Klagen in Hamburg machen weniger Spaß

Das Oberlandesgericht Hamburg scheint die Haftung für Forenbetreiber gerade zu rücken. Heute haben die Richter in einer mündlichen Verhandlung signalsiert, dass sie entgegen dem Landgericht Hamburg Forenbetreiber nicht grundsätzlich für die Inhalte verantwortlich machen, die Dritte ins Forum schreiben.

Es ging, mal wieder, um Marions Kochbuch.

Damit dürfte es für vermeintlich Forengeschädigte wesentlich uninteressanter werden, in Hamburg zu klagen.

Näheres in Rechtsanwalt Sascha Kremers Prozessbericht.

Es bleibt – ein freundlicher Brief

Viele Verfahren werden gern nach § 153 Strafprozessordnung eingestellt. Wegen „geringer Schuld“, sagt man gemeinhin.

Es handelt sich um eine hypothetische Schuldfeststellung. Der Staatsanwalt fragt: Wenn sich der Verdacht bestätigt, wäre die Schuld dann so gering, dass unter den Voraussetzungen des Paragrafen keine Strafverfolgung notwendigt ist? Wenn ja, stellt er das Verfahren ein, so er denn will. Der Staatsanwalt stellt aber nicht fest, ob an dem Tatverdacht was dran ist.

Manchen Betroffenen ist das aber nicht recht. Sie fühlen sich nicht „gering schuldig“, ob nun hypothetisch oder real. Sie fühlen sich unschuldig, sind es womöglich auch. Deshalb legen sie Wert darauf, eine Einstellung erster Klasse zu bekommen. Wegen fehlenden Tatverdachts, § 170 Strafprozessordnung.

Das muss nicht unbedingt Prinzipenreiterei sein. Wer zum Beispiel einen Flugschein hat, wird regelmäßig auf seine Zuverlässigkeit überprüft. Die zuständigen Ämter erfahren auch von Strafverfahren, die nicht zu einer Verurteilung führen. Da nicht abgezählt werden kann, wann jemand unzuverlässig ist, kann eine Einstellung – nur – nach § 153 Strafprozessordnung auch eine Rolle spielen. Schön sieht sie jedenfalls nicht aus.

Was kann der Betroffene also tun? Nichts. Gegen eine Einstellung wegen „geringer Schuld“ gibt es keine Rechtsmittel. Es bleibt nur ein freundlicher Brief an den Staatsanwalt. Mit der Bitte, die Sache noch einmal zu überdenken.

So einen Brief habe ich gerade diktiert.

Sie mich im übrigen auch

Sehr geehrte Frau Kollegin Günther,

ich sage es ganz offen:

Ihre Mandantin, die Firma Online Content Ltd., kann mich mal.

Sie mich im übrigen auch.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

U. Vetter

090121a1

Das mit dem Anwalt

Der Mandant beteuert, die Polizisten hätten ihn nicht darüber aufgeklärt, dass er als Beschuldigter schweigen darf. Doch, sagte die Beamtin vor Gericht, selbstverständlich habe sie den Betroffenen darüber informiert, dass er nichts sagen muss.

Sonst noch was? „Nein, das habe ich ihm so gesagt.“ Das war die Belehrung? „Das war die Belehrung.“ Sind Sie sicher? „Da bin ich mir sicher.“

Zur Belehrung gehört auch die Information, dass der Beschuldigte jederzeit, auch vor vor seiner ersten Vernehmung, einen Verteidiger befragen darf.

So was in der Richtung hatte auch die Polizistin schon mal gehört. Aber immerhin blieb sie ehrlich. „Das mit dem Anwalt habe ich, glaube ich, eher nicht gesagt.“

Ich hatte keine weiteren Fragen. Die Staatsanwältin guckte griesgrämig. Sie hatte vorher noch meine Kapriolen mit der Belehrung als Zeitverschwendung abgetan. Erfahrene Polizeibeamte belehrten doch immer und überdies richtig, meinte sie.

Die Aussagen meines Mandanten, von der Polizistin wiedergegeben, dürften damit unverwertbar sein. Das trifft sich gut, denn ohne seine eigenen Angaben fällt die Anklage in sich zusammen. Es gibt nämlich keine Beweise.

Alles in 140 Zeichen: 21 Gründe

* Landgericht: „Es gibt keine Gründe, an den Aussagen der Polizeibeamten zu zweifeln.“ Ich habe 21 Gründe aufgeführt, sogar nummeriert.

* Nachgefragt, welches Strafgesetz verletzt sein soll. 43 Seiten Akte, aber kein Delikt. Besser Einstellung sofort! Danke. Der Steuerzahler.

* Ausländeramt übergibt Bescheid. Betroffener kann kaum Deutsch, ist allein, unterschreibt Rechtsmittelverzicht. Behörde: Wo ist das Problem?

