Ein Tag mehr

Der auf den letzten Drücker eingereichte Antrag auf Strafaufschub war erfolgreich. Die Staatsanwaltschaft war so freundlich und sagte vor Fristablauf telefonisch Bescheid, dass mein Mandant nicht sofort ins Gefängnis muss.

Jetzt kam auch die schriftliche Nachricht. Bewilligt wird Strafaufschub „bis zum 01.02.2009 einschließlich“. Das ist genau genommen sogar ein Tag mehr, als ich beantragt hatte.

Anwaltsbriefbögen

Erst belaberte der Mitarbeiter eines Callcenters meinen Mandanten. Dann bestätigte ein großes Telekommunikationsunternehmen voller Freude, der Vertrag meines Mandanten sei nunmehr auf einen neuen Tarif umgestellt. Dabei ist sich mein Mandant sicher, keinen Auftrag erteilt zu haben. Außerdem schickte er noch am Tag, an dem die Änderungsmitteilung einging, einen Widerruf.

Das ließ die Firma aber ungerührt. Auf den folgenden Rechnungen tauchte immer wieder der neue Tarif auf. Anrufe im Callcenter verliefen immer gleich. Man werde sich um die Sache kümmern. Passiert ist aber nichts. Auf Schreiben gab es keine sachliche Antwort.

Obwohl ich in der Sache nichts anderes schrieb als mein Mandant schon einige Male zuvor, klingt die Stellungnahme an meine Adresse deutlich besser:

Der Vertrag Ihres Mandanten wurde … umgestellt, ohne dass Herr Dr. N. uns dazu einen Auftrag erteilt hatte. Zudem hat Ihr Mandant nach Zugang einer Auftragsbestätigung umgehend Widerspruch eingelegt. Wir haben die Vertragsumstellung inzwischen rückgängig gemacht.

Die Begleichung Ihrer Kostennote haben wir zur Zahlung angewiesen.

Anwaltsbriefbögen sind halt doch zu was gut.

Nullsummenspiel

Nachdem sein Mandant gekündigt hat, schickte der Strafverteidiger eine Rechnung über rund 1.000,00 €. Dafür war der Anwalt im Vorverfahren tätig, hat die Akte kopiert, die Aktenversendungskosten vorgelegt, die Akte gelesen und mit seinem Mandanten korrespondiert. Die Sache ging ins Gerichtsverfahren über, wenn auch noch keine Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht stattgefunden hat.

Die Rechnung ist hoch. Jedenfalls lässt sich der Betrag nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gerade mal erreichen, wenn man die Höchstgebühren ansetzt. Andererseits hat der Kunde des Verteidigers auch schon 1.000,00 € Vorschuss gezahlt – welch Zufall. Er müsste also seinen bisherigen Verteidiger verklagen, wenn er Geld sehen will. Ich kenne den Anwalt, freiwillig zahlt der keinen Cent zurück.

Ich habe dem Betreffenden geraten, die Kosten abzuschreiben. Letztlich läuft es in solchen Fällen darauf hinaus, dass man sich nach langem Streit in der Mitte trifft. Das heißt, von den diskussionswürdigen 250 bis 300 Euro kriegt der unzufriedene Anwaltskunde vielleicht etwas mehr als einen Hunderter zurück. Wenn man dann den Aufwand und die (anteiligen) Kosten des Zivilverfahrens berücksichtigt, für die der Anwaltskunde auch noch in Vorlage treten muss, ist schon jetzt abzusehen, dass es am Ende auf ein Nullsummenspiel hinausläuft.

So wie ich den Betroffenen verstanden habe, wird er auf meinen Rat hören. Wenn nicht, müsste er sich sowieso einen anderen Kollegen suchen. Für mich wäre dieser Rechtsstreit nämlich kein Nullsummenspiel, sondern ein dickes Verlustgeschäft. Auf ein Stundenhonorar könnte ich nach Lage der Dinge ja wohl kaum hoffen…

Regentanz unterm Rettungsschirm

In der Nachrichtenbox meines Girokontos, in der ich sonst über neue Kontoauszüge und Zinsanpassungen informiert werde, fand ich heute folgende Information:

Sehr geehrter Herr Udo Vetter,

kennen Sie die Happy Hour auf www.postbank.de? Fast jeden Tag gibt’s hier ein bis zwei Stunden lang interessante Online-Aktionen. Besondere Extras, spezielle Konditionen bis hin zu Gewinnspielen erwarten Sie. Lassen Sie sich überraschen!

