Knast für Charlotte

Öffentliches Ereignis – Strafanzeige. Dieser Reflex ist bei Juristen mittlerweile sehr ausgeprägt. Vor allem bei jenen, die sich nach 15 Minuten medialer Aufmerksamkeit sehnen, welche auch die bräsigste Anzeige erhält. Kurz gesagt: Die von Pressemitteilungen flankierte Anschwärzerei ist im Regelfall was für Leute, die sich für nichts zu taperig sind.

So moribund kann aber dann doch keiner sein, dachte ich vor einigen Tagen. Das war, als das Angebot von Charlotte Roche an den Bundespräsidenten durch die Presse ging. Charlotte Roche ließ verlauten, sie steige mit Billigung ihres Ehegatten mit dem ersten Mann des Staates in die Kiste, wenn dieser das geänderte Atomgesetz nicht unterschreibt.

Kurz kam mir der Gedanke, das könnte ja strafrechtlich problematisch sein. Wenn man den Herrn Wulff als „Amtsträger“ ansieht, wäre Vorteilsgewährung möglich. Oder sogar das noch bösere Delikt namens Bestechung. Das muss auch nicht an der Natur des Angebots scheitern. Sex gegen Amtshandlung ist nämlich nichts Neues. Die Gerichte hatten deshalb schon oft genug Anlass zur Feststellung, dass auch Dienste erotischer Art ein „Vorteil“ im Sinne des Strafgesetzes sein können.

Nach 0,99 Sekunden kam ich jedoch zum Schluss, es gibt vielleicht Pappnasen unter den Juristen. Aber so belämmert kann doch niemand sein, dem PR-Stunt aus dem Hause Roche auch nur einen Hauch von Ernsthaftigkeit unterzuschieben. Was ja, wie jedes Erstsemester weiß, für eine Straftat ziemlich unverzichtbar ist.

Ich habe die Rechnung ohne Passau gemacht. Dort gibt es Assessor Dr. Till Zimmermann. Zimmermann forscht an einem Strafrechtslehrstuhl der Universität und hat jetzt tatsächlich Strafanzeige gegen Charlotte Roche erstattet. Die Presse zitiert ihn mit der Begründung, er wolle mal sehen, wie die Verfolgungsbehörden mit Bestechung aus dem Volk umgehen.

Ich habe die dunkle Ahnung, dass Dr. Till Zimmermann eher rausfinden wird, wie Staatsanwälte mit bescheuerten Strafanzeigen umgehen können, wenn sie mal richtig sauer sind. Indem sie nämlich von der Möglichkeit Gebrauch machen, dem Anzeigenerstatter vom Gericht die Kosten des ohnehin absehbar kurzen Verfahrens aufs Auge zu drücken.

Aber was sind ein paar Euro Kosten gegen eine Erwähnung in der Lokalpresse und das ewige Andenken bei Google?