* Verklage Purzel Video auf Schmerzensgeld. Muss in Abmahnungen ständig deren Pornotitel lesen. Gerade: Wiesnmuschis Sperma Nr. 1.

* Kaufe für 23,90 € Geo Epoche, MAD und Simpsons. Spiegel bleibt liegen. Müsste mich ja doch nur zwingen.

* Meine erste Leseerinnerung: eine Niveadose mit der Aufschrift „Enthält Formaldehyd“. Keine Panik. Bin schon alt.

(Recycled from Twitter)

Spitzen-Einlassung

Das Frankfurter Landgericht hat einen Priester freigesprochen, der einen Strichjungen in den Penis gebissen hatte. Der ursprüngliche Vorwurf der Körperverletzung konnte nicht aufrecht erhalten werden, denn der Geistliche soll in Notwehr gehandelt haben, berichtet Spiegel online.

Der Leser, der mich auf den Link aufmerksam machte, fasst die Geschehnisse so zusammen:

Aus Notwehr hat der Priester dem Stricher in den Pippimann gebissen, weil der böse Stricher dem Priester das Handy in einer Kneipe gemopst hat und das Telefon nur gegen einen Blowjob wieder herausrücken wollte. Spitzen-Einlassung.

Dem schließe ich mich an.

MP3 auf DVD

Anfrage des Gerichts in einer Strafsache:

Werden die Telefonmitschnitte (MP3 auf DVD) benötigt?

Bin gespannt, ob ich auch mein Notebook ins Gefängnis mitnehmen darf, um die Aufnahmen mit meinem Mandanten abzuhören. Oder ob zumindest die Anstalt über ein Abspielgerät verfügt.

Die Möglichkeiten der Schriftverstellung

Der Sachverständige in diesem Fall hat es jedenfalls nicht übel genommen, dass wir uns bei der Herausgabe von Originaldokumenten zierten.

Mit Hilfe der freundlichen Richterin fanden wir einen Kompromiss. Der Kompromiss trägt dem Aufklärungsinteresse und dem Datenschutz Rechnung.

Das Gutachten liegt nun vor:

Die Befundkonfiguration der strittigen Unterschrift ist völlig gegensätzlich zu jener des Vergleichsmaterials. Unter Einbeziehung der Möglichkeiten der Schriftverstellung ist die Beklagte alllenfalls mit mäßiger Wahrscheinlichkeit Urheberin der streitigen Schreibleistungen. Vielmehr ist zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von der Urheberschaft einer anderen Person auszugehen.

Also eine Fälschung. Haben wir von Anfang an gesagt.

Zehn Jahre…

Och, das hätte ich jetzt aber nicht gedacht. Was vor fast zehn Jahren als große Wirtschaftsstrafsache begann, mit Hausdurchsuchungen, kleiner SoKo und sonstiger Garnierung, soll jetzt glimpflich enden.

Mit einer Einstellung wegen geringer Schuld und 1.000 Euro an die Staatskasse.

Sollten meine insgesamt rund 50 Seiten Verteidigungsschriften, in denen ich die Tatvorwürfe im Detail entkräftete, doch noch Wirkung gezeigt haben? Auch wenn das Papier, jedenfalls in meiner Akte, schon ein wenigt gilbt?

Ich glaube eher, das hat was mit den zehn Jahren zu tun. Absolute Verjährung. Wahrscheinlich ist es jemand aufgefallen…

Alles in 140 Zeichen: Projekt 2009

* Ärgernis der Woche: Polizeibeamter, der meinen Mandanten mit falschen Versprechungen zum Reden brachte, obwohl ich schon unterwegs war.

* Am Badewannenrand eine abgeplatzte Stelle neu verfugt. Schon angenehmere Begegnungen mit Silikon gehabt.

* Handwerker adressiert Rechnung an „Eheleute Vetter“. Er war in meiner Wohnung; er müsste es besser wissen. (Projekt 2009: Kleiderschrank.)

* Elfjährige riecht wie Douglas-Verkäuferin. Sie war bei einem gleichaltrigen Freund, hat von „seinen Sachen“ probiert. Sorge um den Freund.

* „Abgrate“. Es geht in dem Schreiben um Software. Konnte also erahnen, was gemeint ist.

(Recycled from Twitter)

Habehabe ichich eingestellteingestellt

Am 4. April 2008 teilt mir die Staatsanwaltschaft mit:

Das Ermittlungsverfahren gegen Ihren Mandanten habe ich gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozeßordnung (StPO) eingestellt.

Am 19. Dezember teilt mir die Staatsanwaltschaft in der gleichen Sache mit:

Das Ermittlungsverfahren gegen Ihren Mandanten habe ich gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozeßordnung (StPO) eingestellt.

