Nicht berechenbar

Die Revision ist verworfen, die zulässigen Rechtsmittel sind ausgeschöpft. Bleibt nur der Gang nach Karlsruhe. Was aber sagt man einem Mandanten, der nach den Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde fragt?

In den meisten Fällen rate ich ohnehin ab. Es mag womöglich ein Fehlurteil ergangen sein, aber die Grundrechte des Mandanten sind halt nicht verletzt. Typischer Fall ist die falsche Beweiswürdigung. Hat das Gericht die Zeugenaussagen zweifelhaft bewertet oder wichtige Umstände falsch gewichtet, tut dies zwar weh. Es hat aber nichts mit den Grundrechten des Betroffenen zu tun. Solche Fälle blocken die Richter in Karlsruhe eisern ab, denn sie verstehen sich – zu Recht – nicht als „Instanz nach der letzten Instanz“.

Ansonsten bleiben viele Unwägbarkeiten. In einem aktuellen Fall, der eine Verfassungsbeschwerde wert wäre, hat der Mandant nach den Erfolgsaussichten gefragt. Ich habe zunächst mal so geantwortet:

Die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde lassen sich schwer abschätzen. Es ist so, dass das Verfassungsgericht in Karlsruhe absolut nicht berechenbar ist. Dies liegt vor allem daran, dass keine Annahmepflicht besteht. So können sich die Richter aussuchen, was sie interessiert. Allerdings ist es nach meiner Erfahrung so, dass Verfassungsbeschwerden aus dem Bereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit ernst genommen werden. Das Gericht legt seit jeher einen Akzent auf Artikel 5 Grundgesetz.

Außerdem könnte es sein, dass das Gericht dieser Frage grundsätzliche Bedeutung beimisst. Eine Entscheidung in dieser Konstellation ist mir noch nicht bekannt. Sie würde aber gerade viele Jugendliche und Eltern betreffen, da dieses Problem ja kein Einzelfall ist.

Für eine Verfassungsbeschwerde mit diesem Umfang berechne ich ….

Ich hoffe, es scheitert nicht ausgerechnet am letzten Punkt.