So was wie Raubkopien

Von Dennis Knake

Böse Zungen behaupten, nur Selbstverliebte googeln ihren eigenen Namen im Internet. Doch manchmal kann so ein virtueller Ego-Trip durchaus von Nutzen sein. So stieß ich, gerade erst frisch nach Düsseldorf umgezogen, unter www.webadress.de bereits auf meine neue Anschrift, samt E-Mail und Internet-Adresse. Nur die Telefonnummer war falsch.

Ich wollte den Umzug eigentlich auch dazu nutzen, etwas sorgsamer mit meiner Adresse umzugehen um nicht gleich wieder in sämtlichen Datenbanken mehr oder weniger dubioser Marketingfimen zu landen, die mir dann täglich gefüllte Briefkästen mit angeblichen Millionengewinnen oder Einladungen zu Tagesausflügen samt Rheumadeckenverkauf bescheren.

Natürlich mache ich mir keine Illusionen darüber, dass in unserem digitalen Zeitalter meine Anschrift lange Zeit ein Mysterium bleiben wird. Ich habe sie ja auch brav im Impressum meines Blogs hinterlegt. Warum auch nicht. Wer es drauf anlegt, findet sie ohnehin mit einer whois-Abfrage in der denic-Datenbank.

Aber es gibt Prinzipien. Und wenn ich meine Adresse in irgendeinem Branchenbuch wieder finden will, dann hätte ich mich schon selbst gemeldet.

Hinzu kommt, dass webadress.de von sich behauptet, ein Verzeichnis „gewerblicher E-Mail und Internetadressen“ zu sein. Wie? Gewerblich? Meine Anschrift? Ich glaube es hakt.

Wahrscheinlich erklärt das auch den ersten Werbebrief, den ich vorgestern im Briefkasten fand. Ein Agenturbüro, das mich bei meiner redaktionellen Arbeit unterstützen wolle. Woher wissen die schon, wo ich wohne?

Wenigstens das Impressum der in dezentem grün-weiß gehaltenen Webseite von webadress.de war umfangreich und so erhielt die dort genannte und auch bei der denic als Domaininhaber aufgeführte TVG Telefon- und Verzeichnisverlag GmbH & Co. KG ein freundliches aber eindeutiges Fax mit meiner Löschungsaufforderung. Darüber hinaus verlangte ich Auskunft über alle über mich gespeicherten Daten gemäß §34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).

Die Antwort überraschte:

Per E-Mail bekam ich keine drei Stunden später Antwort von t-info@telekom.de. Man bedanke sich für die Mitteilung an T-Info und würde meinem Wunsch nachkommen und den Eintrag so schnell wie möglich aus dem Index entfernen. Dies könne jedoch „einige Zeit“ in Anspruch nehmen.

Fast fröhlich und keiner Schuld bewusst erschien mir die Information nach der Herkunft meiner Daten:

„Die Daten wurden von unserem System von einer frei zugänglichen Internetseite eingelesenen. URL: www.dennis-knake.de“

Ja, stimmt. Dort ist, wie bereits erwähnt, meine Anschrift im Impressum zu finden. Allerdings mit dem Hinweis, dass sie dort nur zur Erfüllung einer mehr oder weniger notwendigen Impressumspflicht verweilt. Nirgendwo steht „Hey, nimm dir die Adresse und speichere sie wo Du willst.“ Wo allerdings die zu einer Düsseldorfer Adresse offensichtlich unpassende Solinger Telefonnummer herkommt, verriet mir T-Info nicht.

Ich frage mich, wozu man bei Abschluss eines Telefonvertrages grundsätzlich gefragt wird, ob ich mit dem Eintrag meiner Daten in ein Telefonverzeichnis einverstanden sei, wenn man anschließend das Internet nach Adressen abgrast um daraus ungefragt auch noch fehlerhafte und thematisch unpassende Verzeichnisse zu generieren.

Ob es einen Grund hat, dass der Telekom-Ableger „T-Info“ bei diesem „Branchenverzeichnis“ eher im Hintergrund steht und auch Farbe und Aufmachung der Seite so gar nicht an die Telekom erinnern?

Unter der Rubrik „Datenschutz“ ist bei webadress.de übrigens zu lesen, dass einem die Privatsphäre sehr wichtig sei. Nun, ich glaube ich werde mich mal bei dem dort genannten Datenschutzbeauftragen von T-Info, Herrn Hans-Otto Schäfer melden. Ich werde ihn fragen, wie die Philosophie mit der Privatsphäre mit der zweifelhaften Adressbeschaffung in Einklang zu bringen ist:

„Wir werden Ihre persönlichen Daten daher ohne Ihre ausdrückliche Zustimmung nicht an Dritte weitergeben.“

Das „Downloaden“ meiner Adresse von meiner Webseite und die ungefragte Bereitstellung der Anschrift in einem für „Dritte“ frei zugänglichen Verzeichnis ist für mich aber eine „Weitergabe“.

Bei der Musikindustrie heißt so etwas „Raubkopie“.