Rechtsschutz: Nur kritteln reicht nicht

Auch beim Rechtsschutz zählen nicht nur nackte Zahlen. Auf diese hatte eine Rechtsschutzversicherung geschielt und sich geweigert, das zu tun, wofür sie bezahlt wird – die Anwaltskosten ihres Kunden zu übernehmen. Das Spielchen machte nun der Bundesgerichtshof nicht mit und verurteilte die Rechtsschutzversicherung.

Der Versicherte wollte ein mangelhaftes Auto zurückgeben. Der Verkäufer war damit aber nicht einverstanden. Nach einigen Verhandlungen einigten sich die Kontrahenten, dass der Käufer den Wagen zurückgeben darf und 12.000 Euro angerechnet erhält, wenn er beim selben Händler einen Jahreswagen kauft. Das erste Auto hatte 15.830 Euro gekostet.

Die Rechtsschutzversicherung wollte nur 24,2 % der Anwaltskosten übernehmen. Sie berief sich auf eine Klausel, die sich in allen Rechtsschutzverträgen findet. Danach muss der Rechtsschutz bei einem Vergleich nur die Quote bezahlen, die dem Verhältnis von Obsiegen und Verlieren entspricht.

Hier konnte man aber nicht einfach die 12.000 Euro zum Kaufpreis von 15.830 Euro in Relation setzen, stellten nun die Richter am Bundesgerichtshof fest. Das werde dem tatsächlichen Erfolgsverhältnis nicht gerecht. Der Autokäufer habe zwar Vorteile, aber auch Nachteile, die aber nicht einfach ausgerechnet werden könnten.

An dieser Stelle kommt der Bundesgerichtshof dem Versicherten entgegen. Die Versicherung müsse darlegen und beweisen, dass das Verhältnis von Sieg und Niederlage nicht mit den geltend gemachten Kosten übereinstimmt. Es ist also stets Aufgabe der Rechtsschutzversicherung, eine falsche Kostenquote zu belegen. Das habe die Versicherung vorliegend nicht gekonnt, deshalb müsse sie auch zahlen.

Außerdem wichtig: Nach Auffassung der Richter ist es bei Vergleichen in Fällen, bei denen man mit Mathematik alleine nicht weiterkommt, normalerweise in Ordnung, wenn jede Seite ihre Kosten selbst trägt. Auch im entschiedenen Fall war es somit nicht zu beanstanden, dass der Autokäufer und Händler ihre eigenen Kosten übernahmen (und zwar dadurch, dass sie einfach gar nichts zu den Kosten in den Vergleich schrieben).

Das Urteil ist wichtig für jeden, der rechtsschutzversichert ist. An der Kostenquote bei Vergleichen wird nämlich gern gekrittelt. Da ist es für den Kunden doch beruhigend, wenn er weiß, dass er sich nicht entlasten, sondern dass die Versicherung ihm einen Fehler nachweisen muss und es normalerweise nicht zu beanstanden ist, wenn jeder Vergleichspartner die eigenen Kosten übernimmt.

Link zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Die E-Akte kommt

Die elektronische Akte soll auch im Strafrecht eingeführt werden. Im Bundesjustizministerium feilt eine Arbeitsgruppe derzeit an einem Gesetzentwurf für den Abschied vom Papier. Gestern veranstaltete das Ministerium in Berlin ein Symposium, um alle Aspekte der “E-Akte” zu beleuchten.

Ich war eingeladen, kurz darzulegen, wie Strafverteidiger zu der E-Akte stehen, was sie von ihr erwarten – und was sie vielleicht befürchten. Hier einige Passagen aus meinem Statement:

“Als ich meine Mitarbeiterin bat, die Einladung zu dieser Veranstaltung im Kalender zu notieren, war sie gerade am Kopierer. Den Blick auf sie verstellten zwei Umzugskartons. Die Kartons enthielten die gerade eingetroffene Akte eines Wirtschaftsstrafverfahrens.

Obwohl wir einen wahrlich modernen Kopierer nutzen, hing ein würzig-kräftiger Ozongeruch im Raum. Die Miene meiner ansonsten meist gut gelaunten Mitarbeiterin war, so wie sie immer ist, wenn sie Akten kopiert: sauertöpfisch.

Endloses Scannen und Kopieren gehört zwar zum Alltag eines Strafverteidigerbüros. Es ist und bleibt aber Strafarbeit, ebenso wie die Pakete mit umfangreichen Akten zur Post schleppen (was in überschaubaren Büros heute übrigens bevorzugt der Chef erledigen darf – weil er ja ein Auto hat und es jetzt die 24 Stunden geöffneten Packstationen gibt).

Es wird Sie deshalb kaum überraschen, dass meine Mitarbeiterin euphorisch auf die Einladung zu diesem Symposium reagierte. Eine E-Akte ist geplant? jubelte sie. Das würde ich gern noch erleben!

Meine Sekretärin ist Mitte 30, es besteht also verhaltener Grund zur Hoffnung. Nachdem ich heute erlebt habe, mit welchen Elan das Team hier im Bundesjustizministerium die Idee der E-Akte umsetzt, bin ich sogar sehr guter Hoffnung.

Ich schließe mich als Strafverteidiger der Begeisterung meiner Mitarbeiterin uneingeschränkt an. Die papierne Ermittlungsakte ist ein Relikt, welches ich als Strafverteidiger gerne hinter mir lassen würde.

