Bayerische Gemeinde stoppt Radarfallen

Schluss mit Radarfallen macht die bayerische Gemeinde Stockheim. Der Stadtrat entschied, ab Januar keine Tempomessungen in eigener Regie mehr zu veranstalten. Damit hatte die Stadtverwaltung seit Jahren eine private Firma beauftragt. Deren Tätigkeit ist in Stockheim nun nicht länger erwünscht.

Stockheims Bürgermeister räumt nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks freimütig ein, die Tempomessungen füllten eher das Stadtsäckel und nutzen weniger der Verkehrssicherheit. Der private Dienst habe in letzter Zeit auch geringfügige Verkehrssünden verfolgt, bei denen sogar die Polizei ein Auge zudrücke. Mittlerweile müssten immer mehr kleinere Temposünder überführt werden, damit sich die Überwachung lohne. So einen Überwachungsdruck wollen Bürgermeister Rainer Detsch und der Stadtrat aber weder Bürgern noch Durchreisenden zumuten.

In Stockheim gibt es auch gar keinen Unfallschwerpunkt, der regelmäßige Kontrollen notwendig macht. Das hat die zuständige Verkehrspolizei laut dem Bericht ausdrücklich bestätigt.

Andere Kommunen sollen sich an Stockheim ein Beispiel nehmen. Das fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft. Laut ihrem Bayern-Vorsitzenden Hermann Benker gibt es auch anderswo Kontrollen, die nicht der Verkehrssicherheit dienen, sondern nur den städtischen Haushalt aufbessern. Derartige Abzocke müsse ein Ende haben.

Abschleppen für Fortgeschrittene

Auch Autohändler fallen mal rein. Jedenfalls gab der Wagen, den ein rumänischer Autohändler und sein Mitarbeiter in Hamburg gekauft hatten, schon auf dem Nachhauseweg seinen Geist auf. Da half nur Abschleppen, und hierbei zeigten die beiden Männer echte Tatkraft.

Leider war die Rückseite des Autos, mit dem sie gekommen waren, schon “blockiert”. Denn an der Anhängerkupplung hing bereits ein Anhänger, den der Autohändler ebenfalls erstanden hatte. Auf dem angehängten Anhänger war ein weiterer, gleichfalls frisch gekaufter Anhänger abgestellt. Der obere Anhänger war mit dem rollenden Anhänger durch Spanngurte verbunden.

An eben einem dieser Spanngurte vertäuten die beiden dann das Abschleppseil. Das Abschleppseil wurde aber nicht direkt an das abgeschleppte Auto gebunden. Vielmehr verlängerten die Männer das Abschleppseil noch durch ein weiteres Seil. Das sah dann so aus:

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Die Befestigung am Anhänger-Anhänger:

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Perspektive aus Sicht des Abgeschleppten:

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Fotos: Polizei Soltau-Fallingbostel

So rollte der Konvoi über die A 7, bis ihn Polizeibeamte an der Raststätte Allteral aus dem Verkehr zogen. Bei der Kontrolle gab sich der Autohändler einsilbig. Die Polizeibeamten konnten nicht klären, ob er so wirklich bis nach Rumänien wollte. Oder doch nur in die Zeitung.

Der Verkehrssünder musste 150 Euro Sicherheit hinterlegen. Der Betrag wird mit dem aller Voraussicht nach fälligen Bußgeld verrechnet.

Keinerlei Auskunft

Vorhin hatte ich einen ausgemacht unfreundlichen Polizisten am Telefon. Wir sprachen gerade ein paar Worte über den Fall, ich erkundigte mich nach einem Detail, da schnappte er unüberhörbar ein:

Faxen Sie mir eine schriftliche Vollmacht. Ohne Vollmacht gibt’s von mir keinerlei Auskunft.

Vor diesem Hintergrund frage ich mich natürlich, warum er bei mir angerufen hat.

Perp Walk

Neulich haben wir im Fall Strauss-Kahn noch über den Perp Walk in den Vereinigten Staaten gestaunt. Dort werden Verhaftete gern so zu ihren Gerichtsterminen geführt, dass die Presse ausreichend Zeit hat, die gefesselten, unrasierten und übernächtigten Beschuldigten in möglichst unvorteilhafter Pose zu fotografieren.

