Zahllos

Im Umgang mit Kinderpornografie scheint die Hybris nun auch in die Büros der Strafverfolger einzuziehen. Diese sind an sich zur Objektivität verpflichtet. Aber es kann in aufgeregten Zeiten ja nicht schaden, moralische Entrüstung durchschimmern zu lassen. Wie in dieser Passage einer Anklageschrift:

Am 6. September 2008 lud der Angeschuldigte einen ca. 30-minütigen Film mit zahllosen kinderpornografischen Filmsequenzen herunter. In 30 Filmsequenzen wird der sexuelle Missbrauch von Kindern dargestellt.

Hatte ich bei der Verwendung des Begriffs „zahllos“ zunächst an einen Diktatfehler oder einen einmaligen stilistischen Missgriff geglaubt, wurde ich auf der nächsten Seite eines Besseren belehrt. Dort heißt es schon wieder:

Am 18. November 2008 war der Angeschuldigte im Besitz zahlloser Dateien mit Kinderpornografie. Auf zwei Rechnern befanden sich insgesamt 894 Einzelbilder und 240 Videodateien mit kinderpornografischen Inhalten.

Was will uns der Autor sagen? Dass 30 Filmsequenzen, 894 Einzelbilder und 240 Videodateien einfach zu sachlich ist und doch nur verharmlosend klingt? Dass er sich sorgt, ohne seine wolkige Umschreibung werde das Gericht womöglich die wahre Dimension des Falles verkennen?

Jedenfalls nicht, dass er zu faul zum Zählen ist. Das hat er ja immerhin gemacht.