Zur Zeit verlosen wir in der Happy Hour zwischen 19:00 und 21:00 Uhr zum Beispiel einen Fiat 500. Der flotte Straßenflitzer könnte bald vor Ihrer Haustür stehen – einfach reinklicken und teilnehmen. … Oder schauen Sie sich unsere letzte Happy Hour an zur KFZ Versicherung unseres Partners HUK 24. Bleiben Sie dran, wir lassen uns einiges für Sie einfallen!

Pizza bestellen muss man allerdings noch woanders. Aber ich bin sicher, sie arbeiten dran.

Staatsanwalt ermittelt wegen Mikrofonen im Gericht

Weil an der Fassade des Landgerichts Krefeld sieben Überwachungskameras mit eingebauten Mikrofonen installiert waren, ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt – wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Worts.

Behördensprecher Dieter Menden sagte gestern auf Anfrage: „Es könnte ja sein, dass dort vorsätzlich Gespräche abgehört worden sind.“ Also werde von Amts wegen ermittelt. Die Mikrofone hatten, wie berichtet, Unterhaltungen auch von Verteidigern in die Kabine der Wachtmeisterei übertragen.

Nach der Entdeckung des illegalen Lauschangriffs waren die Videogeräte abgebaut worden. (pbd)

Die Gewinner

Die Gewinner der fünf Juristenkalender stehen fest. Es sind die Autoren folgender Kommentare:

208
275
559
583
618

Die Kalender werden frei Haus verschickt. Herzlichen Glückwunsch an die Gewinner. Im Januar gibt es wahrscheinlich eine neue Chance. Dann werden, so wie es aussieht, einige druckfrische Bücher verlost.

Skandalchirurg steht bald vor Gericht

Die Anklage gegen den ehemaligen Chefarzt der St. Antonius Klinik im rheinischen Wegberg dümpelt vor sich hin. Seit 7 Monaten schon soll sich der 52-jährige Dr. Arnold P. wegen dreifacher Körperverletzung mit Todesfolge, vierfacher fahrlässiger Tötung und einer schweren Körperverletzung verantworten. Dazu kommen 60 Fälle von Körperverletzung und unterlassener Hilfeleistung. Doch die Strafkammer des Landgerichts Mönchengladbach hat die Anklage noch immer nicht zugelassen, sie grübelt über ärztlichen Gutachten.

Die hatten P.s drei Verteidiger den Richtern eingebrockt. Als sie ihren Mandanten vor 14 Tagen aus dessen halbjähriger Untersuchungshaft nach entsprechender Genehmigung des Oberlandesgerichts Düsseldorf holten, diktierte dessen 4. Strafsenat denn auch gleich den Kollegen in Mönchengladbach: Mit den eingereichten Gegengutachten werde man sich „sehr eingehend auseinandersetzen müssen.“

So was kostet Zeit. Und lässt fast verblassen, was von Anfang 2006 bis zum Sommer 2007 geschehen sein soll. Der Anklage zufolge hat P. 17 Patienten im Alter zwischen 50 und 92 Jahren falsch behandelt. Dabei wollte er, so jedenfalls sieht er es selbst, niemanden böswillig verwunden. Im Gegenteil. Auf seiner Internetseite warb der Chirurg für operative Eingriffe mit nur kleinsten Verletzungen von Haut und Weichteilen.

P. ist nach eigenem Bekunden einer der Pioniere der so genannten „Schlüssellochchirurgie“. Bei der werden OP-Instrumente und eine Kamera durch einen winzigen Schnitt in den Körper eingeführt und dann vom Bildschirm aus gesteuert. Spektakulär: Schon 1991 entfernten P. und ein Kollege mit der OP-Methode eine Gallenblase, und dank drahtloser Direktübertragung sahen in München 800 Chirurgen auf einem Medizinerkongress zu.