I. Gründe, die aus Verteidigersicht für die E-Akte sprechen

Aus folgenden Gründe finde ich die Idee der E-Akte gut:

– PC, Büronetzwerk, Notebook und Onlinekommunikation gehören mittlerweile zur Grundausrüstung der allermeisten Strafverteidiger. Die technischen Voraussetzungen sind also da, um sich vom Papier zu verabschieden.

– Außer in kleinen Verfahren ist es ein mühseliges Unterfangen, die Papierakte in der Hauptverhandlung präsent zu haben. Immer mehr Kollegen stellen deshalb ohnehin schon eine eigene E-Akte her, indem sie die Papierakte in PDFs verwandeln oder sogar spezielle Software verwenden.

Alleine der Wegfall des schweißtreibenden Aktenschleppens ist aus Sicht eines Strafverteidigers ein dringender Grund für die Einführung der E-Akte. Denken Sie auch an den Wohlfühlfaktor, wenn man bei einem Auswärtstermin keinen Koffer mit sieben, acht, zwölf Aktenordern mehr einchecken und zum Gericht rollen muss.

– Die E-Akte ist leichter erfassbar und aufbereitbar, zum Beispiel durch Wort- und Bildersuche.

– Der eingangs beschriebene immense Kopieraufwand im Strafverteidiger-Büro entfällt weitgehend. Darüber hinaus natürlich auch weitere personalintensive Arbeiten. Etwa das Annehmen, Auspacken, Termine für Rücksendungen notieren, Eintüten, Zurückschicken und das Archivieren.

Es sprechen also gute betriebswirtschaftliche Gründe für die E-Akte. Der Einspareffekt geht jedenfalls weit über das ersparte Paketporto für die Rücksendung und die möglicherweise entfallende Aktenversendungspauschale hinaus. Über solche Vorteile freut sich jeder Freiberufler. Wir leben ja allesamt mit dem sattsam bekannten Kostendruck.

– Die E-Akte kann das Verfahren beschleunigen. Die Wartezeit auf Akteneinsicht dürfte sich tendenziell verkürzen. Die Horrorantwort “Die Akte ist versandt” auf ein Akteneinsichtsgesuch könnte sich weitgehend erübrigen. Erneute Einsichtsanträge werden schneller und unkomplizierter bedient werden können.

Es gibt auch keine Kommunikationsunfähigkeit bei Telefonaten zwischen Staatsanwalt/Richter und Verteidiger mehr, denn die Akte ist auch bei Staatsanwaltschaft / Gericht präsent (und muss auch nicht erst aus der Serviceeinheit herbeigeschafft werden).

– Es mag auch unter den Verteidigern Traditionalisten geben, welche der Papierakte nicht abschwören möchten. Auch bei der gedruckten Tageszeitung wird im Vergleich zu Onlinemedien ja auch immer das haptische Erlebnis hoch gelobt. Auch wenn diese Auffassung mehr und mehr belächelt wird, müssen Traditionalisten unter der E-Akte nicht leiden. So wie eine Vielzahl Verteidiger schon heute für sich Papierakten in E-Akten Marke Eigenbau verwandelt, können die Traditionalisten die E-Akte ja auch jederzeit wieder in Papier verwandeln – indem sie sie ausdrucken.

Zusammengefasst bin ich also uneingeschränkt pro E-Akte. Bei einer kleinen, nicht repräsentativen Rundfrage unter Kollegen hat auch keine Anwältin oder Anwalt grundsätzliche Bedenken geäußert. Einer sauber gelösten E-Akte dürfte sehr gut bei Strafverteidigern und deren Mitarbeitern ankommen. Das ist im Ergebnis meine Prognose.

II. Praktische Umsetzung der Akteneinsicht

Wenn die E-Akte uns Strafverteidigern also willkommen ist, stellt sich nur die Frage nach der praktischen Umsetzung. Ich denke, hier können die meisten Fehler gemacht werden – wie ja auch die aufschlussreiche Diskussion des heutigen Tages gezeigt hat.

Ich plädiere dafür, sich auf ein Prinzip zu besinnen, welches, wie passend, aus der Informatik stammt:

KISS Keep it simple, stupid.

Es ist genau das Gegenteil jener Regel, die manchmal unser Juristenleben zu bestimmen scheint: Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

Um die oben beschriebenen positiven Effekte zu erzielen und für eine hinreichende Akzeptanz zu sorgen, muss die Akteneinsicht demnach so unkompliziert wie möglich sein.

Welche Zugangswege kommen für den Verteidiger in Frage? Ich fasse mal zusammen:

– Akteneinsicht bei Staatsanwaltschaft oder Gericht (Kiosk-Computer)
– Übersendung von körperlichen Datenträgern (DVD, USB-Stick)
– Zusendung per Mail
– Online-Zugriff über die Cloud

– Vor dem Kiosk-Computer als alleinigen Weg zur Akteneinsicht kann ich nur abraten.
Die weitaus meisten Staatsanwaltschaften und Gerichte übersenden dem Verteidiger heute die Papierakte in die Kanzlei. Die Verpflichtung, sich an ein Gerichtsterminal zu begeben und dort die Akte zu lesen bzw. die Daten per USB-Stick “abzuholen”, wäre ein Schritt zurück. Es wäre für Verteidiger weiterhin nicht praktikabel und auch nicht zumutbar.

