Heizkosten: Mieter muss Funkzähler akzeptieren

Mieter müssen es akzeptieren, wenn der Vermieter funkbasierte Ablesesysteme für die Heizung einbauen will. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Eine Mieterin hatte sich gegen den Einbau der Geräte mit der Begründung gewehrt, sie wolle keinen Funkzähler. Die Entscheidung liegt zwar noch nicht schriftlich vor, aber sicherlich hat die Mieterin auch die bekannten datenschutzrechtlichen Bedenken gegen Funkzähler geäußert.

Der Bundesgerichtshof scheint die Bedenken jedoch nicht zu teilen. Er beanstandet nicht, dass die Vorinstanzen die funkbasierten Geräte als “Wohnwertverbesserung” eingestuft haben. Hervorgehoben wird in der bislang vorliegenden Pressemitteilung des Gerichts der Umstand, dass kein Ableser mehr die Wohnung betreten müsse. Das könne den Wert des Objekts steigern.

Der Mieter müsse den Austausch auch dann akzeptieren, wenn das alte Ablesesystem noch funktionsfähig sei.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. September 2011, Aktenzeichen VIII ZR 326/10

Abzocke nach der Abzocke

Die bayerische Polizei hat vier Männer festgenommen, die sich auf die Abzocke nach der Abzocke spezialisiert haben sollen. Bereits durch windige Gewinnspiele geschröpften Menschen sollen sie wirksame Hilfe gegen weitere Abzocke versprochen, am Ende aber nur kassiert haben. Nach Ermittlungen der Polizei soll es sich bei den Festgenommenen um die Drahtzieher einer Bande handeln, die ihr Geschäft über professionell organisierte Callcenter betrieb.  

Den Geschädigten waren zunächst größere Geldgewinne oder Oberklasse-Fahrzeuge telefonisch oder per Brief in Aussicht gestellt worden. Für den Erhalt dieser Gewinne, die letztlich nicht ausgezahlt wurden, waren dann allerdings Vorleistungen in Form von Geldzahlungen zu erbringen, die direkt auf Konten im Ausland gingen.

Die Beschuldigten stehen nun im Verdacht, eine offenbar wirksame Strategie mit der Zielrichtung entwickelt zu haben, die bereits betroffenen Menschen nochmals um ihr Geld zu bringen. Sie betrieben laut Polizei Callcenter im In- und Ausland. Diese Callcenter sollen mit illegal erworbenen Adresslisten gespeist worden sein.

Mit Cold-Calls boten die Verdächtigen zumeist älteren Menschen „Schutz“ vor den illegalen Gewinnspielanbietern an. Außerdem versprach man rechtliche Unterstützung und Rechtsberatung, Löschung aus Adresslisten und den Eintrag in Sperrlisten.

Alle diese „Maßnahmen“ sollten angeblich umfassenden Schutz vor weiteren Belästigungen bieten. Den Beschuldigten soll aber bekannt gewesen sein, dass gar keine Maßnahmen geplant waren. Stattdessen sollen sich die Verdächtigen auf das Eintreiben ihrer angeblichen Forderungen konzentriert haben. Zahlten die meist älteren “Kunden” die Rechnungen über Beträge von 29 bis 156 Euro nicht, wurde massiv mit Inkasso und Prozessen gedroht.

Gegen die vier Hauptverdächtigen ist Haftbefehl ergangen. Die Polizei wertet nun das Beweismaterial aus, das sie bei Durchsuchungen in rund 20 Objekten sichergestellt hat.

Ich will das alles nicht

Aus einem Protokoll des Familiengerichts:

Nach Erörterung erklärt die Antragstellerin ausdrücklich zu Protokoll: Ich möchte nicht mehr geschieden werden. Ich will das alles nicht. Ich will wohl getrennt leben, aber ich will keine Scheidung. Dieses ist mein ausdrücklicher Wunsch. Ich nehme den Scheidungsantrag zurück und bevollmächtige meine Anwältin, für mich den Scheidungsantrag zurückzunehmen.

Ich war selbst nicht dabei, es soll in dem Termin aber hoch her gegangen sein. Am Ende ergriff die Anwältin der Antragstellerin wohl laut schimpfend die Flucht, weil sie die eigene Mandantin nicht mehr ertrug.