Doch P., der sich zahlreicher Fernsehauftritte rühmt, wurde im Dezember 2006 anonym angezeigt. „Wir hatten mehr als einen Anfangsverdacht“, sagte Oberstaatsanwalt Lothar Gatten seinerzeit. „Da sind außergewöhnlich detaillierte und fundierte Angaben gemacht worden“. Die schwierigen Ermittlungen führten auch zu weitaus mehr geschädigten Patienten und noch zu einer Anklage gegen acht weitere Ärzte.

Ihnen werden Fehlbehandlungen zum Teil im Einzelfall, zum Teil auch in mehreren Fällen vorgeworfen. Die Bandbreite der Vorwürfe reicht von der einfachen
Körperverletzung bis zur Körperverletzung mit Todesfolge.

Dr. P. führte die Klinik womöglich nach Gutdünken. Nach früheren Behördenangaben sollen bei den betroffenen Patienten im Alter zwischen 50 und 92 Jahren völlig unnötige
Operationen vorgenommen worden sein. Zu Desinfektionen wurde ein nicht steriler
Zitronensaft verwendet. Damit wurde operierten Patienten der Bauchraum
ausgespült. Weil dramatisch in der Klinik gespart worden sei, habe es auch an normalen Desinfektionsmitteln gemangelt.

P. war Inhaber, Geschäftsführer und ärztlicher Direktor zugleich. Das Gesundheitsministerium hatte ihn zur Aufgabe bewegen wollen, ihm aber zugestanden, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Den hat er aus der Untersuchungshaft heraus verpflichtet. Damit konnte die Arbeit an der gebeutelten St.-Antonius-Klinik vorläufig weitergehen.

Ein Ende dagegen hat ein Strafverfahren genommen, in dem P. aus der U-Haft heraus vor vier Monaten Staatsanwälte in Mönchengladbach beschuldigt hatte. Die hätten sich einer Verfolgung Unschuldiger strafbar gemacht, als sie Informationen über P.s Vermögenswerte in der Schweiz weitereichten, sowohl an ihre Kollegen in Aachen als auch an die Steuerfahndung.

Das war berechtigt und korrekt, beschied die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf den Mediziner. Auch das Oberlandesgericht bestätigt diese Auffassung. Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach habe im Rahmen ihrer gesetzlichen Befugnisse gehandelt. Wenn nicht noch mehr Störfeuer von P. kommt, könnte in etwa einem Monat die Hauptverhandlung beginnen.

Das OLG hob mittlerweile den Haftbeschluss mit der Begründung auf, P. drohe zwar eine mehrjährige, erhebliche Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Aber es bestehe keine Fluchtgefahr mehr. P. sei vor kurzem noch einmal Vater geworden. Er sei, so heißt es, sozialisiert. (pbd)

Nun auch über Umleitung erreichbar

Da meint jemand, er muss die E-Mail-Adresse unserer Anwaltskanzlei für Spam missbrauchen. Da ich vom Internet nicht so viel verstehe, hier der Header einer typischen Mail:

X-Envelope-From: <>
X-Envelope-To: anwalt @vetter-mertens.de
X-Delivery-Time: 1228672746
X-UID: 25793
X-RZG-CLASS-ID: mi
Received: from germaninfo58.erfurt16.de ([195.135.224.192])
by mailin.webmailer.de (blert mi47) (RZmta 17.20)
with ESMTP id r05cb2kB7He0OJ for anwalt @vetter-mertens.de;
Sun, 7 Dec 2008 18:59:06 +0100 (MET)
Received: by germaninfo58.erfurt16.de (germaninfo58.erfurt16.de)
id 403FB7780BD; Sun, 7 Dec 2008 17:05:23 +0100 (CET)
Delivered-To: confixx-du-915@germaninfo58.erfurt16.de
Received: from fmmailgate03.web.de (fmmailgate03.web.de [217.72.192.234])
by germaninfo58.erfurt16.de (germaninfo58.erfurt16.de) with ESMTP id 3681D778036
for post @agbloggershausen.de; Sun, 7 Dec 2008 17:05:23 +0100 (CET)
Received: from mx43.web.de (mx43.dlan.cinetic.de [172.20.3.11])
by fmmailgate03.web.de (Postfix) with ESMTP id B7E06F531BB8
for post@agbloggershausen.de; Sun, 7 Dec 2008 18:59:05 +0100 (CET)
Received: from [85.197.104.37] (helo=saturn102.art-customer.net)
by mx43.web.de with esmtp (WEB.DE 4.109 #226)
id 1L9NuL-0003hj-00
for abenteuerland@web.de; Sun, 07 Dec 2008 18:59:05 +0100
Received: from omr-m25.mx.aol.com (omr-m25.mx.aol.com [64.12.136.133])
by saturn102.art-customer.net (Postfix) with ESMTP id 22714854DF1
for prnet@xxxichsuchedichx.net; Sun, 7 Dec 2008 19:21:37 +0100 (CET)
Received: from air-mg02.mail.aol.com (air-mg02.mail.aol.com [172.20.83.98]) by omr-m25.mx.aol.com (v117.7) with ESMTP id MAILOMRM256-7e17493c0edc13c; Sun, 07 Dec 2008 12:58:52 -0500
From: Mail Delivery Subsystem
Date: Sun, 7 Dec 2008 12:56:38 EST
To: prnet@xxxichsuchedichx.net
Subject: Mail Delivery Problem
Mailer: AIRmail [v121_r4.4]
X-AOL-IP: 172.20.83.98
Message-ID: <200812071258.7e17493c0edc13c@omr-m25.mx.aol.com>
X-WEBDE-FORWARD: abenteuerland@web.de -> post@agbloggershausen.de/prnet/mailer>

Wer derzeit eine E-Mail an die Adressen post@agbloggershausen.de oder prnet@xxxichsuchedichx.net schickt, dessen Mail wird an unsere Büroadresse weitergeleitet. Das wundert mich, denn mit den beiden Domains haben wir eigentlich eher wenig zu tun. Und an den Inhaber der Domains durchaus gemischte Erinnerungen.

Ich habe an beide Adressen schon mal einige Mails zur Beweissicherung geschickt. Sie kamen dann auch super bei mir wieder an. Wer mir also was mitteilen möchte, kann dies derzeit auch über prnet@xxxichsuchedichx.net oder post@agbloggershausen.de tun.

Ich freue mich über alle Nachrichten, die über die nicht bestellte Weiterleitung kommen. Man kann ja gar nicht genug Beweise haben.

Die Relativität von MEHR

Vorab: Die zweimonatlich erscheinende Zeitschrift epoc („Geschichte, Archäologie, Kultur“) kann ich empfehlen. Etwas weniger salopp als P.M. History, aber längst nicht so dröge wie Damals.

Aber nun zum Thema: „Jetzt 8 Seiten MEHR!“ versprach ein blaues Mengenlehreplättchen in Kreisform auf dem Titelblatt der Ausgabe 6/2008. Stimmt – das Heft kam mit 106 statt 98 Seiten. Auf der Folgeausgabe 1/2009 steht schon wieder „Jetzt 8 Seiten MEHR!“ Boah, dachte ich, da trotzt aber jemand erfolgreich der Medienkrise.

Dummerweise haben sie die jetzt eigentlich fälligen Seiten 107 bis 114 vergessen. Ich nehme an, nicht nur bei mir.

Bloggender Rocker, ahnungsloser Anwalt

Kid Rock kann es nicht verknusen, dass ihn ein Richter zu 80 Sozialstunden verurteilt hat und der Meinung ist, Konzerte vor US-Truppen im Irak seien keine Sozialstunden. Auf seiner Homepage veröffentlich Kid Rock deshalb die Kontaktdaten des Strafrichters, verbunden mit einem Aufruf:

I’m sure a lot of you will comment to this and in a weird way it will make me feel a little better…

Wenig überraschend ist die Stellungahme von Kid Rocks Verteidiger:

Kid Rock’s attorney tells TMZ he wasn’t consulted by Kid before the blog was posted, and he would have advised otherwise had he known.