Zur Erläuterung: Wir Verteidiger heute zumindest regional, viele von uns sogar bundesweit tätig. Extra mal von Düsseldorf nach Augsburg oder Cottbus für eine E-Akte fahren – Sie ahnen, dass dies schlichtweg nicht funktionieren kann.

Sofern uns das Gesetz also die Möglichkeit ließe, würden wir Verteidiger  schon aus Zeitgründen dem Kiosk-Verfahren die kalte Schulter zeigen und weiter eine Papierakte anfordern.

Selbst wenn man die Akte am Kioskterminal des eigenen Gerichts abholen könnte, gibt es schon genug Orte der Justiz, an denen wir Verteidiger warten müssen. Schlecht organisierte Justizvollzugsanstalten und flughafenmäßig gesicherte Gerichtseingänge, um nur mal zwei aktuelle Beispiele zu nennen. Ersparen Sie uns deshalb nach Möglichkeit das Schlangestehen vor einem Kiosk-Computer.

– Die Übersendung von DVDs oder USB-Sticks ist sicher machbar. Aber sie beinhaltet einen unschönen, überdies nicht mehr zeitgemäßen  Systembruch. Der Versand der Datenträger per Post entwertet das erstrebte “E”.

Außerdem tritt bei verschickten und inhaltlich damit auf einen Zeitpunkt fixierten Datenträgern dieselbe Problematik auf, die wir heute von Zweit- und Drittakten kennen. Die sind nie auf dem gleichen Stand – und am Ende ist die Verwirrung größer als der Nutzen.

– Letzteres Argument gilt auch für die Übersendung per Mail oder, wenn es die Sicherheit denn erfordern sollte, per DE-Mail oder vergleichbarer Angebote. Sollte etwa die Nutzung von DE-Mail verpflichtend werden, dürfte die Zahl der E-Akten-Verweigerer sicher nicht unerheblich sein.

Wie Sie wissen, haben Datenschützer erhebliche Bedenken gegen das DE-Mail-System, auch wegen der fehlenden durchgehenden Verschlüsselung. Gegen diese Bedenken werden sich viele Anwälte nicht verschließen und nach Möglichkeit eben nicht an DE-Mail teilnehmen.

– Wenn man also schon den Weg zur E-Akte geht, sollte man nicht auf halben Weg stehenbleiben, sondern zukunftssicher investieren.

Die Zukunft sollte nach meiner Meinung dem Online-Zugriff auf die Akte gehören, die nach Möglichkeit in der Cloud gespeichert ist. Wir erleben den Trend zur Cloud ja schon in allen anderen Onlinebereichen.

Wir haben heute von den weitaus meisten Experten auch gehört, dass die Cloud keineswegs unsicherer ist als lokal gespeicherte Daten. Mich haben diese Ausführungen überzeugt. Absolute Sicherheit wird es ohnehin nur um den Preis der Unbenutzbarkeit geben. Denken Sie an das Schicksal, welches der qualifizierten digitalen Signatur beschieden ist. 

Die Justiz würde einen Fehler machen, wenn sie angesichts dieses klaren Trends zur Cloud auf Übertragungslösungen wie Datenträger oder E-Mail setzt, die heute schon “old school” sind und bald wahrscheinlich nur noch milde belächelt werden.

Mir ist klar, dass die Lösung mit der Cloud vielleicht die höchsten Anforderungen an die Umsetzung stellt.

Doch denken Sie bitte daran:

Auch das von der Sensibilität vergleichbare Online-Banking der privaten Wirtschaft funktioniert (im Großen und Ganzen). Es hat sich letztlich durchgesetzt, weil es dem Endnutzer einen spürbaren Komfort verschafft und nicht eine Beschwernis durch die andere ersetzt.

Ähnlichen Komfort wie beim Online-Banking erhoffe ich mir auch für die E-Akte. Als Anwalt wünsche ich mir daher folgendes:

– einen vertretbaren Registrierungsaufwand;
– händelbare Sicherheitsvorgaben;
– ein ohne mehrtätige Schulung nutzbares Benutzermenü;
– Transparenz über Zugang bzw. Sperre von Aktenteilen.

Es ist also machbar, dass uns die E-Akte einen Nutzwert beschwert. Wenn das der Fall ist, sind wir Verteidiger gerne mit im Boot.”

NRW-Justiz hört weniger ab

In Nordrhein-Westfalen wurde im letzten Jahr weniger abgehört. Die Zahl der Ermittlungsverfahren mit Telekommunikationsüberwachung ist um fast 13 Prozent zurückgegangen. Zugleich stieg die Erfolgsquote bei der Gewinnung beweiskräftiger Erkenntnisse von 83,5 Prozent im Jahr 2009 auf jetzt rund 85 Prozent, teilte Justizminister Thomas Kutschaty heute in Düsseldorf mit.

"Bei schweren Straftaten ist die Telekommunikationsüberwachung nach wie vor ein unverzichtbares und effizientes Mittel, das die Staatsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen mit hoher Erfolgsquote maßvoll einsetzen", erklärte der Minister. Nach seinen Angaben sank die Zahl der Überwachungen auf 458 (gegenüber 526 Verfahren im Jahr 2009).