Was in den USA Methode hat, gibt es in Deutschland mittlerweile auch – zumindest im bayerischen Passau. Allerdings ist der Perp Walk dort offiziell profaneren Gründen geschuldet. Dem Gefängnis fehlt nach eigenen Angaben schlicht das Geld, Gefangene im Auto zu transportieren. Stattdessen werden Häftlinge gefesselt und in Anstaltskleidung am hellichten Tag öffentlich vorgeführt – und zwar in der örtlichen Fußgängerzone. 

Die Passauer Neue Presse schildert den aktuellsten Fall:

Ein Häftling der Justizvollzugsanstalt (JVA) wurde in Handschellen gekettet von zwei Beamten begleitet mitten durch die Fußgängerzone geführt. Der junge Mann trug zudem Anstaltskleidung. Ein für alle Beteiligten sichtlich unangenehmer Vorgang. Die Gäste in den Straßencafés waren irritiert, Mütter nahmen ihre Kinder schützend beiseite und dem Häftling selbst war das unangenehme Gefühl der öffentlichen Zurschaustellung merklich anzusehen.

Kein Einzelfall, räumt die Haftanstalt ein. Der Perp Walk sei aber Sachzwängen geschuldet. So hat das Gefängnis nach Angaben der stellvertretenden Leiterin kein eigenes Auto – und überdies keinen Abstellplatz für ein Fahrzeug. Außerdem fehle das Geld für einen Anstaltsarzt. Ein Allgemeinarzt mache zwar Visite im Knast. Andere Ärzte müssten die Gefangenen aber in deren Praxis aufsuchen. Der von der Lokalzeitung geschilderte Marsch durch die in der Nähe des Gefängnisses gelegene Fußgängerzone führte zu einem Zahnarzt.

Immerhin zeigt das Passauer Gefängnis Problembewusstsein. Man bemühe sich schon länger darum, die Gefangenen zu Zeiten auszuführen, in denen die Fußgängerzone möglichst leer sei. Auf die Anfrage der Lokalpresse will das Gefängnis nun prüfen,  ob Gefangenen in Zivilkleidung und ungefesselt zum Arzt gebracht werden können. Sollte das nicht möglich sein, sollen sie ihr Aussehen verändern dürfen – “zum Beispiel durch Tragen einer Brille oder Kopfbedeckung”.

Nachtrag: Hintergründe zur amerikanischen Polizeipraxis

Keine Sicherungsverwahrung für “braven” Bankräuber

Bankraub ist nicht gleich Bankraub – zumindest wenn es um die Frage der Sicherungsverwahrung geht. Ein Landgericht wollte einen mehrfachen Bankräuber nicht nur bestrafen, sondern ihn auch nach seiner Haft dauerhaft wegsperren. Doch der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung nun aufgehoben. Begründung: Ein Bankräuber, der tatsächlich keine Gewalt anwenden will, ist nicht gefährlich genug.

Der Angeklagte hatte seit 28 Jahren in immer gleicher Weise, teilweise auch während Hafturlauben, Banken überfallen. Hierfür erhielt er langjährige Gefängnisstrafen. In allen Fällen bedrohte er Bankangestellte und Bankkunden – aber nur mit einer Spielzeugpistole. Er trat jeweils unmaskiert auf, zeigte keinerlei über die Drohung hinausgehende aggressive Tendenzen und vermied körperliche Konfrontationen.

Schon die Einordnung der Delikte als “Schwerer Raub” war wohl für die Vorinstanz eine Rechtfertigung, um die Sicherungsverwahrung zu verhängen. Demgegenüber verweist der Bundesgerichtshof darauf, dass es nie allein auf die Bezeichnung des Straftatbestandes ankomme. Vielmehr müsse im Einzelfall genau geprüft werden, ob die Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung vorliegen.

Da die alten Vorschriften als verfassungswidrig aufgehoben seien, müsse die Sicherungsverwahrung nach den Vorgaben des Verfassungsgerichts die Ausnahme bleiben und einer strengen Einzelfallentscheidung unterliegen. Praktisch sei die Sicherungsverwahrung derzeit nur bei schweren Gewalt- oder Sexualdelikten möglich.

Ein schweres Gewaltdelikt können die Karlsruher Richter aber nicht erkennen:

Eine Drohung mit Gewalt gegen Leib oder Leben ist nach diesem … besonders strengen Maßstab nur dann als "schwere Gewalttat" anzusehen, wenn objektiv die Gefahr körperlicher Gewalteinwirkung besteht oder der Täter diese Möglichkeit einkalkuliert.