Die erste Nachricht war von einer Oberamtsanwältin. Die zweite von einem Staatsanwalt. Ich frage mich, wann ich dem Mandanten endgültig Entwarnung geben kann. Wenn der Oberstaatsanwalt als Gruppenleiter die Akte auch noch durchgesehen hat?

Autofahrer müssen nicht mit Fernlicht fahren

Auf Landstraßen müssen Autofahrer bei Dunkelheit kein Fernlicht einschalten. Sie müssen auch nicht damit rechnen, dass plötzlich Fußgänger von der Seite in die Fahrbahn laufen. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (AZ: 9 U 115/06).

Die Klägerin überquerte an einem Abend im Januar bei Dunkelheit eine Landstraße, um zu ihrem Auto zu kommen. Kurz vor ihrem Auto wurde sie vom Beklagten erfasst und erlitt schwere Verletzungen, unter anderem den Verlust des Geruchs- und Geschmacksinns.

Sie rechnete sich selbst ein Mitverschulden von 50 Prozent an und verlangte vom Beklagten 15.000 Euro Schmerzensgeld und entsprechenden Schadensersatz. Sie argumentierte, dass der Beklagte gegen das Sichtfahrgebot verstoßen habe, da er nur mit Abblendlicht fuhr. Er habe zumindest die Lichthupe einschalten müssen.

Die Richter wiesen die Ansprüche ab. Zwar habe ein Gutachten ergeben, dass der Unfall vermeidbar gewesen wäre, wenn der Beklagte sein Fernlicht eingeschaltet hätte. Es gebe aber keine grundsätzliche Pflicht, auf Fernstraßen bei Dunkelheit mit Fernlicht zu fahren.

Da der Autofahrer nur mit 55 bis 65 km/h bei erlaubten 70 km/h unterwegs war, habe er innerhalb des Lichtkegels des Abblendlichtes das Auto stoppen können. Damit liege kein Verstoß gegen das Sichtfahrgebot vor.

Es bestehe auch keine Verpflichtung eines Autofahrers, so langsam zu fahren, dass er noch rechtzeitig vor einem Hindernis anhalten kann, welches von der dunklen Fahrbahnseite kommt. Dann dürften Autofahrer zur Unfallvermeidung praktisch nicht mehr oder nur noch mit geringster Geschwindigkeit auf Landstraßen fahren.

Pressemitteilung der DAV-Verkehrsrechtsanwälte

Aber wir haben doch gekündigt…

Ich weiß nicht, woran HealthCity spart. An Rechtsberatung auf jeden Fall. Auf die etwas misslungene Preiserhöhung hatte ich geantwortet. Die Reaktion kam gerade per Mail:

Aufgrund der angebrachten Preiserhöhung haben wir Ihren Vertrag zum 01.03.2009 gekündigt. Jetzt haben Sie die Möglichkeit eine neue Mitgliedschaft … abzuschließen. Sollte dies nicht für Sie in Frage kommen, endet Ihr Vertrag automatisch zum 01.03.2009.

Ich habe das Preiserhöhungsschreiben mehrfach gelesen. Eine Kündigung kann ich darin leider nicht finden. Es sei denn, der schwammige Satz, man wolle mir auch nach dem 1. März 2009 weiter wie gewohnt zur Verfügung stehen und deshalb solle ich mich bis Ende Februar bei einer Thekenkraft melden, ist schon als Kündigung zu verstehen.

Überraschend ist aber insbesondere, dass ausgerechnet ein Fitnessstudio so tut, als habe es noch nichts von Kündigungsfristen gehört. Ein Mitglied jener Branche, die gegenüber erkrankten, umziehenden oder sportunlustigen Kunden immer als erstes auf den unterzeichneten Vertrag pocht und genüsslich die Trumpfkarte mit der Laufzeit zieht.

So musste ich das sich unwissend gebende HealthCity gerade tatsächlich darüber aufklären, dass die Kündigungsfristen nicht nur für den Kunden gelten. Sondern auch fürs Studio. Ich hoffe, die Botschaft ist angekommen und man fragt gegebenenfalls mal einen Hausanwalt (aber möglichst nicht den holländischen).

Wenn HealthCity mir jetzt noch eine Kündigung schickt, wären wir zum 31. Juli auseinander. Nicht zum 1. März. An sich habe ich eigentlich schon jetzt keine große Lust mehr, aber in mir erwacht gerade die Kampfeslaune und ich mutiere zum Prinzipienreiter. Was ich in eigener Sache eigentlich nur höchst selten bin.

Aber wenn man mich für dumm verkauft, ist das fast eine vegetative Reaktion. Da kann ich nichts gegen machen. Deshalb schon mal die klare Ansage: Wenn das Drehkreuz am Eingang für mich ab dem 1. März geschlossen sein sollte, gibt’s eine Fortsetzung der Geschichte.

Gerne auch vor Gericht.

Zum Thema: Entgelt für Dusche darf nicht verschwiegen werden