Dies zeige, wie verantwortungsbewusst die Staatsanwaltschaften in NRW unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit diesem Ermittlungsinstrument umgingen, betonte Kutschaty. Das Verhältnis zur Gesamtzahl von 1.068.239 Ermittlungen gegen konkrete Personen sei äußerst gering. Statistisch gesehen entfalle somit auf jeweils 2.332 Ermittlungsverfahren lediglich eines mit Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen.

Einsatzschwerpunkte der Telekommunikationsüberwachung waren erneut die Verfolgung von Drogendelikten und die Organisierte Kriminalität. Allein auf diese Deliktsgruppen entfielen rund 52 Prozent der Überwachungsanordnungen. Mord und Totschlag waren in 56 Fällen (rund 3,89 Prozent) Anlass für eine Anordnung der Telekommunikationsüberwachung.

Bei den Verfahren mit der Erhebung von Telekommunikationsverkehrsdaten (= Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden) betrage der Rückgang sogar fast 32 Prozent, so der Minister weiter (von 931 im Jahr 2009 auf jetzt 634). Der Anteil der Verfahren, in denen Verkehrsdaten erhoben wurden, liegt bei nur rund 0,06 Prozent oder nur jeweils einem von 1.685 Ermittlungsverfahren.

Ein Stundensatz zerbröselt vor Gericht

Auch bei zivilrechtlichen Streitigkeiten vereinbaren Anwälte Stundenhonorare. Dabei müssen sie sorgfältig darauf achten, am Ende auch an ihr Geld zu kommen. Schon kleine “Fehler” bei der Honorarvereinbarung können sie um ihren Stundensatz bringen. Zumindest, wenn man die Rechtslage so einschätzt wie jetzt das Amtsgericht München in einem Honorarprozess.

Darum ging es:

Ein Münchner beauftragte einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung vor dem Landgericht München I. Sowohl er als auch sein Rechtsanwalt unterschrieben eine Vereinbarung, wonach der Anwalt 220 Euro pro Stunde kriegte. Der Vertrag enthielt zu diesem Zeitpunkt eine Klausel, wonach zumindest ein Mindestbetrag zu zahlen war – nämlich in Form der Vergütung nach der normalen Gebührenordnung.

Diese Klausel wurde auf Wunsch des Mandanten gestrichen. Dieser ging nämlich davon aus, dass der Rechtsstreit schnell erledigt wird und ihm das Stundenhonorar günstiger kommt.

Tatsächlich war der Rechtsstreit doch aufwendiger. Der Anwalt brauchte deutlich mehr Stunden als geplant. Schließlich stellte der Anwalt seine Leistungen mit 9.680 Euro in Rechnung. Der Mandant bezahlte allerdings nur 4.963 Euro.

Der Anwalt berief sich auf das vereinbarte Stundenhonorar. Der Mandant entgegnete ihm, an gesetzlichen Gebühren seien nur 3.135 Euro angefallen, deshalb zahle er nicht mehr. Die Honorarvereinbarung sei unwirksam, denn in gerichtlichen Angelegenheiten dürfe kein geringeres Honorar als die gesetzliche Vergütung vereinbart werden. Durch die Streichung der Klausel sei aber gerade dies geschehen.

Der Anwalt klagte sein Stundenhonorar ein. Damit blitzte er vor dem Amtsgericht München ab. 

Die zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten geschlossene Vereinbarung sei unwirksam, da sie gegen § 49 b der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) verstoße. Diese Vorschrift verbiete dem Rechtsanwalt, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren, als es das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorsehe, sofern keine Ausnahme in diesem Gesetz geregelt sei.

Es spiele auch keine Rolle, dass am Ende eine höhere Gebühr angefallen sei. Abzustellen sei auf den Vertragsschluss. Zu diesem Zeitpunkt sei auch ein niedrigeres Honorar noch denkbar gewesen, da der Arbeitsaufwand nicht sicher absehbar war. Nur aus diesem Grunde mache die Streichung der Klausel auch Sinn.

Am Ende kriegte der Mandant sogar noch die 1.828 Euro zurück, die er über den gesetzlichen Gebühren gezahlt hatte. Auf diesen Betrag hatte er Widerklage erhoben.

Urteil des Amtsgerichts München vom 3.Juni 2011, Aktenzeichen 223 C 21648/10

Ab in den Knast

Eine Staatsanwältin beantragt einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr. Es geht um behaupteten Drogenhandel, allerdings eher in geringem Umfang. Meine Mandantin ist nicht vorbestraft, sie hat Job, Wohnung und einen festen Freund. Die Begründung des Antrags ist denkbar kurz:

Bereits die gesetzliche Mindeststrafandrohung von 1 Jahr Freiheitsstrafe begründet nach der Lebenserfahrung einen besonderen Fluchtanreiz.

Die Strafverfolgerin möchte also jeden in Untersuchungshaft nehmen, bloß weil ihm möglicherweise Freiheitsstrafe ab einem Jahr Haft droht. Wenn sie damit durchkäme, hätten wir bald amerikanische Verhältnisse in unseren Haftanstalten.

Und der Staat könnte später noch mehr Geld für vernichtete Existenzen aufwenden, wenn die Leute dann freigesprochen werden, das Verfahren eingestellt oder lediglich eine Bewährungsstrafe verhängt wird. Bewährung ist ja immerhin bis zu zwei Jahren Knast möglich. Um so hoch zu kommen, muss man als Ersttäter schon einiges anstellen.

