Ganz klar, ein Trojaner

Frau J. wollte online 50 Euro an einen bestimmten Empfänger überweisen. Am Tag darauf schaute sie ihre Kontobewegungen durch und stellte fest, aus den 50 Euro sind 1.700 Euro geworden. Die Überweisung ging auch nicht an den von ihr gewünschten Empfänger, sondern an eine dritte Person. Der Betreff in der Überweisung war unverändert.

Das sind die Angaben von Frau J. Die Polizei hat das alles für bare Münze genommen. Die Beamten recherchierten im Anschluss lediglich, wem das Empfängerkonto gehört – und regten eine Durchsuchung beim Kontoinhaber an. Die Begründung dafür finde ich bemerkenswert:

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es offenbar zu einer Manipulation des Rechners der Geschädigten gekommen ist (Aufspielen eines Trojaners), um zielgerichtet Geld auf das Konto des Beschuldigten umzuleiten. Von dieser Annahme ausgehend dürfte es sich beim vorliegenden Sachverhalt nicht um einen Einzelfall handeln.

Zu Beginn des zweiten Satzes findet sich das entscheidende Wort. “Annahme”. Man könnte auch sagen: Stochern im Nebel,  Mutmaßung, Spekulation, Vermutung ins Blaue hinein. Denn obwohl Frau J. noch am gleichen Tag eine Anzeige machte, sah sich niemand bei der Polizei bemüßigt, den angeblichen Ablauf vielleicht mal zu reproduzieren. Oder sogar einen Blick auf Frau J.s Computer zu werfen, ob sich da wirklich ein Trojaner drauf findet.

Zum Glück sah auch der zuständige Staatsanwalt, wie lustlos hier ermittelt wurde. Er lehnte die Hausdurchsuchung ab, eben mit der Erwägung, dass auch Zahlendreher, technische Fehler bei der Bank oder schlichte Unfähigkeit von Frau J. im Umgang mit dem Onlinebanking nicht ausgeschlossen sind.

Einen dringenden Verdacht kann ich ebenfalls nur in eine Richtung erkennen – auf akute Arbeitsunlust bei den zuständigen Polizeibeamten.