Hoffentlich hat sie an einen ausreichenden Vorschuss gedacht.

Gericht: Anonymität im Netz ist eine gute Sache

Anonymität im Netz ist nicht böse, sondern eine gute Sache. Diese Auffassung vertritt ein Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm. In einem Beschluss bekennen sich die Richter mit deutlichen, durchaus grundsätzlichen Worten zum Recht, im Internet anonym zu kommunizieren:

Die für das Internet typische anonyme Nutzung entspricht zudem auch der grundrechtlichen Interessenlage, da eine Beschränkung der Meinungsfreiheit auf Äußerungen, die einem bestimmten Individuum zugerechnet werden, mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vereinbar ist. Die Verpflichtung, sich namentlich zu einer bestimmten Meinung zu bekennen, würde allgemein die Gefahr begründen, dass der Einzelne aus Furcht vor Repressalien oder sonstigen negativen Auswirkungen sich dahingehend entscheidet, seine Meinung nicht zu äußern. Dieser Gefahr der Selbstzensur soll durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung entgegen gewirkt werden.

Ein Mediziner hatte gegen ein Ärzte-Bewertungsportal geklagt, weil ihm ein dort abgegebener Kommentar missfiel. Nach dem Urteil aus Hamm muss das Portal nicht die Nutzerdaten des Kommentators herausgeben. Seine Äußerungen seien außerdem eine zulässige Meinungsäußerung.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 3. August 2011, Aktenzeichen I-3 U 196/10

Im übrigen drängt sich auf

Verhandlungen über Bußgeldbescheide sind Massengeschäft. Also lästig. Das Amtsgericht Linz am Rhein praktiziert eine an Deutlichkeit nicht zu überbietende Methode, um Betroffene in Bußgeldverfahren nachdenklich zu stimmen. Nachdenklich darüber, ob es nicht vielleicht besser ist, auf eine Verhandlung über den Bußgeldbescheid zu verzichten und die Kröte zu schlucken.

Im Gerichtsjargon liest sich das so:

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Ein unverhohlener Wink mit dem Zaunpfahl. Mach mir Arbeit, dafür wird es am Ende dann noch schlimmer für dich. Die Bejahung von Vorsatz rechtfertigt nämlich ein höheres Bußgeld, vielleicht sogar mehr Punkte. Und womöglich sogar ein Fahrverbot.

Ich tippe mal, dass bei dem Richter überdurchschnittlich viele Einsprüche vor der Verhandlung zurückgezogen werden. So hat er sein Ziel erreicht. Die Betroffenen aber werden kaum das Gefühl haben, dass man ihnen fair und unvoreingenommen begegnet. Das ist dann die Schattenseite.

Wieder ein Urteil gegen Mobilfunk-Kostenfallen

Mobilfunkbetreiber müssen ihre Kunden auf Kostenfallen hinweisen. So ist es unzulässig, wenn ein Telefonanbieter seinem Kunden ein Handy überlässt, bei dem sich die Navigationssoftware nach dem Start ausgiebig online aktualisiert. Fast 11.500 Euro sollte ein Kunde für diesen unerwarteten Spaß zahlen. Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein befand die Forderung des Anbieters jedoch für unrechtmäßig. 

Der Kunde hatte das Mobiltelefon subventioniert erworben. Sein verlängerter Vertrag hatte eine Internetoption für Wenignutzer. Dementsprechend schlug die Aktualisierung der Navigationssoftware zu Buche, die sich über Stunden hingezogen haben soll. 

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein befand, die Klägerin habe ihre Nebenpflichten aus dem Mobilfunkvertrag verletzt, als sie dem Kunden ohne nachdrückliche Warnung vor der Kostenfalle das Mobiltelefon verkaufte. Es gehöre auch bei Mobilfunkverträgen zu den Nebenpflichten, für eine möglichst reibungslose und transparente Abwicklung zu sorgen. Außerdem gebiete es die Fürsorgepflicht, Schäden von der anderen Seite abzuwenden.