Zum Glück hat schon die Ermittlungsrichterin abgewunken:

Ein Haftgrund ist vorliegend nicht erkennbar. Allein die gesetzliche Mindeststrafandrohung von 1 Jahr kann die Fluchtgefahr nicht begründen. Die Beschuldigte ist bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten und hat einen festen Wohnsitz. Aus ist aus der Akte auch nicht erkennbar, dass sie über keine ausreichenden sozialen Bindungen verfügt.

Immerhin hat die Staatsanwaltschaft keine Beschwerde eingelegt.

Dresden in Potenz

Der Dresdner Polizeipräsident muss seinen Posten räumen. Dies ist eine handfeste Konsequenz aus der Datensammelwut seiner Beamten, die in den letzten Tagen scheibchenweise ans Licht gekommen ist. Vor allem die taz hat mit mehreren Berichten das ganze Ausmaß der Sache ans Licht gebracht. Mehr als eine eine Million Verbindungsdaten hat die Polizei bei Netzbetreibern abgefragt, ausgewertet und in vielen Fällen illegal verwendet.

Wer hat wann wo mit wem in Dresden gesprochen oder gesimst? Für die Polizei ist das rund um den 19. Februar kein Geheimnis. An dem Tag fand in Dresden eine Anti-Nazi-Demo statt. Festgehalten wurden die Handydaten aller Personen, die sich in mehreren Stadtteilen aufhielten. Es traf also keineswegs nur Demonstranten, sondern schlicht jeden Bürger – Journalisten, Politiker, Ärzte und Anwälte eingeschlossen. In einem weiteren Fall, es geht um einen Brandanschlag, sollen Handydaten aus Funkzellen mit den Kundenlisten eines Baumarktes abgeglichen worden sein.

Über die Rechtmäßigkeit so einer Funkzellenauswertung lässt sich streiten. Ich habe bereits beschrieben, was für enge Grenzen gelten. Werden diese eingehalten, ist eine Funkzellenauswertung zunächst mal legal. Der eigentliche Skandal ist also, mit welcher offensichtlichen Unverfrorenheit sich die Dresdner Polizei über das Verbot hinweggesetzt hat, die gewonnen Daten auch für andere Ermittlungen einzusetzen. Die Daten tauchten illegal in Akten wegen kleinerer Delikte auf. Dort hätten sie nie hineingeraten dürfen.

Man sieht an diesem Falll gut, wohin es führt, wenn man darauf vertraut, spätestens mit Aushändigung der Ernennungsurkunde wären Beamte immun gegen Gesetzesverstöße. Nein, die bloße Verfügbarkeit der Daten hat sie verführt; kein noch so eindeutiger Paragraf konnte sie abhalten. Das tatsächliche Maß von Vorsatz oder Fahrlässigkeit wäre sicher interessant. Es ändert aber nichts daran, dass in jedem Fall Grundrechte flächendeckend verletzt worden sind.

Immerhin, und damit habe ich eigentlich nicht gerechnet, muss nun ein Verantwortlicher gehen – auch wenn er sich schon kurzfristig anderen Führungsaufgaben bei der Polizei widmen soll.

Es wäre aber noch besser, wenn Politiker auch für sich Konsequenzen zögen. Die Einsicht wäre zum Beispiel nicht schlecht, dass ein grenzwertiges Instrumentarium immer zu Missbrauch einlädt – und welcher Eingeladene kann auf Dauer schon nein sagen, noch dazu wenn sein Tun doch “nur” zur Überführung Krimineller dient?

Bei der offensichtlichen Schwäche des Personals kann es aber nicht so weitergehen, dass immer mehr Daten aufgehäuft werden, um irgendwann mal darin stochern zu können. Die Vorratsdatenspeicherung beispielsweise ist Dresden in Potenz. Man kann ahnen, was passiert, wenn die Polizei künftig mit der bloßen Behauptung an Daten kommt, es gehe um eine besonders schwere Straftat. Schon während der kurzen Zeit, in der Vorratsdaten angesammelt wurden, gab es eine beträchtliche Quote an schlichtem Etikettenschwindel.

Später fragt ja ohnehin keiner mehr, mögen sich die Beamten damals gedacht haben. Wahrscheinlich ging ihren Dresdner Kollegen ähnliches durch den Kopf. Zum Glück hat nun jemand gefragt, nachgebohrt und die traurige Wahrheit ans Licht gebracht. Dresden ist ja zu allem Überfluss auch noch Ex-Stasi-Land. Auch die Angst, in einem ganz schmutzigen Kontext zu geraten, mag die Reaktion der Politik beflügelt haben. 

Wenn jetzt ein einzelner Kopf rollt, ist das ein Signal. Signalen sollten jedoch auch immer Taten in der Sache folgen. Es wäre jetzt eine gute Zeit, die Pläne für eine Vorratsdatenspeicherung zu begraben.

Zensursula: ein Störfaktor in der Wikipedia

Visualisierung spielt eine große Rolle – gerade in der Politik. Vor der Bundestagswahl gab es auf Netzpolitik zum Beispiel die Remixe von CDU-Wahlplakaten. Den Protagonisten Wolfgang Schäuble traf es nicht nur mit diesen Remixen, sondern auch die ebenso bekannte "Schäublone” brachte die politische Stimmung auf den Punkt und war ein entsprechender Renner.

