Bürger muss nicht schlauer sein als der Zoll

Muss ein Nichtjurist schlauer sein als der Zoll?

Auf diese Frage musste jetzt das Finanzgericht Hamburg eine Antwort geben.

Darum ging es: Der Kläger hatte online im Ausland einen Blu-ray-Player bestellt. Das Gerät kostete 500 Euro. Bei Abholung des Players beim Zollamt meldete der Kläger die Einfuhr ordnungsgemäß an. Der diensthabende Zollbeamte besprach sich mit einem Kollegen, gab die Daten in das EDV-System ein und setzte gegenüber dem Kläger in einem mehrseitigen Einfuhrabgabenbescheid Abgaben in Höhe von 88,68 EUR fest. Der Kläger zahlte diesen Betrag.

Der Kläger war schon auf dem Weg zu seinem Filmabend, als die Zollbeamten einen Fehler bemerkten. Sie hatten zu geringe Abgaben berechnet. Das Zollamt erhob Einfuhrabgaben in Höhe von weiteren 77,21 EUR. Eine nachträgliche Erhöhung der Abgaben ist nach den Zollvorschriften nur sehr eingeschränkt möglich. Zur Begründung hieß es deshalb im zweiten Bescheid, der Kläger habe durch schlichtes Nachlesen der einschlägigen Gesetzesvorschriften den Fehler selbst bemerken können. Deshalb gelte für ihn kein Vertrauensschutz.

Der bisher vom Abgabenrecht unbeleckte Bürger wollte sich das nicht gefallen lassen und klagte vor dem Finanzgericht Hamburg. Der 4. Senat gab ihm nun recht.

Die Richter meinen, der Kläger habe darauf vertrauen dürfen, dass Zollbeamte über die erforderliche Sachkunde verfügen. Es sei lebensfremd und vom Kläger nicht zu verlangen, sich selbst während der nur etwa 15 Minuten dauernden Zollabfertigung über die zutreffende Höhe der Einfuhrabgaben zu informieren.

Abgesehen davon, dass die zollrechtlichen Bestimmungen dem Kläger im Zollamt nicht zur Verfügung gestanden hätten, könne vom Bürger nicht erwartet werde, dass er sich in den zollrechtlichen Bestimmungen, die nicht nur unübersichtlich und schwer verständlich seien, sondern jedes Jahr auch mehrere Tausend Seiten umfassten, besser auskenne als der Zoll.

Dem Finanzgericht war dieses Urteil offenbar besonders wichtig. Es erging schon sechs Wochen nach Klageerhebung. Ein Temporekord für die ansonsten eher gemächlichen Finanzgerichte.

Finanzgericht Hamburg, Aktenzeichen 4 K 63/11