Der Käufer eines Mobiltelefons mit Navigationssoftware gehe davon aus, dass diese auf aktuellem Stand ist. Muss er sich im Laufe der Installation entscheiden, ob er eine Kartenaktualisierung in Gang setzen will, so wird und darf er nach Auffassung der Richter denken, dass er nur so und ohne weitere Kosten an die ihm nach dem Kaufvertrag zustehende aktuelle Software gelangen kann. Auf Abweichendes müsste der Verkäufer ausdrücklich hinweisen, was hier nicht geschehen ist.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 15.9.2011, Aktenzeichen 16 U 140/10

Filmreif

Es sieht nach Dreharbeiten für einen Film aus, war aber wohl ein ganz normaler Verkehrsunfall. In Langerwehe hat ein Autofahrer seinen Opel etwas zu flott in eine Kurve gelegt. Folge: Sein Auto prallte in anderthalb Meter Höhe gegen einen anderen Wagen. Ein Spezialkran musste die beiden Fahrzeuge trennen, um größeren Schaden zu vermeiden.

So sah es an der Unfallstelle nach dem Crash aus:

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Foto: Polizei Düren

Nur das Beste

Herr N. ist unterwegs festgenommen worden, weil ihm die Polizei ein (kleines) Drogendelikt unterstellt. Während er auf der Wache sitzt, entschließen sich die Beamten zu einer Hausdurchsuchung. Auf den erforderlichen richterlichen Beschluss verzichten sie aus folgenden Gründen:

Die Einholung einer richterlichen Anordnung zur Wohnungsdurchsuchung über die Staatsanwaltschaft würde auf Grund des grundsätzlich schriftlich zu begründenden Antrags zu einer unverhältnismäßigen Dauer einer Freiheitsentziehung des Beschuldigten führen.

Die Polizei verstößt also selbstlos gegen die Strafprozessordnung, weil sie nur das Beste für den Beschuldigten will. Wie rührend. Vor allem angesichts der Tatsache, dass bei der dünnen Faktenlage ein Ermittlungsrichter mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit den Antrag zurückgewiesen hätte.

SCHWER (ARBEITN)

Dass an einem gerichtlichen Schriftstück ausgerechnet die Unterschrift eines  Urkundsbeamten spannend ist, kommt auch nicht alle Tage vor. Am Amtsgericht München schafft das aber ein Justizmitarbeiter. Der unterzeichnet mit folgendem Namensvermerk:

SCHWER (ARBEITN)

Hier der Bildbeweis (zum Vergrößern bitte auf das Bild klicken). 

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Humor im amtlichen Schriftverkehr? Hilfeschrei einer überlasteten Fachkraft? Ein reichlich ungewöhnlicher Doppelname? Oder doch nur ein Lapsus des Textprogramms? Letztlich vielleicht lediglich der höchst amtliche, im Zusammenhang mit dem Namen Schwer lustige, aber ansonsten für Außenstehende nur schlicht unverständliche Hinweis, dass der Betreffende kein Beamter, sondern „Arbeitn“ / Angestellter ist? Ich hätte Herrn oder Frau SCHWER gerne gefragt, habe aber leider niemanden erreicht.

Die Ungewissheit verfolgt uns also ins Wochenende.

Danke an Malte H. für den Hinweis

Nicht geschmeidig

Dass für den eigenen Mandanten im Gerichtsaaal die Handschellen klicken, gehört zu den traumatischen Erfahrungen eines Verteidigers. Ich bin in 16 Berufsjahren davon verschont geblieben. Bis heute. Da wurde mein Mandant von einem bayerischen Amtsgericht mitten im Prozess  aus heiterem Himmel in Untersuchungshaft geschickt. Dabei hat sich seit Monaten nichts an der Sachlage geändert. Bis auf den kleinen Umstand, dass mein Mandant heute zum Verfahrensauftakt kein Geständnis ablegen wollte.

Jede Information, auf die das Gericht seinen Haftbefehl wegen Wiederholungsgefahr stützte, steht schon seit mindestens Mai 2011 in der Ermittlungsakte. Informationen aus fragwürdiger Quelle zumal. So verfasste ein Kommissar einen Vermerk, der sich wie ein Ermitttllungsbericht liest. Später stellte sich raus, der Beamte zitierte ungeprüft nur die Angaben eines anderen Kommissars, der privat wiederum was bei nicht näher benennbaren Bekannten aufgeschnappt haben soll. Also Lindenstraße statt Fakten.