Ähnlich zugkräftig war auch die Darstellung Ursula von der Leyens, die sich mit dem mittlerweile in Deutschland beerdigten Internetsperren (Zugangserschwerungsgesetz) sicher nicht das einzige, aber bestimmt das größte Fiasko ihrer Karriere eingehandelt hat. Nichts brachte “Zensursula” in geschickter Anknüpfung an die Schäuble-Kritik so schön auf den Punkt wie dieses Motiv:

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Momentan gibt es Bestrebungen, die Zugänglichkeit dieses Bildes einzuschränken. In der Wikipedia läuft seit dem 18. Juni 2011 ein Löschungsantrag. Der Antragsteller meint, das Foto sei urheberrechtlich geschützt, die Bearbeitung habe nicht zu einem eigenständigen Werk geführt. Deshalb soll das Motiv verschwinden.

In der Diskussion wird bereits die Frage gestellt, wo denn der potenzielle Kläger ist. Jedenfalls scheint der Antragsteller nicht der Fotograf zu sein. Der Fotograf hat sich, so weit bekannt, auch bisher noch nie gegen die Bearbeitung seines Bildes gewandt. Es spricht also vieles dafür, dass hier niemand seine Rechte verletzt sieht, möglicherweise sogar gar kein Problem mit der Verwendung seines Bildes hat.

Mit dieser Auffassung wäre der Fotograf auch gut beraten. Wir haben ähnliche Fragen bei der Remix-Aktion von Netzpolitik mit den Machern diskutiert und sind zusammenfassend zum Ergebnis gekommen, dass Urheberrechte in solchen Fällen zurückstehen. Auch von der zunächst angesäuerten Fotografin, die damals die CDU-Politiker abgelichtet hatte, war in der Folge nichts mehr zu hören. (Die CDU selbst hielt sich ja gleich bedeckt, weil sie genau wusste, dass es besser ist, die Remixe zu ertragen als Rechtsstreite anzuzetteln, die das Ganze in galaktische Aufmerksamkeitssphären schaukeln.)

Bei “Zensursula” ist es nicht anders. Wer auch immer Urheber des Fotos ist, er wird die Verbreitung dieser Abbildung juristisch nicht unterbinden können. Sie wird ohnehin ihren verdienten Platz in Geschichts- und Sozialkundebüchern finden. Deshalb wäre es schade, wenn die Wikipedia auf fadenscheinige Gründe hereinfiele und das Motiv löscht.

(via @jensferner)

Was Staatsanwälte wirklich lähmt

Für Frau F. war die Sache ärgerlich genug. Jemand hatte bei einem Bezahldienst ihren Account geknackt und online zwei “Dienstleistungen” gekauft. Der Gesamtschaden betrug rund 100 Euro. Frau F. erstattete Strafanzeige. Ihr war dabei auch klar, dass es schwierig werden wird, an den Täter zu kommen.

Die Antwort der Staatsanwaltschaft  Köln überraschte sie dann doch. Darin wird ihr lapidar mitgeteilt, dass man gar nicht ermitteln kann. Wörtlich heißt es in dem Schreiben aus Mai 2011:

… können sich Tathinweise nur aus den angefallenen Internetverbindungsdaten ergeben. Ermittlungen zum Inhaber einer dynamischen IP-Adresse können nur durch Abfrage der Bestandsdaten unter Nutzung der beim Provider vorhandenen Verkehrsdaten ermittelt werden. Die Speicherung solcher Daten ist nach der Entscheidung des BVerfG … zur sog. Vorratsdatenspeicherung … unzulässig, weil das zugrunde liegende Gesetz nichtig ist. Eine verfassungskonforme Regelung gibt es bisher nicht. Somit stehen diese Daten nicht zur Verfügung.

Andere Ermittlungsansätze sind nicht vorhanden. Weitere Nachforschungen versprechen zur Zeit keinen Erfolg.

Der Brief klingt erst mal wie unverhohlene Reklame für die Vorratsdatenspeicherung. Lieber Bürger, hätten wir die Vorratsdatenspeicherung, könnten wir Ihnen gerne und zuverlässig helfen. Aber so sind uns die Hände gebunden, die Verbrecher gehen uns durch die Lappen. Das Internet ist ein rechtsfreier Raum. Sie wissen schon.

Schenken wir uns die Propaganda und kommen zum eigentlichen Punkt. Nämlich der Dreistigkeit, mit der die die Staatsanwaltschaft hier ihre eigene Unlust, pflichtgemäß eine Straftat aufzuklären, ummantelt.

Ohne Vorratsdaten, sagt das Schreiben, können wir nichts machen. Also fangen wir erst gar nicht an. Die Aussage ist irreführend.

Wie kann man ohne Ermittlungen sagen, es handele sich um eine dynamische IP? Es gibt genug Provider, die statische IP-Adressen vergeben. Die dazu gehörenden Daten des Anschlussinhabers müssten auf Anfrage der Polizei auch herausgegeben werden. Das hat mit Vorratsdatenspeicherung nicht das Geringste zu tun.

