Gericht darf Punkte nicht erlassen

Das Amtsgericht Essen ließ ungewöhnliche Nachsicht walten. Gegen einen Temposünder verdoppelte es zwar die an sich fällige Geldbuße auf 100 Euro, ordnete dafür aber an, dass der Betroffene keinen Punkt in Flensburg erhält – es wäre sein erster gewesen.

Damit trug das Gericht offensichtlich dem Umstand Rechnung, dass viele Verkehrssünder mehr unter einem Punkt leiden als unter der Geldbuße.

Das Oberlandesgericht Hamm konnte dem Urteil nichts abgewinnen. Der Amtsrichter war nämlich gar nicht dazu berechtigt, über Punkt oder nicht Punkt zu entscheiden:

Die Eintragung im Verkehrszentralregister ist keine mit einem Fahrverbot vergleichbare Nebenfolge, welche neben der Geldbuße als zusätzliche Sanktion zur Einwirkung auf den Betroffenen verhängt werden kann. Vielmehr soll die Bestimmung des § 28 III Nr. 3 StVG sicherstellen, dass Ordnungswidrigkeiten ab einer gewissen Bedeutung zentral erfasst und bei zukünftigen Entscheidungen berücksichtigt werden können (vgl. OLG Hamm, VerkMitt. 1997, Nr. 39 m.w. Nachw.).

Das Punktsystem bezweckt eine Vereinheitlichung der Behandlung von Mehrfachtätern (vgl. Hentschel, StraßenverkehrsR, 39. Aufl., § 4 StVG Rdnr. 2) und stellt damit keine Sanktion dar, die Aufnahme in den Urteilstenor eines ordentlichen Gerichts finden kann.

OLG Hamm, Beschluss vom 27. 11. 2008, 2 Ss OWi 803/08