Wenn der Haftbefehl sachlich begründet sein sollte, müssten sich Staatsanwaltschaft und Gericht vorwerfen lassen, meinen angeblich so gefährlichen Mandanten über Monate auf die Menschheit losgelassen zu haben, obwohl sie über alle Informationen verfügten, um die Wiederholungsgefahr zu bejahen. Da stimmt es dann schon nachdenklich, wenn der Gesinnungswandel ausgerechnet in dem Augenblick einsetzt, in dem sich der Angeklagte nicht wunschgemäß geschmeidig zeigt und unfassend gesteht. Zumal in den Monaten, die jetzt ins Land gegangen sind, mein Mandant noch nicht mal einen Parkverstoß begangen hat.

Ich habe schon im Gerichtssaal gesagt, dass ein Angeklagter so ein Vorgehen für versuchte Geständniserpressung mit strafprozessualen Mitteln halten kann. Auch wenn das Verhalten des Gerichts am Ende wohl nicht mit Paragrafen zu messen ist, weil die offizielle Begründung des Haftbefehls nichts über die auf der Hand liegenden Motive sagt. Einen Angeklagten für die Ausübung des elementaren Schweigerechts so offen abzustrafen, fördert aber auch nicht mein persönliches Restvertrauen in die Justiz. Selbst wenn es immerhin 16 Jahre dauerte, bis es nun auch mal mich getroffen hat.

Die Mühlen der Justiz

Aus einer Mail an einen Mandanten:

Der Staatsanwaltschaft liegt unsere Verteidigungsschrift nun seit elf Monaten vor. Bislang hat sich dort niemand mehr um die Angelegenheit gekümmert. Da dies möglicherweise auch dauerhaft so bleibt, möchten wir unsere bisherige Tätigkeit abrechnen. Unsere Kostenberechnung finden Sie in der Anlage.

Heute kam nun doch Post von der Staatsanwaltschaft. Die Einstellung mangels Tatverdachts, so wie sie von Anfang an zu erwarten war. Seit unserem Schreiben an den Mandanten sind weitere 19 Monate vergangen. 

Die Eisbein-Demo

Atomkraft ist gefährlich, Pistolen sind gefährlich, Schlagstöcke auch. Doch die echten Risiken lauern häufig im Verborgenen. Bodo Pfalzgraf, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft Berlin, hat so eine Bedrohung ausgemacht. Offiziell wird uns die Gefahr als demokratischer Fortschritt in Form des neuen Namensschildes für Polizeibeamte verkauft, doch in Wirklichkeit handelt es sich um eine tückische Waffe.

Aber lassen wir uns das von Bodo Pfalzgraf selbst erklären. Es lohnt sich übrigens, bis zum Ende durchzuhalten. Dann tritt noch ein Eisbein auf. 

Steuer-CDs: Credit Suisse füllt das Steuersäckel

Der Handel der Strafverfolger mit mutmaßlichen Steuersündern im Geldgewerbe scheint perfekt zu sein: Eineinhalb Jahre nach Beginn ihrer Ermittlungen will die Staatsanwaltschaft Düsseldorf nun die Verfahren gegen die Schweizer Credit Suisse und deren Verantwortliche einstellen.

Die Schweizer Bank soll 150 Millionen Euro Unternehmensbuße inklusive erzielter Vermögensvorteile an die Gerichtskasse zahlen, ein verantwortlicher Mitarbeiter wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung mit einer Geldbuße von 250.000 Euro davonkommen.

Entsprechende Anträge liegen dem Landgericht Düsseldorf zur Zustimmung vor, ließ Oberstaatsanwalt Ralf Möllmann gestern wissen. Mit der Bank sei schon Einvernehmen erzielt worden.

Seit April 2010 hatte die Staatsanwaltschaft aufgrund einer vom Land Nordrhein-Westfalen gekauften CD mit Kundendaten ermittelt, der Informant hatte dafür 2,5 Millionen Euro bekommen.

Nach einer Großrazzia im Juli 2010 in 13 deutschen Filialen der Credit Suisse war noch gegen neun Mitarbeiter wegen Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt worden. Weitere Einzelheiten wollte Möllmann gestern nicht mitteilen; er beruft sich auf das Steuergeheimnis. (pbd)