Ein weiterer Punkt: Woher weiß ich ohne Nachfrage beim Provider, dass dieser nicht vielleicht doch noch Daten gespeichert hat? Nur die wenigsten Internetanbieter speichern gar keine Verkehrsdaten. Die weitaus meisten Provider halten sehr wohl fest, welche IP-Adresse ihren Kunden in welchem Zeitraum zugewiesen war. Lediglich die Speicherdauer ist unterschiedlich; sie reicht nach meiner Erfahrung von wenigen Stunden bis zu etlichen Wochen. Bei entschiedenem Nachfragen tauchen mitunter auch noch Monate, ja ein, zwei Jahre alte Datensätze auf. Das habe ich schon mehrfach erlebt.

Wie falsch die Staatsanwaltschaft Köln mit ihren Argumenten liegt, zeigt sich schon an den tausenden Abmahnungen, die jede Woche an Filesharer gehen. Würden die Provider nicht wenigstens für einen begrenzten Zeitraum IP-Adressen dokumentieren, wären die Abmahnwellen längst verflacht.

Sind beim Provider aber noch solche nun mal gespeicherten Daten vorhanden, die eine Verknüpfung von IP-Adresse und Anschlussinhaber ermöglichen, müssen diese nach einer Anordnung durch ein Zivilgericht auch an die Rechteinhaber herausgegeben werden.

Auch wenn die Musik- und Filmindustrie ausgezeichnete Lobbyarbeit macht – dass sie besseren Zugriff auf solche Daten hat als ein Polizist oder gar ein Staatsanwalt, ist kaum zu erwarten. Es ist auch tatsächlich nicht der Fall.

Mit der Vorratsdatenspeicherung, die einen extra Speichergrund für die Strafverfolgung bereitstellte, haben diese ohnehin möglicherweise noch vorhandenen Daten nichts zu tun. Ein anderer Punkt wäre allerdings die Frage, ob eventuelle Vorratsdaten überhaupt für so ein (Bagatell-)Delikt verwendet werden dürften. Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts dürfen solche Daten nämlich grundsätzlich nur zur Verfolgung schwerer Straftaten und zur Abwehr erheblicher Gefahren genutzt werden. Es ist also eher so, dass Vorratsdaten der Staatsanwaltschaft Köln ohnehin kaum weitergeholfen hätten – was die Argumentation im Kern unredlich macht.

Die außerdem ins Feld geführte Behauptung, ohne Vorratsdatenspeicherung gebe es im Fall von Frau F. keine Ermittlungsansätze, ist jedenfalls Nonsens. Aber eine bequeme Möglichkeit, sich die an sich fällige Arbeit gleich zu sparen. Dass der abschlägig beschiedene und argumentativ übervorteilte Bürger gleich noch Fan der Vorratsdatenspeicherung wird, scheint mir fast nur wie ein willkommener Nebeneffekt.

Amazon: Gut gehütete Links für Kunden

Die Umtauschbereitschaft von Amazon ist legendär gut, aber man muss sich meist durch Menüs hangeln, Formulare ausfüllen, Vorfragen beantworten und Belegnummern eintippen.

Menschliche Ansprechpartner sind nicht so Amazons Ding. Obwohl es sie gibt, einen kostenlosen Rückrufservice sogar inklusive. Einen Kundenberater von Amazon bringt man über folgenden Direktlink dazu, sich zur Wunschzeit zu melden: Amazon-Callcenter. Normalerweise muss man erst nervige Vorfragen beantworten. 

Ein simples E-Mail-Formular ohne die üblichen Vorfragen gibt es übrigens auch: E-Mail-Formular.

Danke an Frank Nocke, der die anscheinend gut gehüteten Links ausgegraben und bereits getestet hat.

Ein Preis – auch für die Leser

Ich habe es gestern schon getwittert, möchte die Nachricht aber auch an dieser Stelle nachtragen: Das law blog ist gestern in Köln neben DRadio Wissen mit dem Grimme Online Award in der Kategorie “Information” ausgezeichnet worden.

Dass es am Ende zu einem Preis gereicht hat, war für mich schon eine große Überraschung. Immerhin gab es gab es in dieser Gruppe starke Konkurrenz, zum Beispiel das kritisch hinter die Kulissen blickende Militär-Blog “Augen geradeaus”  von Thomas Wiegold. Oder das immer informative  Audioblog “Was mit Medien” von Daniel Fiene und Herrn Pähler.

Immerhin blieb es spannend bis zum Moment, als der Laudator auf der Bühne der Vulkanhalle den berühmten Umschlag öffnete. Selbst notorische Insider waren offenbar dieses Jahr an der strikten Geheimhaltung des Grimme Instituts gescheitert. Ich hatte vor der Verleihung nämlich einige Tipps bekommen, diese gingen fürs law blog aber interessanterweise in die Richtung “Es wird wohl nicht reichen”.

Die Jury hat nicht nur entschieden, sondern zu den Preisträgern auch schöne Texte verfasst. Zum law blog heißt es etwa:

Seit Jahren bietet er uns einen qualitativ hochwertigen Blick hinter die Kulissen des juristischen Betriebs und zeigt und zwischen verständlichen Erläuterungen der Paragrafen vor allem die menschliche Seite. Vetters Blog immunisiert gegen das beklemmend kafkaeske Gefühl, das Nichtjuristen in Rechtsfällen erfasst. Denn unter mancher Robe wird eine Jeans getragen, deren Träger gegen Fehler von Gerichten  und gegnerischen Parteien kämpft, und nicht die Rolex, sondern die Bürokratie sind schwer zu (er)tragen.