Mit der Spielzeugpistole konnte der Bankräuber aber nicht schießen. Auch sonst gab es keine Anhaltspunkte, dass er gewaltbereit war. Im Gegenteil, er hatte ja sogar körperliche Konfrontationen gemieden und war auch nicht über die Drohung hinaus aggressiv geworden.

Der Täter darf deshalb nicht sicherungsverwahrt werden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.10.2011, Aktenzeichen 2 StR 305/11

Abmahnung für Staatstrojaner-Hersteller

Staatstrojaner-Hersteller DigiTask kriegt jetzt Ärger von der Konkurrenz. Die Firma Wavecon, ebenfalls auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik tätig, hat das Unternehmen wegen Wettbewerbsverstößen abgemahnt. Durch den (bewussten) Verstoß gegen geltendes Recht habe sich DigiTask unberechtigte Vorteile verschafft.

Wavecon-Anwalt Dominik Boecker aus Köln erklärt den Hintergrund:

Es ist wettbewerbsrechtlich unzulässig, einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderzuhandeln, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Die von DigiTask hergestellte und an Strafverfolgungsbehörden verkaufte Software erfüllt die strafrechtlichen Merkmale des unbefugten Ausspähens von Daten (§ 202a StGB). Die Software kann Daten ausspähen und an den Einsetzenden übermitteln. Das Merkmal "unbefugt" ist deswegen erfüllt, weil es für das Abhören von Voice-over-IP-Gesprächen derzeit keine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Strafverfolgungsbehörden gibt.

Jedenfalls durch die in der Software auch vorhandene Möglichkeit Bildschirmfotos herzustellen und die Software online mit weiterer Software auszustatten wird die gesetzliche Grenze für die Ermittlungsbehörden überschritten.

Boecker verweist darauf, DigiTask habe die illegalen Vorzüge des Staatstrojaners sogar in einer Präsentation herausgestellt. Danach soll die Software die "core area of private life" auslesen können. DigiTask soll jetzt eine Unterlassungserklärung abgeben, sonst will Mitbewerber Wavecon die Sache vor Gericht bringen.

Update: Die Firma Wavecon bittet um Klarstellung, dass sie ein ähnliches Marktumfeld bearbeitet wie DigiTask, nämlich die Herstellung von Individualsoftware. Das bedeute aber nicht, dass Wavecon selbst Trojaner produziert. Der Begriff “Konkurrenz” bezieht sich somit auf das für eine Abmahnung erforderlich Wettbewerbsverhältnis im Bereich Individualsoftware, nicht auf ein einzelnes Produkt. 

Weniger Umsatzsteuer fürs Popcorn im Kino

In Fastfood-Restaurants und Imbissbuden muss der Kassierer fein unterscheiden: Will der Kunde Pommes, Hamburger oder Currywurst auf die Hand, fallen nur 7 Prozent Umsatzsteuer an. “Hier essen” kostet dagegen 19 Prozent, zumindest wenn für den Verzehr Tische und Stühle und nicht nur ein Tresen zur Verfügung stehen.

Ein cleveres Finanzamt wollte diese Regelung auf Kinos übertragen und für Popcorn wie Nachos den höheren Steuersatz kassieren. Doch der Bundesfinanzhof erteilte dem eine Absage – für den Snack im Kino gilt einheitlich der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent.

Es waren die Tische und Stühle im Kinofoyer, welche die Finanzbeamten ins Grübeln brachten. Dort hatten Kinogäste Gelegenheit, Platz zu nehmen und die Snacks zu verzehren. Doch das wollten weder der betroffene Kinobetreiber noch die Richter am Bundesfinanzhof so einfach schlucken. Immerhin, so das Gericht, dürfe sich jeder Gast an einen Tisch setzen, auch wenn er gar nichts gekauft habe. Durch die allgemein nutzbaren Tische werde das Kino deshalb nicht zum Restaurant.

Rechtlich gesehen sind Nachos und Popcorn im Kino also nur eine “Lieferung”, auch weil es sich um Standardprodukte handelt, deren Zubereitung simpel ist. Den erhöhten Steuersatz lassen die Richter erst dann anfallen, wenn es eine “Dienstleistung” erbracht wird. Eine Dienstleistung  liegt aber nur vor, wenn die Arbeit bei der Zubereitung ins Gewicht fällt und es noch anderen Service gibt, zum Beispiel Beratung und Bedienung an den Tischen.

Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs

Den Richter kann man sich auch sparen

Rettet den Richtervorbehalt forderte vor einigen Tagen Zeit online. Angesichts mancher Entscheidungen frage ich mich allerdings, ob damit wirklich viel gewonnen wäre. Als Beispiel folgender Fall:

Jemand ergaunert mit einer gefälschten Unterschrift und einer Maestrokarte zweifelhaften Ursprungs bei einem Elektrohändler einen Finanzierungsvertrag, über den er gleich ein neues iPhone 4 mitnehmen kann. Der Schaden beträgt 696 Euro. Strafrechtlich ist das Betrug und Urkundenfälschung.

Der ermittelnde Polizeibeamte war clever. Er wusste, dass die deutschen Mobilfunkanbieter problemlos feststellen können, mit welchem Handy telefoniert wird. Möglich macht das die IMEI-Nummer. Jedes Mobiltelefon hat diese individuelle Kennung. Die IMEI-Nummer wird von den Providern auch gemeinsam mit Gesprächsdaten gespeichert.

Es lag also nahe, einmal bei Vodafone, Telekom, O2 und E-Plus nachzufragen, ob und mit welcher SIM-Karte das iPhone genutzt wird. Hierfür bedarf es nicht nur eines richterlichen Beschlusses, sondern es müssen auch rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Unter anderem jene, wonach es sich um eine “Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung” handeln muss.

Als Beispiele nennt das Gesetz die in § 100a Absatz 2 Strafprozessordnung genannten Delikte. Man braucht nur einen Blick auf den Katalog zu werfen, um zu erkennen, dass es sich ausschließlich um schwerste und schwere Straftaten handelt. Bei Betrug und Urkundenfälschung bedeutet dies etwa, dass der Schaden besonders hoch (so ab 50.000 Euro) sein muss oder etwa eine Bande agiert hat.

Nichts davon war der Fall. So ein alltäglicher Betrug mit noch nicht mal 1.000 Euro Schaden ist keine “Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung”. Sonst wäre nämlich praktisch alles eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung. An sich hätte die Idee des Polizeibeamten also schon auf dem Schreibtisch des Staatsanwalts platzen müssen. Doch wie das halt so bei modernen Strafverfolgern ist: Versuchen kann man es ja mal…

Ich weiß nicht, ob die Amtsrichterin den vorformulierten Antrag überhaupt gelesen hat. Mir wäre es fast wohler, wenn sie blind unterschrieben hätte. Jedenfalls war wohl zumindest dem Staatsanwalt, im ungünstigeren Fall auch der Richterin klar, dass man besser gar nicht den Versuch macht, in der vorgeschriebenen Begründung den Fall konkret mit dem Gesetz in Einklang zu bringen.

So steht es dann auch kurz und bündig, überdies reichlich nebulös im positiven Beschluss:

Es handelt sich aufgrund der Vorgehensweise um eine erhebliche Tat.

Wie gesagt, bei so einer Arbeitsweise oder derart gering ausgeprägtem Skrupel vor dem Gesetz kann man sich den Richter auch sparen.

Links 673

Experten warnen vor Polizeirechten für den Verfassungsschutz

0zapftis – (Un)Zulässigkeit von „Staatstrojanern“

Hauptsache, wir können überwachen

Regensburger Blog wehrt sich gegen Maulkorb der Kirche

„Dummerweise ist die Enquete auf bestem Wege, in der öffentlichen Wahrnehmung zu einer lächerlichen Veranstaltung zu werden“

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Keine Wellness für rechten Politiker

Dass Hotels und Fluggesellschaften mitunter einen robusten und mehr als fragwürdigen Umgang mit Minderheiten pflegen, kann man fast täglich in der Zeitung lesen. Vor allem Behinderte werden gern mal als Gäste zweiter Klasse behandelt – auch aus Sorge vor Beschwerden “normaler” Reisender.

Es kann aber auch Menschen treffen, die zumindest äußerlich eher unauffällig sein dürften. So etwa den Vorsitzenden der NPD. Dem erteilte ein Hotel Hausverbot, als er zu einem von seiner Frau gebuchten Wellness-Kurzurlaub anreisen wollte.

