtenbundes (dbb).

Mit seiner aktuellen Kampagne gegen die miserable Bezahlung und Gehaltskürzungen der Landesregierung ruft er alle aktiven Beamten und sämtliche Pensionäre dazu auf, in über 349.000 schriftlichen Anträgen die Anhebung der Besoldung und Versorgungszüge zu fordern – „auf ein verfassungskonformes Niveau“.

Was das sein soll, erklärt dbb-Vorsitzender Ralf Eisenhöfer. Die Tarifgehälter sind von 1990 bis 2007 bei den Beschäftigten in der freien Wirtschaft in NRW zwischen 44,4 % und 63,4 % gestiegen. Dagegen haben sich Beamtenbesoldung und die Pensionen lediglich um 34,8 % entwickelt. Außerdem ist inzwischen das Urlaubsgeld gestrichen, das Weihnachtsgeld auf nur ein Drittel gekürzt worden. Und die Arbeitszeit wurde auf bis zu 41 Stunden verlängert.

Das Landesamt (LBV) wird alle Anträge prüfen und mit jeweils einem Bescheid beantworten müssen. Der wird ablehnend sein, genau damit rechnet Eisenhöfer: „Danach wird es Musterklagen vor den Verwaltungsgerichten geben!“ Das in Arnsberg hatte kürzlich, wie berichtet, bereits die Streichung des Urlaubsgeldes für verfassungswidrig erklärt.

Die Beamten, Richter und Staatsanwälte fühlen sich gebeutelt und ausgenommen. Werden sie krank, verweigert die staatliche Beihilfe die volle Erstattung der Arzt- und Rezeptkosten. Das LBV zieht eine „Kostendämpfungspauschale“ ab, die schon mal bei 1.000 Euro liegen kann. Gerade in den ersten Monaten eines Jahres kommt es zu solchen drastischen Verlusten.

In diesen Tagen gibt es erstmals ein Trostpflaster. Weil das Oberverwaltungsgericht Münster die Kostendämpfungspauschale auch für verfassungswidrig hält, werden die Bescheide vom LVB für vorläufig erklärt. Sollte also ein Bundesgericht der Meinung aus Münster folgen, gäbe es die gekürzten Beträge zurück.

Doch das LBV steht vor dem Kollaps. Das bekommt auch Per S. aus Essen zu spüren. Der pensionierte Oberstaatsanwalt berichtet, er warte nach einem Arztbesuch auf die Erstattung „zwei Monate und länger“. Das gelte auch für alle anderen Antragsteller. Was bedeutet: Sie müssen einen Kredit aufnehmen oder ans Ersparte. Und gehen deswegen, obwohl es notwendig ist, erst gar nicht mehr zum Arzt.

„Wir verlangen doch keine Almosen“, sagt Per S. bescheiden, „sondern nur den Anteil, zu dem das Land verpflichtet ist“. Doch er und ehemalige Kollegen wissen von „Riesen-Rückständen“. Bei telefonischen Beschwerden bekomme man aus dem LBV zu hören, dass „hier alles den Bach runtergeht“.

„Dieser Zustand ist nicht schön zu reden“, gibt die Sprecherin von Finanzminister Helmut Linssen (CDU) zu. Stephie Hagelüken räumt „extreme Rückstände“ ein, will aber nichts zu den Ursachen sagen. Stattdessen versichert sie: „Wir arbeiten dran“ und verspricht vage, dass es „bis Ende März“ zu einem normalen Zustand kommen soll.

Darauf will Ralf Eisenhöfer vom Deutschen Beamtenbund weder warten noch Rücksicht nehmen. Die Welle der Anträge mit der Forderung nach mehr Geld soll rollen: „Jetzt gehen wir da mal richtig ran!“ (pbd)

Pfandgeld

In der Nacht auf Sonntag müssen wohl einige Leute draußen gefeiert haben. Direkt neben meinem Büro. Jedenfalls standen noch gestern Nachmittag 13 leere Bierflaschen auf dem Schaltkasten der Telekom. An meiner Privatadresse würde Pfandgut keine 15 Minuten überleben. Was 500 Meter Luftlinie so ausmachen…

Mein zehnjähriges Patenkind, mit dem ich einen Spaziergang mit dem Hund meiner Mutter gemacht hatte, fand die von mir kurz erwähnte Nebenverdienstidee spannend. Wir kramten also stilecht eine Plus-Tüte raus, brachten die Flaschen zum Kiosk und ließen uns das Pfandgeld in die Hand zählen.

Dummerweise habe ich ihr vorgeschwärmt, dass sie einen Erlös von 1,95 Euro erwarten kann. Aber nein, auf Bierflaschen sind nur 8 Cent Pfand, nicht 15. Aber auch die 1,04 Euro hat sie gern in ihren unergründlichen Jackentaschen versenkt.

Tags: Angewandte Pädagogik, Berufsvorbereitung

Gerichtsseits

Das Amtsgerichts Köln schreibt:

Nach Aktenlage wird gerichtsseits derzeit Einspruchsrücknahme angeregt.

Der Kopie für den Mandanten lege ich eine Übersetzung bei.

Grund: Dienstliche Gründe

Mitteilung des Landgerichts Düsseldorf:

In dem Rechtsstreit … findet der Termin vom 05.03.2008 nicht statt. Grund: Dienstliche Gründe. Der neue Termin ist am Mittwoch, 23.07.2008…

Das sind aber lange dienstliche Gründe.