Abstraktes Gefährdungsdelikt

Das Amtsgericht München hat einen Strafverteidiger zu einer Geldbuße von 300,00 € verurteilt. Der Anwalt soll unberechtigt Post für seinen inhaftierten Mandanten geschmuggelt haben.

Der Münchner Anwalt nahm von seinem Auftraggeber einen als Verteidigerpost gekennzeichneten Brief entgegen. In dem Schreiben bat der Untersuchungshäftling den Anwalt um die Weitergabe von detaillierten Verhaltensanweisungen an seine Freundin. Diese sollte für ihn Mietangelegenheiten regeln. Der Anwalt leitete das Schreiben an die Freundin weiter.

Das Amtsgericht München meint, der Anwalt habe unbefugt gehandelt. Hätte sein  Mandant unmittelbar an die Freundin geschrieben, wäre dieser Brief unzweifelhaft der normalen Briefkontrolle unterlegen. Dadurch, dass der Brief über den Verteidiger als Verteidigerpost deklariert das Gefängnis verließ, sei die Briefkontrolle umgangen worden.

Zwar sei einem Beschuldigten, auch wenn er sich nicht auf freiem Fuß befinde, schriftlicher und mündlicher Verkehr mit seinem Verteidiger gestattet. Dies gelte jedoch nur zum Zwecke der Verteidigung.

Bemühungen um den Erhalt der Wohnung und ähnliches fallen nach Auffassung des Amtsgerichts München nicht unter das Verteidigerprivileg, auch wenn diese mittelbar für das Haftgründe oder das Urteil des Gerichts von Bedeutung sein können. Unerheblich sei auch der Inhalt des übermittelten Schreibens, da der einschlägige Tatbestand ein abstraktes Gefährdungsdelikt darstelle. Die Argumentation, das Schreiben wäre nicht angehalten worden, wenn es über die Briefkontrolle gelaufen wäre, sei daher nicht stichhaltig.

Amtsgericht München, Urteil vom 19. April 2011, Aktenzeichen 1123 OWi 120 JS 13019/10