Begründung des Hotels: Die politische Überzeugung des unerwünschten Gastes sei nicht mit dem Ziel zu vereinbaren, jedem Gast nach Möglichkeit ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten. Der NPD-Vorsitzende wendet hiergegen ein, er habe sich bei privaten Aufenthalten in Hotels nie gegenüber anderen Gästen politisch geäußert, und er wolle dies auch künftig nicht tun.

Bisher hat der Politiker vor den Gerichten verloren. Die Sache scheint dem Bundesgerichtshof aber nun offenbar wichtig genug, um mündlich über die Grenzen privater Hausverbote zu verhandeln. Am Freitag dieser Woche gibt es also einen Showdown vor dem höchsten deutschen Zivilgericht.

Ob der NPD-Vorsitzende für den Termin ein Hotelzimmer braucht und wie lange er danach suchte, ist nicht bekannt.

Terminsvorschau des Bundesgerichtshofs

Gericht: Sturheit ist keine Frage des Alters

Bloß weil es, selbstverständlich mit Ausnahme von Silvio Berlusconi, mit der Leistungsfähigkeit im Alter bergab geht, darf die Führerscheinbehörde keine Zweifel an der Fahreignung eines Bürgers hegen. Ohne konkrete Anhaltspunkte, dass der Betreffende wirklich körperlich bedingte Ausfallerscheinungen beim Autofahren hat, darf das Amt ihn deshalb auch nicht zu einem ärztlichen Gutachten verpflichten. Das hat das Verwaltungsgericht Saarlouis im Fall eines 80-jährigen Autofahrers entschieden.

Der Senior hatte beim Ausparken einen Blechschaden verursacht. Die Polizei nahm den Unfall auf. In ihrer Anzeige vermerkten die Beamten, der Autofahrer habe etwas verwirrt gewirkt und seine Schuld nicht eingesehen. Aber das sind Reaktionen auf einen Unfall, die nach Auffassung der Richter in jeder Altersklasse vorkommen:

Weder ein Mangel an Einsicht noch bloße Sturheit lassen das Vorliegen altersbedingter Einschränkungen der Kraftfahreignung als naheliegend erscheinen.

Eine Behörde braucht also in jedem Fall mehr Belege für ein Eignungsgutachten als das Alter des Betroffenen und irgendwelche Reaktionen, die mit seinem konkreten Fahrverhalten nichts zu tun haben. Der Antragsteller muss sich nun erst mal nicht untersuchen lassen und darf weiter Auto fahren.

Verwaltungsgericht Saarlouis, Beschluss vom 28. September 2011, Aktenzeichen 10 L 790/11

Ungebührlichkeitszuschlag

Womöglich ist der Mandant auf der Autobahn zu schnell gefahren. Was den Zivilpolizistinnen im Wagen hinter ihm nicht gefiel. Sie winkten ihn an der nächsten Ausfahrt raus, hielten aber nicht gleich an.

Vielmehr zockelten sie, meinen Mandanten im Schlepptau, noch stattliche drei Kilometer weiter. Vorbei an diversen Bushaltestellen und Parkbuchten. Bis zu einem abgelegenen Waldparkplatz, der zu einem Zoo gehört. Dort war es nicht nur menschenleer, sondern mangels Beleuchtung auch verdammt dunkel.

Mein Mandant war dementsprechend begeistert. Was er den beiden Beamtinnen auch deutlich sagte. Aber erst zum Schluss, als sie ihm bereits mitgeteilt hatten, er sei mit 160 Stundenkilometern gemessen worden. (Was gar nicht so dramatisch gewesen wäre, denn beim Einsatz eines ungeeichten Tachos müssen grundsätzlich 20 % des Ablesewertes als Toleranz abgezogen werden.) Die verantwortliche Polizistin reagierte auf die Kritik etwas angesäuert. Man trennte sich wohl in eisigem Schweigen.

Heute bedauert mein Mandant, dass er sich eine Ungebührlichkeit geleistet hat. Im Anhörungsbogen, der ein paar Tage später eintraf, hat sich die vorgeworfene Geschwindigkeit nämlich erhöht. Auf 180 Stundenkilometer. Und ja, mein Mandant ist sicher, dass an Ort und Stelle von 20 Kilometern weniger die Rede war.