Verwirrte Verfahren

Die Staatsanwaltschaft Ulm hat mich beeindruckt. Positiv. Sie beantragt von sich aus die Wiederaufnahme eines Strafverfahrens gegen meine Mandantin – und zwar zu Gunsten der Frau. Was zur Folge haben sollte, dass ein mittlerweile rechtskräftiger Strafbefehl aufgehoben und das Ermittlungsverfahren eingestellt wird.

Die Geschichte ist nicht lang. Meine Mandantin stammt aus Afrika. Sie hielt sich illegal in Deutschland auf. Im Juni 2008 wurde sie in Göppingen erwischt. Wegen illegalen Aufenthaltes verhängte das Amtsgericht im Januar 2009 einen Strafbefehl. Eintausend Euro, die meine Mandantin bei sich hatte, waren gleich bei der Festnahme einbehalten worden. Die Geldstrafe belief sich dann, welch Überraschung, auf eintausend Euro.

Nun ist meine Mandantin aber noch einmal erwischt worden, und zwar im November 2008. Das war in Duisburg. Dort knöpfte man ihr 2.500 Euro ab und stellte das Verfahren wegen geringer Schuld ein. Die Einstellung in Duisburg erging einige Tage vor Erlass des Strafbefehls in Ulm.

Ich hatte mir dann erlaubt darauf hinzuweisen, dass der illegale Aufenthalt ein Dauerdelikt ist. Meiner Mandantin sei nicht nachzuweisen, dass sie zwischen den Kontrollen in Göppingen und Duisburg ausgereist sei. Somit liege nur eine Tat vor.

Eine Tat bedeutet aber, dass der Strafbefehl nicht hätte ergehen dürfen. Denn mit der Verfahrenseinstellung gegen eine Auflage von 2.500,00 Euro darf die betreffende Tat nicht erneut verfolgt werden. Das aber ist mit dem Strafbefehl geschehen.

Der Staatsanwalt in Ulm hat sich die Akte aus Duisburg kommen lassen – und nun von sich aus die Wiederaufnahme beantragt. Das ist ein fairer Zug. Normalerweise wird nämlich jedes juristische Schlupfloch genutzt, um es nicht zur Wiederaufnahme zu Gunsten des Verurteilten kommen zu lassen (aktuelles Beispiel).

Meine Mandantin wird sich auch freuen. Wenn der Antrag erfolgreich ist, kriegt sie ihre 1.000 Euro wieder. Für die hat sie hart gearbeitet.