Kein Vertrauen

Ein Satz, den ich nicht gerne lese:

Zu Rechtsanwalt Vetter hat der Angeklagte kein Vertrauen mehr.

Erfreulich ist schon mal, dass der Angeklagte über seinen neuen Anwalt kein zusätzliches Wort darüber verlauten lässt, wieso er mir nicht (mehr) vertraut. So ein bis vier Sätze als Begründung wären nicht schlecht.

Die Schweigsamkeit des neuen Anwalts kann natürlich auch daran liegen, dass ich mit dem Betroffenen bislang ausnehmend wenig Kontakt hatte. Er war mit einem Anhörungsbogen der Polizei hier, wir haben die Einzelheiten besprochen, er hat mich mit seiner Verteidigung beauftragt.

Seitdem hat sich die Kommunikation einseitig gestaltet. Ich erhielt Akteneinsicht, schickte ihm eine Kopie der Akte, bat um Rücksprache. Er reagierte nicht. Auch nicht auf zwei Erinnerungen. Dann kam die Anklage.

Weil der vereinbarte Kostenvorschuss ebenfalls auf sich warten ließ, beantragte ich meine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Auch dem widersprach der Mandant nicht. So wurde ich also Pflichtverteidiger, und das bin ich schon seit Monaten. In der Akte habe ich elf Briefe, auf die der Angeklagte nicht reagiert hat.

Der nun beklagte Vertrauensverlust kann seine Ursache also eigentlich nur darin haben, dass dem Betroffenen unser Briefpapier nicht gefällt. Oder womöglich die wiederholte Bitte, doch nun mal den Kostenvorschuss zu zahlen, auf den wir uns beim ersten und einzigen Gespräch verständigt haben.

Wie auch immer, der neue Anwalt scheint bislang auch kein Geld erhalten zu haben. Er beantragt nämlich – Monate nach meiner Beiordnung – nicht nur meine Entlassung als Pflichtverteidiger, sondern möchte dann auch sofort selbst beigeordnet werden. Ich werde dem Gericht mitteilen, dass ich damit keine Probleme habe. Reisenden soll man ziehen lassen. Allerdings werde ich nicht darauf verzichten, die Vergütung für meine bisherige Tätigkeit mit der Staatskasse abzurechnen.

Jetzt muss das Gericht entscheiden, ob der Steuerzahler doppelt zahlen muss. Aber vielleicht erklärt sich der neue Anwalt ja auch damit einverstanden, nur Gebühren anzumelden, die ich noch nicht abgerechnet habe.

Wenn er bei dieser dann extrem mickrigen Vergütung dann noch das Vertrauen seines Mandanten in vollem Umfang rechtfertigt, verdient er wirklich Hochachtung.