Wichtig für die Jury war aber auch die stets lebhafte Diskussion im law blog. Moderatorin Amelie Fried staunte über die vielen Kommentare, welche die Beiträge nach sich ziehen. Auch der Einspielfilm auf der Bühne lobte die lebhafte Community im law blog.

Der Preis gehört also nicht nur mir (und Florian Holzhauer, der ruhigen Hand im Maschinenraum), sondern auch zu einem guten Stück den Kommentatoren. Ich bedanke mich an dieser Stelle deshalb bei euch allen, und das gilt ausdrücklich auch für all jene, die meine Meinung nicht teilen oder aufzeigen, wo ich mal fachlich falsch liegen könnte.

Auf der Seite des Grimme Instituts gibt es schon nähere Informationen zu den Preisträgern und dem Abend in der Vulkanhalle.

Ein Brief im Nirgendwo

Mit Strafanzeigen ist so manche ARGE schnell bei der Hand. Auch einen meiner Mandanten hat es getroffen. Angeblich hatte er einen Minijob nicht rechtzeitig angezeigt. Das soll zu einigen Euro Überzahlung geführt haben.

Zum Tatvorwurf habe ich mich so geäußert:

Es ist richtig, dass Herr H. Sozialleistungen bezogen hat. Mein Mandant, der in seiner Kundenakte beim Arbeitsamt als „motiviert“ beschrieben wird, bemühte sich aber stets um einen neuen Job.

Glücklicherweise fand er zum 05.01.2010 eine Beschäftigung bei der Firma J. Es handelte sich allerdings anfangs nur um eine geringfügige Beschäftigung mit einem Monatsentgelt von € 400,00. Die wöchentliche Arbeitszeit sollte 11,5 Stunden betragen.

Herr H. teilte der ARGE diesen Sachverhalt unmittelbar nach Vertragsschluss mit Schreiben vom 23.12.2009 mit. Das Schreiben füge ich in Kopie bei. Das Schreiben hat mein Mandant per Post geschickt.

Mein Mandant hörte in der Folgezeit nichts von der ARGE. Er ging deshalb davon aus, dass der geringfügige Nebenverdienst nicht zu einer Anrechnung auf die monatlichen Sozialleistungen führt.

Es wäre zu überprüfen, wo die ARGE das Schreiben meines Mandanten abgeheftet hat. In der Ermittlungsakte ist es jedenfalls nicht aufzufinden. Herr H. hat aber mit seinem Brief der Meldepflicht genügt. 

Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren eingestellt, und zwar wegen fehlenden Tatverdachts. Das ist extrem erfreulich.

Ich überlege jetzt nur, ob der Brief meines Mandanten doch noch irgendwo aufgetaucht ist. Oder sollte die Einstellung gar schon Folge des Gerichtsurteils sein, wonach Bürger nicht gezwungen sind, Behördenbriefe per Einschreiben zu schicken?

WLAN-Sharing bleibt riskant

WLAN-Sharing klang nach einer guten Idee, doch die Rechtslage in Deutschland bleibt weiter ungeklärt. Der Internetanbieter 1 & 1 hat sich mit FON außergerichtlich geeinigt. Damit ist ein Rechtsstreit erledigt, der bereits bis zum Bundesgerichtshof gekommen war. Ein höchstrichterliches Urteil wird somit zum WLAN-Sharing zunächst nicht ergehen.

1 & 1 hatte sich dagegen gewehrt, dass FON seinen Teilnehmern wechselseitig Zugang zu allen WLAN ermöglicht, so dass diese auch unterwegs surfen können. Das Modell bewerteten Gerichte als Ausbeutung des Geschäftsmodells von 1 & 1. Über die Einzelheiten der Einigung sollen die Kontrahenten Stillschweigen vereinbart haben.

Jeder Anschlussinhaber muss sich ohnehin fragen, ob die Risiken des WLAN-Sharing für ihn beherrschbar sind. Illegales Filesharing über den Anschluss kann zu Abmahnungen führen, auch wenn der Anschlussinhaber gar nichts davon wusste. Ein noch größeres Risiko ist, für den (denkbaren) Tausch von Kinderpornografie oder anderen strafbaren Inhalten belangt zu werden.

Die Polizei hat fast immer nur die IP-Adresse des Anschlusses als Anknüpfungspunkt. Fast reflexartig wird bei möglichen Straftaten dann eine Hausdurchsuchung beantragt. Die allermeisten Richter nicken solche Beschlüsse willig ab. Auch wenn dann beim Anschlussinhaber nichts Strafbares gefunden wird, nimmt ihm niemand den Ärger und die Kosten ab, die mit einer Hausdurchsuchung und einem Ermittlungsverfahren verbunden sind.

WLAN-Sharing kann man in Deutschland eigentlich nur einigermaßen sorglos anbieten, wenn der Anbieter ein virtuelles Netzwerk zur Verfügung stellt. Dann kommt die Exit-IP-Adresse von seinem Server, so dass der einzelne WLAN-Betreiber bei entsprechenden weiteren Vorkehrungen nicht zu ermitteln sein dürfte.

Bericht auf heise.de