Posten im Ministerium als Strafe für Pannen

Weil die Pannenserie in der Justiz immer länger wird, unterbrach Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) ihren Urlaub. In Wuppertal wurde vor vier Wochen ein des schweren Raubes beschuldigter Mann ebenso vorzeitig aus der Untersuchungshaft entlassen wie kürzlich in Mönchengladbach ein mutmaßlicher Kinderschänder, außerdem ein Gewalttäter.

Wieder war es das Oberlandesgericht Düsseldorf, das der Staatsanwaltschaft und dem Landgericht Wuppertal erlahmende Arbeit vorwarf. Und das Freiheitsrecht des Untersuchungshäftlings nach 6 Monaten höher als die Ermittlungsarbeit stufte. Wegen der ähnlichen Störfälle in Mönchengladbach ist dort jetzt der Chef der Staatsanwaltschaft für drei Monate ins Justizministerium versetzt worden.

Auch der Düsseldorfer Generalstaatsanwalt Gregor Steinforth bekannte sich gestern zu einem „bedauerlichen Fehler“. Er hatte die Entlassung des vermeintlichen Räubers erst vor zwei Tagen dem Ministerium gemeldet. Zugleich räumte Steinforth ein, dass es unter seiner Aufsicht bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach schon seit geraumer Zeit Verfahrensverzögerungen gegeben habe. „Schlendrian nehme ich nicht hin“, gab sich die Ministerin konsequent.

Sie wich aber der Frage aus, wie viel Geld sie vom Finanzminister brauche, um endgültig Ordnung in den Apparat zu bringen: „Im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten tun wir alles!“ Unterdessen, so versicherte sie, werden die dienstrechtlichen Ermittlungen gegen Beamte in Mönchengladbach „mit Hochdruck fortgesetzt“.

Auf ein „Frühwarnsystem“ angesprochen, dass sie vor 2 Jahren zur Beschleunigung von Strafverfahren angekündigt hatte, sagte Müller-Piepenkötter: „Ich habe die Spitzen der Oberlandesgerichte und Generalstaatsanwälte einbestellt.“ Denen habe sie deutlich gemacht, dass die Strafverfahren mit gleichzeitig laufender Untersuchungshaft in Einklang mit dem Beschleunigungsgebot stehen müssen. Und die reibungslose Kommunikation in der Justiz habe sie eingeklagt.

Ihren von der Opposition geforderten Rücktritt lehnt sie ab. In zwei Tagen fliegt sie nach Griechenland, zurück in den Urlaub. (pbd)

Hintergrund: Über 7 Jahre nach einem Raubüberfall in Wuppertal wurde im November vorigen Jahres anhand von Genspuren ein mutmaßlicher Täter ermittelt und in Untersuchungshaft gebracht. Die Polizei brauchte 8 Wochen für eine Gegenüberstellung. Plötzlich gab es Probleme mit der Identität des Beschuldigten. Deshalb wechselte die Zuständigkeit in den Kammern des Landgerichts. Ein Verteidiger löste den ersten ab. 8 Monaten waren vergangen. Zuviel, urteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf und setzte den Mann auf freien Fuß. (pbd)