Um griffige Formulierung bemüht

Vor einiger Zeit hatte ich auf eine beachtenswerte Pressemittelung des Oberlandesgerichts Köln hingewiesen. Deren Überschrift lautete:

07.07.2009 – 2. Strafsenat eröffnet Hauptverfahren gegen NS-Schergen Heinricht B.

Ein Leser des law blog hat wegen der Formulierung „NS-Scherge“ und der damit aus seiner Sicht verbundenen Vorverurteilung gegen den Pressedezernenten des Oberlandesgerichts Dienstaufsichtsbeschwerde erhoben. Hier die Antwort des Gerichtspräsidenten:

… Der Pressedezernent des Oberlandesgerichts hat zu Ihrer Dienstaufsichts­beschwerde Stellung genommen und ausgeführt, er sei als Pressespre­cher bisweilen bemüht, auch eine griffigere Formulierung zu suchen, um nicht immer von Angeklagtem sprechen oder schreiben zu müssen.

Der Angeklagte in dem Verfahren vor dem Landgericht Aachen sei in der deut­schen Presse seit über zwei Jahren als „NS-Scherge“ oder mit vergleich­baren Formulierungen bezeichnet worden, nachdem er im Jahr 1949 in
Amsterdam wegen derselben – ihm nunmehr in dem Verfahren vor dem
Landgericht Aachen vorgeworfenen – Taten wegen dreifachen Mordes in
Abwesenheit rechtskräftig verurteilt worden war.

Selbstverständlich sei der Angeklagte deswegen in Deutschland noch nicht bestraft worden, so dass hier auch die Unschuldsvermutung für ihn gelte. Deshalb habe er, der Pressedezernent, die von ihm gewählte Formulierung als Überschrift (Schlagzeile) für gerechtfertigt gehalten. Er nehme den Hinweis aus Ihrer Eingabe aber sehr ernst.

Ich teile Ihre Auffassung, dass die Justizverwaltung dazu aufgerufen ist, bei der Pressearbeit über laufende Gerichtsverfahren den Anschein jeglicher Vorverurteilung zu vermeiden, so dass es besser gewesen ware, wenn die von Ihnen beanstandete Formulierung nicht verwendet worden wäre.

Der Pressedezernent des Oberlandesgerichts ist ein sehr gewissenhaft, ernsthaft und umsichtig arbeitender Richter, der sehr darauf bedacht ist, im Umgang mit den Medien die Neutralität und Unvoreingenommenheit der Gerichte herauszustellen. Vor diesem Hintergrund sehe ich keinen Anlass zu dienstaufsichtlichen Maßnahmen.